Es gibt Düfte und Gerüche, die vergisst man nach Jahrzehnten nicht. Das weiß auch Klarinettist David Orlowsky: „Gerüche haben einen unglaublich großen Einfluss auf unser Leben. Sie bestimmen, ob wir jemanden mögen, oder ob wir uns wohl fühlen.“ Bei ihm können Gerüche noch etwas anderes auslösen: Es entsteht Musik. David Orlowsky gehört zu den wenigen Menschen, die ein sehr ausgeprägtes synästhetisches Empfinden haben. „Klänge und Düfte nehme ich auf eine verwandte Weise wahr – sie haben meist auch eine visuelle Komponente für mich. Es gibt Melodien und Klänge, in die ich mich jedes Mal wieder verliebe, wenn ich sie höre, und manchmal fühle ich mich auch fast wie verliebt, wenn ein besonders schöner Duft mich überrascht.“ So zum Beispiel der Duft von einsetzendem Regen, der auf trockenen Boden fällt. Diesen Geruch mochte er schon immer und war nicht wenig erfreut, dass es sogar einen Namen dafür gibt: Petrichor.
Nun hat der Klarinettist unter diesem Namen ein ganzes Album aufgenommen. Darauf vertont er, zusammen mit Daniel Stelter an der Gitarre und Tommy Baldu am Schlagzeug 11 verschiedene und ganz spezielle Düfte und Gerüche „die in uns etwas Positives auslösen“. „Es ist sicher kein Zufall, dass wir von Duftnoten, Klangfarben und Farbtönen sprechen“ sinniert David Orlowsky, „Farben, Klänge und Düfte gehen also weit über das hinaus, was man mit Worten beschreiben kann. Und die wirklich spannenden Dinge im Leben fangen für mich da an, wo die Worte aufhören.“
Schon auf dem Vorgänger-Album „Alter Ego“, auf dem er zusammen mit dem Wiener Lautenisten David Bergmüller wunderschöne Klangmalereien und fantastische Harmonien erschaffen hat, ging beim Zuhören sofort das Kopfkino an. Auf „Petrichor“ verstärkt sich dieses Phänomen noch, denn schon die Namen der Stücke zeigen an, in welche Richtung es geht. Da gibt es Titel wie z.B. „Lisboa“, „Magnolia“, „Sunscreen“ oder „Marrakesh“. Fast schon könnte man meinen, man befinde sich in einer sehr exquisiten musikalischen Parfümerie.
„Bei „Lisboa“ denke ich an einen bestimmten Platz in Lissabon, an dem ich oft saß. Es gab eine Bäckerei und ein Fischrestaurant und je nach Windrichtung änderte sich das Aroma“ erinnert sich David Orlowsky, „Bei „Gasoline“ geht es um diesen typischen Tankstellengeruch.
Nach mehr als 20 Jahren in seinem auf Klezmer spezialisiertem Trio, hat er sich zuerst mit dem Album „Alter Ego“ losgerissen und mit „Petrichor“ völlig freigeschwommen. Dabei hat er neue Freunde kennengelernt. Der Gitarrist Daniel Stelter und der Schlagzeuger Tommy Baldu sind ebensolche Tausendsassas an ihren Instrumenten wie David Orlowsky. Auch Lillo Scrimali, der bei vier Stücken auf verschiedenen Tasteninstrumenten mitspielt, ist in der Musikwelt kein unbeschriebenes Blatt.
„Wir haben uns hinter der Bühne auf einem Jazzfestival kennengelernt und sind direkt ins Gespräch gekommen“ erzählt David Orlowsky. Alle Musiker hatten natürlich voneinander gehört und wussten, welche Projekte gerade aktuell waren. „Wir waren uns sofort sympathisch und haben dann ganz spontan eine kleine gemeinsame Tour durch deutsche Jazzclubs unternommen. Die Konzerte hatten etwas sehr Spielerisches und bei jedem Soundcheck sind neue Songideen entstanden. Davon konnten wir nicht genug bekommen.“ Gut so, denn wie bei Gerüchen, vergisst man bedeutungsvolle Musik auch nach Jahrzehnten nicht.
David Orlowsky • Klarinette // Daniel Stelter • Gitarre // Tommy Baldu • Schlagzeug