Albert Bopp entstammte einer alteingesessenen Familie, die sich ursprünglich Popp nannte. Ein junger Mann voll Kraft und Tatendrang, leider mit einem „Handicap“, er hatte einen Sprachfehler und stotterte stark, deshalb auch der Spitzname „Abbet“. Albert Bopp, geboren 1904 als 5. Kind von 6 Geschwistern. Beim Nennen des Spottnamens reagierte er mit einem scharfen Blick und der Drohung „Me-me-mendle, nemm de en acht“, dabei blieb es, händelsüchtig war Albert nicht, aber oft sehr verschmitzt. Albert war fleißig und sparsam. Sein größter Wunsch war, ein schweres Motorrad zu besitzen und damit angeben zu können. Also sparte er, bis er das Geld zusammen hatte. Aber es musste eine besondere Marke sein, keine NSU, auch nicht eine BMW, denn diese beiden Marken gab es schon in Abstatt. Robert Utz hatte eine NSU und Friedrich Kübler eine BMW.
Eine Begebenheit der beiden: Robert Utz, Spitzname „Hotwollee“, und Friederich Kübler, Spitzname „Küwele“, machten eine Wette, welches Motorrad wohl schneller ist, und so wurde ein Rennen beschlossen. Start war vor dem Haus von Ernst Bopp an der Kurve – Ziel: letztes Haus von Abstatt Richtung Auenstein, von Eugen Härle. Für Abstatt eine Sensation, an Zuschauern fehlte es nicht – die Motoren liefen und Metzger Adolf Läpple gab das Startzeichen mit seinem Schussapparat. Los ging's, „dr Küwele“ hatte einen etwas schlechteren Start, konnte aber wieder aufholen. Berühren beim Überholen war nicht vereinbart und so kam es, wie es kommen musste, auf halber Strecke war das Rennen zu Ende, „dr Küwele“ lag mit seiner schnellen BMW vor der Haustür vom Haagebeck und „dr Hotwollee“ mit seiner NSU vor der Haustür vom Brückenfranken Adolf. Das Rennen wurde nicht wiederholt.
Zurück zu Albert. Albert entschied sich für eine 250er-Ardi, diese Marke war vor dem Krieg mit führend. Als Albert sein Motorrad besaß, war er überglücklich. Die Sonntage konnte er kaum abwarten, um seine Touren zu starten. Jetzt war die Welt offen für den stolzen Albert. Die Fahrten gingen in alle Richtungen, Schwäbische Alb, Schwarzwald, Hohenloher Land, Bodensee. Auch viele größere Städte besuchte er, so kam er auch in die Stadt Wasseralfingen, wo Albert laute Musik aus einem Lokal hörte. Neugierig, wie Albert immer war, schaute er hinein. Es wurde getanzt, Albert konnte nicht tanzen, aber er entdeckte ein hübsches junges Mädchen, das an der Seite stand. Albert fasste seinen ganzen Mut zusammen und fragte sie, ho-hobste mo-moal danza wit. Sie sagte schüchtern, ich kann noch nicht tanzen. Albert sagte: Ma-macht nex, mr pro-probiern's, und sie hüpften in die Menge. Nach kurzer Zeit, es klappte doch nicht so recht, sagte Albert: K-k-komm, i w-will dr e-ebbes zeiga. Voller Stolz zeigte Albert sein funkelndes Feuerross. Er lud sie zu einer Probefahrt ein. Los ging's, es wurde eine lange Fahrt nach Abstatt und er stellte Elisabeth, so war ihr Vorname, seinen Eltern vor mit den Worten: De-des i-isch m-mei Braut. Albert war immer bestimmend, die Elisabeth brachte kein Wort heraus. Brav brachte er seine Elisabeth nach Hause zu ihren Eltern. Dort sagte er: I-i w-will eure E-Elisabeth h-heiern.
Die Sonntagsausflüge waren nun meist gemeinsam. Elisabeth hatte doch schnell Gefallen an Albert gefunden, so war es ein glückliches Paar. Auch die Eltern beider Seiten gaben ihre Zustimmung und es kam zur Heirat. Elisabeth war katholisch, so war die Trauung natürlich katholisch. Albert wurde gefragt: Ja, was hat denn der Pfarrer gesagt? Albert sagte: Ich hab alles vergessen, aber ich weiß nur, dass er gesagt hat, „also“ nur einmal in der Woche, sonst ist es tierisch. – Ja, Albert, wie hältst du es dann? I-i m-mach's l-lieber t-tierisch.
