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Aus den Rathäusern

50 Jahre Zusammenschluss von Kirrlach, Waghäusel und Wiesental: Die Amtsverweserwahl im Januar 1975

In diesem Jahr feiern wir 50 Jahre Zusammenschluss von Kirrlach, Waghäusel und Wiesental. Die Vereinbarung zur Neubildung der Gemeinde trat zum 1. Januar...
Amtsverweserwahl in der Rheintalhalle, am Rednerpult Sitzungsleiter Paul Häußler
Amtsverweserwahl in der Rheintalhalle, am Rednerpult Sitzungsleiter Paul HäußlerFoto: Stadtarchiv Waghäusel

In diesem Jahr feiern wir 50 Jahre Zusammenschluss von Kirrlach, Waghäusel und Wiesental. Die Vereinbarung zur Neubildung der Gemeinde trat zum 1. Januar 1975 in Kraft.

Zum 31. Dezember 1974 war die Amtszeit der drei Bürgermeister Ernst Oechsler (Kirrlach ab 1948), Viktor Glücker (Waghäusel ab 1958), und Emil Groß (Wiesental ab 1962) zu Ende gegangen. Der damals 51-jährige Emil Groß wollte im Gegensatz zum 62-jährigen Ernst Oechsler und dem 76-jährigen Viktor Glücker nicht in den Ruhestand gehen, sondern wieder als Ortsoberhaupt kandidieren.

Ab Januar 1975 sollte ein sogenannter „Amtsverweser“ die Leitung der Gemeindeverwaltung bis zur späteren Wahl des ersten Fusionsbürgermeisters durch die Wahlberechtigten übernehmen. Gewählt wurde der Amtsverweser durch den Gemeinderat, notwendig war das Erreichen der absoluten Mehrheit von 21 Stimmen. Von Januar bis Mai 1975 bildeten die bisherigen 16 Kirrlacher, 16 Wiesentaler und 8 Waghäuseler Gemeinderatsmitglieder (alle Männer) zusammen ein 40-köpfiges Gremium. In diesem hatte die CDU 15 Sitze (8 Kirrlacher, 7 Wiesentaler), die Freien Wähler 15 Sitze (2 Kirrlacher, 5 Wiesentaler, 8 Waghäuseler) und die SPD 10 Sitze (6 Kirrlacher, 4 Wiesentaler).

Die Amtsverweserwahl war Tagesordnungspunkt 1 der ersten gemeinsamen Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 2. Januar 1975, ab 18 Uhr in der Rheintalhalle in Kirrlach. Die Sitzungsleitung hatte Paul Häußler (CDU), bisher Bürgermeister-Stellvertreter und Gemeinderat in Wiesental. Er konnte über 500 Interessierte auf den Tribünen begrüßen. Laut „Wahl-Nachlese“ der Bruchsaler Rundschau vom 8. Januar 1975 seien „auffallend viele Jugendliche“ und „enttäuschend wenig Frauen“ gekommen.

An der Wahl nahmen 37 der 40 Gemeinderäte teil. Es fehlten Theodor Theurer aus Wiesental (CDU) wegen Krankheit und Günther Nagel aus Waghäusel (Freie Wählervereinigung) wegen einer Reise. Als Dritter nicht wählen durfte Robert Straub (CDU), bis dahin Bürgermeister-Stellvertreter und Gemeinderat in Kirrlach, denn er bewarb sich um das Amt.

Die drei Kandidaten hatten jeweils 5 Minuten Redezeit, um sich vorzustellen. Die Reihenfolge wurde ausgelost: Als erster sprach Emil Groß (Freie Wählervereinigung), ausgebildeter Finanzbeamter und bisheriger Wiesentaler Bürgermeister, dann Robert Straub (CDU), Studiendirektor am Gymnasium Philippsburg und Kirrlacher Kommunalpolitiker, und zuletzt Karl-Otto Gärtner (SPD), Fachbeamter für Finanzwesen in Ziegelhausen bei Heidelberg.

Mit der Auszählung der Stimmen wurden die Gemeinderäte Hugo Stork (CDU), Theo Käpplein (Freie Wählervereinigung) und Manfred Schuhmacher (SPD) beauftragt. Als Erster zur Stimmabgabe musste Hans Haag (CDU) aus Kirrlach, der erst seit wenigen Tagen Gemeinderat war, nämlich seit dem 23.12.1974 als Nachrücker für Theo Heiler.

Das Ergebnis des Wahlgangs war: Robert Straub 16 Stimmen, Karl-Otto Gärtner 11 Stimmen, Emil Groß 10 Stimmen.

Da keiner die erforderlichen 21 Stimmen erhalten hatte, war nun eine Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den meisten Stimmen vorgeschrieben, für deren Gewinn ebenfalls 21 Stimmen notwendig waren.

Im zweiten Wahlgang erhielten die Bewerber Straub und Gärtner je 18 Stimmen, eine Stimme war ungültig.

Da wieder keine Entscheidung gefallen war, erfolgte eine offene Abstimmung über eine erneute Wahl an diesem Abend oder eine Vertagung. Alle 37 Gemeinderäte stimmten für eine Vertagung.

Am Montag, dem 13. Januar 1975, begann um 19 Uhr die zweite öffentliche Gemeinderatssitzung wiederum in der Rheintalhalle Kirrlach, die diesmal mit über 1.200 Zuschauern voll besetzt war. Wieder war Tagesordnungspunkt 1 die Amtsverweserwahl.

Die Bruchsaler Rundschau schrieb am 15. Januar 1975: „Das Ringen um einen Amtsverweser war voll Spannung und brachte gleich mehrere Überraschungen“. Eine davon war, dass Emil Groß nochmals antrat. Alle drei Bewerber stellten sich wieder zur Wahl, weitere Kandidaten hatten sich nicht gemeldet.

Diesmal wählten alle 39 stimmberechtigten Gemeinderäte. Die Auszählungen übernahmen wieder Hugo Stork, Theo Käpplein und Manfred Schuhmacher.

Bei der Abstimmung erhielt Robert Straub 16 Stimmen, Emil Groß 12 Stimmen und Karl-Otto Gärtner 11 Stimmen.

Da wieder keiner die absolute Mehrheit erreicht hatte, wurde erneut eine Stichwahl notwendig.

Das Ergebnis des folgenden zweiten Wahlgangs lautete: Robert Straub 21 Stimmen, Emil Groß 14 Stimmen sowie 4 leere Stimmzettel.

Sowohl, dass Groß mehr Stimmen als Gärtner erhielt, als auch, dass Straub im 2. Wahlgang die notwendigen 21 Stimmen erzielen konnte, werteten Beobachter als Überraschung.

Robert Straub wurde als Amtsverweser verpflichtet und erhielt die Ernennungsurkunde. Als Tagesordnungspunkt 4 erfolgte die Festlegung des Termins für die Bürgermeisterwahl auf den 1. Juni 1975.

(von Katja Hoffmann, Stadtarchivarin)

(Fortsetzung folgt)

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Ausgabe 03/2025

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