Redaktion NUSSBAUM
71263 Weil der Stadt
Archivale des Monats April

1945 bis 2025: 80 Jahre Kriegsende – Teil 1

Kaum haben wir Ihnen letzte Woche das Archivale für den Monat März präsentiert, folgt auch schon das nächste.
Sterberegister Merklingen
Sterberegister der Gemeinde Merklingen von 1945Foto: Stadtarchiv Weil der Stadt

Der Grund: Der 20. April ist historisch ein wichtiges Datum. Zwar endete der Zweite Weltkrieg formal auch für Weil der Stadt und seine heutigen Teilorte mit der Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945. Faktisch war der Krieg jedoch zumindest vor Ort mit der Besetzung der Ortschaften durch alliierte Truppen am 20. April 1945, also vor 80 Jahren, zu Ende.

Stadtarchivar Mathias Graner hat daher für das Archivale des Monats April die Geschehnisse des Aprils 1945 und deren Niederschlag in den verschiedenen Unterlagen des Stadtarchivs Weil der Stadt sowie in weiteren Archiven in Augenschein genommen.

Ereignisse im April 1945

Im Verlauf des Frühjahrs 1945 strebten französische Truppen von Norden und Süden auf Stuttgart zu und durchquerten dabei den Raum Calw/Weil der Stadt/Böblingen. Es handelte sich um die 1. französische Armee unter dem Kommando von General de Lattre-Tassigny. Sie bestand vorwiegend aus marokkanischen und algerischen Kolonialtruppen und hatte aufgrund eines Befehls General de Gaulles die Besetzung möglichst umfangreicher deutscher Gebiete sowie die Eroberung der Stadt Stuttgart zum Ziel.

Nach Einnahme der Stadt Karlsruhe stießen die französischen Truppen im Laufe des April nach Pforzheim vor und gelangten von dort über das Enztal und das Würmtal in den Bereich des damaligen Oberamtes Leonberg beziehungsweise den heutigen Landkreis Böblingen. Bereits in den Tagen unmittelbar vor der Besetzung Weils waren militärische Aktivitäten allgegenwärtig und es kam zu Luftangriffen, bei denen auch Todesopfer zu beklagen waren. Zurückweichende deutsche Truppen lieferten sich noch zahlreiche mehr oder weniger sinnlose Gefechte mit den überlegenen französischen Truppen. Am 20. April schließlich wurden Weil der Stadt und die heutigen Teilorte von den Franzosen besetzt.

Mehrere Berichte

Diese Ereignisse sind ausführlich in einem Artikel von Wolfgang Schütz mit dem Titel „Bitterer Frühling. Das Ende des Zweiten Weltkriegs in Weil der Stadt“ geschildert, erschienen in den Berichten und Mitteilungen des Heimatvereins Weil der Stadt, Ausgabe 51, 2005/2006, und verfügbar im Stadtarchiv Weil der Stadt. Die Besetzung der Teilorte beschreibt Stadtarchivar a.D. Lothar Sigloch in einem 2005 im Wochenblatt erschienenen Artikel. Daher verzichtet Mathias Graner für dieses Archivale auf die vollumfängliche Schilderung der Ereignisse im April 1945 und möchte stattdessen möglichst konkret auf die Quellenlage im Stadtarchiv Weil der Stadt eingehen.

Quellen des Stadtarchivs

Dabei ist die zeitgenössische Überlieferung zu den letzten Kriegstagen beziehungsweise -monaten vor Ort auf den ersten Blick sehr dürftig. Es gibt nicht viele städtische Akten aus diesen Tagen. In einem Aufschrieb des früheren Weil der Städter Bürgermeisters Hermann Schütz aus dem Jahr 1955 findet sich der Hinweis, dass wenige Tage vor Kriegsende auf Anweisung der NSDAP zahlreiche Akten und Bücher verbrannt worden seien. Weitere Hinweise für diese Vernichtungsaktion gibt es derzeit nicht, jedoch gibt es auch keinen Grund zur Annahme dass diese Information nicht zutreffen könnte..

