700 Kilometer sind eine ganz schöne Strecke. Auch wenn Eisenbahn und Automobil die Welt verkleinert haben, einen Katzensprung stellt man sich anders vor. Sportliche Freundschaftsspiele zwischen Ketsch und seiner Partnerstadt Trelaze sind daher eher rar gesät. Doch Schach, das königliche Spiel, hat schon ganz andere Distanzen zurückgelegt. Was einst auf Handelskarawanen aus Indien und über den Iran nach Europa kam, schafft es heute, in Zeiten des Internets, auch vom Rhein an die Loire.
Als nach der Corona-Zeit beide Gemeinden wieder zusammenfinden wollten, war auch der erst drei Jahre alte Schachclub Trélazés mit von der Partie. Der „Trélazé Echequier Club”, kurz TEC, hat in dieser kurzen Zeit bereits 90 Mitglieder zusammengesammelt. Davon sind, wie in Ketsch auch, über die Hälfte Kinder und Jugendliche. Auch eint beide Vereine eine ungezwungene Atmosphäre für alle Altersklassen und Spielstärken. Es war also abzusehen, dass diese beiden Vereine den Auftakt für neue deutsch-französische Sportfeste machen.
Natürlich war es trotzdem ein organisatorischer Aufwand, so viele Spieler wie möglich zur gleichen Zeit spielen zu lassen. Auf Ketscher Seite war zweiter Vorstand Martin Schrepp maßgeblich für die Überwindung von Sprachbarrieren und Technikproblemen verantwortlich. Auch seinem geduldigen Einsatz ist es zu verdanken, dass sich am Samstag elf Ketscher und acht Spieler aus Trélazé zum Freundschaftsspiel online zusammenfanden. Und der Geist der beiden Vereine war sofort zu sehen. Taktiererei, Blicke aufs Gesamtergebnis, Angst vor dem Gegner? Keine Spur! Auf beiden Seiten flogen die Figuren übers Brett und ein ums andere Mal entstanden spannende Stellungen. In vier Runden mit je acht Spielern ging es kaum ruhig zu. Bei den 32 offenen Schlagabtauschen kam am Ende nur ein einziges Unentschieden zustande. Auf Ketscher Seite konnte Jugendtalent Lennart Rudel mit vier Siegen in den vier Spielen glänzen. Und auch Marie Hoberg und Jakob Krubasik spielten stark auf. Für Trélazé überzeugten vor allem Alexandre Ruellan und Baptiste Getti. Am Ende hatte Ketsch wohl die Nase vorn, was jedoch niemand für recht relevant hielt. Viel wichtiger war und ist den beiden Vereinen der Spaß. Der Spaß an Schach, der Spaß neuer Freundschaften, der Spaß von Kameradschaft. Beide Vereine waren sich schnell sicher: Das wird nicht das letzte Freundschaftsspiel sein. Und irgendwann sitzt man sich vielleicht auch persönlich gegenüber.