Albert übernahm die Landwirtschaft und gründete eine Familie. Es wurden ihnen 5 Kinder beschert. Das letzte starb nach einem Tag, alle anderen waren wohlauf. Die Landwirtschaft lief gut, so war auch die Familie gut versorgt. Aber es kam der Krieg und auch Albert wurde zum Militärdienst einberufen. Die Ausbildung hatte seine Tücken, Albert tanzte immer aus der Reihe. Beim „Antreten“ machte er keinen Befehl richtig und die Strafen führte er total verkehrt aus. Die Ausbilder hatten ihre liebe Not mit ihm. Albert blieb bei allem todernst. Ist er so doof, oder markiert er nur, war die Frage. Er ließ seine Schwiegermutter dreimal sterben, um Kurzurlaub zu bekommen, jedes Mal bei einem anderen Vorgesetzten. Letztendlich wurde er entlassen mit der Begründung „nicht wehrtauglich“. Albert hatte sein Ziel erreicht und war wieder bei seiner Familie.
Einmal kam Albert zum Nachbar Wilhelm. Wil-helm, du-du mu-musst mar helfen. M-m Ho-Holzhütte, d-die i g-gmacht hab, b-bleibt net ste. Wilhelm ging mit und sah gleich, wo es fehlte. Albert hatte keine Streben eingebaut. Wilhelm sagte, das kriegen wir hin. Du hast noch einige Balkenstücke, ich hole eine Wasserwaage und einige große Nägel, und das Problem wurde behoben. Albert war froh und sagte: Wil-helm, j-jetzt holle a-aber an Most ruff.
Albert machte seine Landwirtschaft. Er war ein guter Nachbar, wo es fehlte, half er aus. Einmal lag fast seine ganze Ernte am Boden, als ihn ein anderer Bauer fragte: Albert, weißt du, wie viel Kunstdünger du streuen musst?, erwiderte er: D-des st-stoht doch uffem S-Sack druff.
Auf dem Bahnhof Auenstein wurde noch im Krieg ein Waggon Naturkohle ausgeladen, die Haushalte konnten eine bestimmte Menge abholen, auch Albert holte sich eine Fuhre. Nachdem er über die Waage gefahren war, wurde zum Aufschreiben gefragt: Albert, wie viel hast du geladen? Spi-spizich sech-sechza Z-Zentner. Später erzählte er, es waren doch über dreißig.
Nach dem Krieg wurde viel Holz eingeschlagen, hauptsächlich für Reparationen. Albert war auch als Holzfäller dabei, einige ganz junge Männer auch. Am Feuer, beim Mittagsmahl, wurde geredet und auch Spaß gemacht. Einer sagte zu Albert: Guck do, der Emil Krafft wäre doch etwas für deine Elfriede, sag's ihr doch. Am andern Tag wurde Albert gefragt: Was hat denn deine Elfriede gesagt? – Ha, i will doch kann so an Drafftestepsel.
Nach dem Krieg kamen schnell wieder Kleinfahrzeuge wie Roller und Kleinautos auf den Markt. Alberts Lieblingstochter war seine Elfriede. Dann sagte Albert: Ka-ka-kafemer do-doch glei a Go-Goggomobil. Gesagt, getan! Elfriede war sehr stolz auf ihr nigelnagelneues Auto. Sie musste es zeigen und so fuhr sie auch nach Heilbronn. Dort angelte sie sich einen „Ami“, den sie zu Hause vorstellte und der nun zur Familie gehörte. Er arbeitete gelegentlich in der Landwirtschaft mit. Der Nachwuchs ließ auch nicht lange auf sich warten. Die Freude war groß über den Familiennachwuchs, nur die Enttäuschung war noch größer, als der Besatzungssoldat nach Hause versetzt wurde und die Verbindung abriss. Später stellte sich heraus, dass er in Amerika verheiratet war.