Sicherlich arbeiteten die Gemeindeverwaltungen im April 1945 schon seit Längerem nur noch auf Sparflamme. Ein Großteil der Männer, Gemeinderäte wie Gemeindebeamte und Mitarbeiter, waren als Soldaten eingezogen worden, Gemeinderatssitzungen fanden nur noch sporadisch statt. Für Weil der Stadt datieren für die Zeit von Januar bis April nur sechs spärliche Einträge im Ratsprotokoll. Ohnehin war der Gemeinderat im „Dritten Reich“ spätestens mit Einführung der deutschen Gemeindeordnung 1935 in seiner politischen Bedeutung stark geschwächt beziehungsweise zum reinen „Akklamationsorgan“ geworden. Die politische Entscheidungskompetenz war zentralistisch auf die NSDAP Parteiorgane ausgerichtet, die kommunale Selbstverwaltung weitgehend ausgehebelt.

Demzufolge sind aus dem April 1945 nahezu keine schriftlichen Dokumente vorhanden und es ist sehr schwierig, anhand der möglicherweise auch unvollständigen Unterlagen im Stadtarchiv ein detailliertes Bild dieser Tage zu erstellen beziehungsweise exakt zu ermitteln, was genau sich in den letzten Kriegstagen in Weil der Stadt und den heutigen Stadtteilen ereignet hat. Bei näherem Hinsehen jedoch lassen sich in den Unterlagen, die in den Tagen, Wochen und Monaten nach der Besetzung entstanden, Hinweise auf das Geschehen rund um den 20. April 1945 entdecken.

Verstorbene Soldaten

Die im Stadtarchiv verwahrten Sterberegister der Ortsteile lassen Rückschlüsse auf die militärischen Ereignisse der letzten Kriegstage zu, da man ihnen die auf der jeweiligen Markung gefallenen Soldaten entnehmen kann. So findet sich im Sterberegister Schafhausen ein Eintrag, dass am 20. April 1945 fünf deutsche Soldaten gefallen sind – die Gefreiten Spiess, Leistner, Rebstock, Maaskerttingjost und Schild. Sie wurden noch am gleichen Tag in Soldatengräbern auf dem Friedhof Schafhausen beerdigt. Dem Sterberegister Merklingen ist zu entnehmen, dass in Merklingen am 20. April neun Soldaten gefallen sind. Bereits in den Tagen vor der Besetzung ist von einem „Hauptverbandsplatz Merklingen“ die Rede. Dort sind am 16. und 17. April drei deutsche Soldaten verstorben.

Für Münklingen ist der Tod eines unbekannten 18-jährigen deutschen Soldaten verzeichnet, während den Sterberegistern für Weil der Stadt und Münklingen dieser Tage keine Gefallenen zu entnehmen sind. Für die Markung Weil der Stadt liefern die Akten mit den AZ 8450 aber den Hinweis, dass am 20. April insgesamt zwölf deutsche Soldaten bei Kampfhandlungen auf Weil der Städter Markung gefallen sind. Die Akten zu diesen Sterbefällen datieren aus den Jahren 1946 bis 1951. Daraus geht unter anderem hervor, dass die Sterbefälle des 20. April in Weil der Stadt erst Jahre später in die Sterberegister eingetragen wurden. Den Akten sind zahlreiche persönliche Informationen zu den auf dem Weil der Städter Friedhof bestatteten Soldaten zu entnehmen.

Es wird also deutlich, dass es durchaus einige Kampfhandlungen und zahlreiche deutsche Gefallene gab. Über gefallene französische Soldaten, die es laut Zeitzeugenberichten ebenfalls gab, ist den Sterberegistern nichts zu entnehmen. In besagter Akte 8450 findet sich jedoch der Hinweis auf fünf gefallene marokkanische Soldaten, von denen drei namentlich verzeichnet sind.

Für Merklingen gibt es im Stadtarchiv weiterhin eine kleine Materialsammlung zu Otto Lechler (Stadtarchiv Weil der Stadt NL 40). Der zehnjährige Otto wurde am 21. April 1945 durch im Schulhof gelagerte Munition schwer verletzt und verstarb wenige Zeit später.

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von Redaktion NUSSBAUM
11.04.2025
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