Auch in der Landwirtschaft begann die Motorisierung, kleine Schlepper und Maschinen wurden gekauft. Die Firma Eugen Unkauf war die erste Adresse, Albert war natürlich mit einer der Ersten, der einen Lanz-Aulendorf kaufte, nicht zur Freude der Firma Unkauf. Albert verlangte zu viel von seinem Schlepper, Rolf Unkauf sagte: Dem Bopp'a Albert und dem Braun'a Willi muss ich stärkere Schlepper verkaufen, dia reisemer alles zamma. So bekamen beide einen Porsche-Schlepper. Ich fuhr einmal mit ihm und er sagte: Mo-mo-mole, Auto fahren. Ich hielt mich am Sitz fest, eine Rauchwolke ging zum Auspuff raus und der Schlepper ging ab wie ein D-Zug. Albert hatte den Schlepper aufgedreht.
Zu seinen Kindern konnte Albert sehr grob und überzwerch sein. Ein Beispiel, sein Sohn Albert im Schulalter ging mit Gleichaltrigen zum Skifahren, dabei stürzte er so unglücklich und brach sich einen Fuß. Ein Freund holte seinen Vater zum Heimbringen, Albert kam, schlug seinen Sohn windelweich, machte aus den Skiern Kleinholz, erst dann lud er seinen Sohn auf den Schlepper und brachte ihn nach Hause und später zum Arzt.
Ein anderes Mal kam Albert zum Nachbarn Wilhelm und sagte: Mein Boden im Esszimmer biegt sich und im Keller ist ein Deckenbalken ganz krumm. Wilhelm musste wieder einmal helfen. Der Balken war richtig abgefault, die Decke musste abgestützt und ein neuer Balken eingesetzt werden.
Einmal kam Elisabeth angerannt und schrie: Wilhelm, Wilhelm, komm schnell in unseren Stall. Auch einige andere Nachbarn, den Walters Richard und Wiedmanns Paul, rief sie. Was war geschehen? Albert lag unter einem „toten“ Rind. In der Zeit wurde viel schwarzgeschlachtet, Albert dachte: Was andere können, kann ich auch. Elisabeth musste den Kessel anheizen, Messer waren geschärft, Schüsseln hergerichtet. Albert nahm seine schwere Axt, ging in den Stall, gab dem ausgewählten Rind einen kräftigen Schlag auf den Kopf. Dass es so schnell umfiel, damit hatte Albert nicht gerechnet. Es hatte ihm den Fuß abgeschlagen. Die Helfer hatten zu tun, das Rind anzuheben und den verunglückten Albert hervorzuziehen. Es war auch noch angebunden. Albert kam ins Krankenhaus, das noch nach Weinsberg ausgelagert war. Das Rind erwachte einige Zeit später von seiner Betäubung, stand wieder auf und aus der Metzelsuppe wurde nichts!
In der Nachbarschaft wohnte eine Tante von Albert. Ihr Mann starb 1946. Der adoptierte Sohn, der angeblich von ihrem Mann stammte, war 1942 gefallen. Die Tante war pflegebedürftig und so entschied sich Albert, nach Übereinkunft mit seiner Familie und seinem Vieh zum Bauernhof der Tante zu ziehen. Sein Anwesen verkaufte er.
Als die Tante starb, erbte Albert den Hof und die Felder. So gehörte er jetzt zu den größeren Bauern und Albert konnte seinen Porsche-Schlepper erst recht einsetzen. Einmal ließ Albert mich zu ihm kommen, er war krank und lag im Bett. Er sagte: Karl, du musst meinen Schlepper zum TÜV bringen. Die Prüfung war auf dem Zuckerrübenplatz in llsfeld. Diesen Wunsch erfüllte ich Albert gern, denn ich durfte nun einmal selbst „autofahren“. Die Prüfung war ohne Beanstandung. Als ich zurückkam, bedankte sich Albert, hatte aber noch einen Wunsch: Draußen in der Küche, auf dem Schrank steht ein Krug. Den nimmst du und gehst in den Keller. Im hinteren Fass füllst du ihn. Ich brachte Albert den Wein ans Bett, holte noch ein Glas. Albert sagte: Das ist meine Arznei.
Albert nahm keine Rücksicht auf seine Gesundheit. Er starb mit 58 Jahren. Der Hof und die Grundstücke wurden verkauft. Die Kinder bauten oder heirateten auswärts und die Elisabeth zog zur jüngsten Tochter.
Bericht von Herrn Karl Krauß, Abstatt