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Auerrind Projekttreffen

Zum diesjährigen Auerrindprojektgruppentreffen durfte der Wildpark Schwarzach Claus Kropp (Leiter Experimentalarchäologisches Freilichtlabor Lauresham,...
Foto: Selina Keilhauer

Zum diesjährigen Auerrindprojektgruppentreffen durfte der Wildpark Schwarzach Claus Kropp (Leiter Experimentalarchäologisches Freilichtlabor Lauresham, Staatliche Schlösser und Gärten Hessen) gemeinsam mit seinem Team bestehend aus den Tierwirtinnen Vanessa Töngi und Meike Federmann sowie FÖJlerin Lina Trautmann willkommen heißen. Das Treffen wurde seitens des Wildparks von Bürgermeister Mathias Haas, Tierparkleiter Pascal Herzog und Selina Keilhauer begleitet. Von externen Zuchtstandorten konnte Michael Schulte aus Oerlinghausen digital zugeschaltet werden. Walter Öhlenschläger vom Förderkreis Große Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße e. V. mit Projektstandort in Groß-Rohrheim und Holger Schanz, der gerne einen weiteren Zuchtstandort in Riedstadt aufbauen möchte, fanden den Weg in den Wildpark Schwarzach.

Im neu eingerichteten Besprechungszimmer im Birkenhof konnten dann Begrüßungsworte ausgetauscht und sich in kurzer Runde vorgestellt werden. Dann ging es auch schon zur Zuchtanlage.

Derzeit befinden sich auf der ca. 2,5 Hektar großen Anlage neben dem Rotwild auch 5 Auerrinder, einer Abbildzüchtung für den im 17. Jahrhundert ausgestorbenen Auerochsen. Vier Kühe und ein Bulle. Der Jungbulle „Helge“ stammt aus dem Zuchtstandort Oerlinghausen. Seine Eltern sind „Edgar“ und „Dilara“. Ausgestattet mit guter Genetik, schöner wildfarbiger Färbung, seinem weißen Mehlmaul, dem Aalstrich und den ausladenden, nach vorne gerichteten Hörnern, entspricht er genau dem Typ Tier, auf das hingearbeitet wird. Gemeinsam mit den hier befindlichen Tieren wird dann die dritte Generation geschaffen.

Auch unsere Kühe erfüllen die typischen Merkmale. So sind auf zahlreichen prähistorischen Höhlenmalereien auch Auerochsen zu sehen. Die Bullen waren mit schwarzer Farbe gezeichnet und weit größer als die Kühe, welche eher mit brauner Farbe dargestellt wurden. Auch haben Forschungen ergeben, dass die Hornstellung bis zu einem gewissen Grad auch unterschiedlich sein kann. Dennoch sollten Farbgebung, Größe und Horngröße im Auge behalten werden, klärt Claus Kropp auf. Dass die Kühe braun bleiben und die Bullen schwarz werden, hat man auch bei diesem Projekt beobachten können. Während es in der F1-Generation noch einige farbliche Ausreißer gab, ist die F2-Generation jetzt eine stabile Gruppe.

Seit 7 Jahren befinden sich die Auerrinder schon auf der Anlage in Schwarzach. Seither wurde die Landschaft im Gehege durch die Auerrinder geprägt. Eine hohe Vielfalt an heimischen Tieren ist zurückgekehrt, seit die Tiere die Anlage bewohnen. Neben Rosenkäfern und Feuersalamandern konnten auch diverse Libellenarten und andere Insekten entdeckt werden. Neben den „kleineren“ Rückkehrern profitiert auch die Vogelwelt durch die Großherbivoren. Wiedehopfe und Neuntöter konnte Pascal Herzog in den vergangenen Jahren auf der Anlage beobachten.

Anhand des Schädels des Zuchtbullen „Takki“ konnte man sehen, wie sehr sich die Kopfform der Tiere durch die letzten Generationen verändert hatte.

Auch ein Blick hinter die Kulissen durfte nicht fehlen. Wie werden die Tiere hier im Fall der Fälle abgesperrt, wie wird den Tieren das Blut beim jährlichen Rinderbluten (wir berichteten) entnommen und wie interagieren Pfleger und Tiere hinter den Kulissen.

Dann ging es auch schon wieder zurück zur weiteren Besprechung. Michael Schulte aus dem Kreis Lippe stellte den Zuchtstandort Oerlinghausen vor.

Dort werden die Tiere auf einer Waldweide zusammen mit Pferden und Ziegen gehalten. Auch hier hatte die Bürokratie zunächst Steine in den Weg gelegt: Waldweiden sind in Nordrheinwestfalen verboten. Nur mit Ausnahmegenehmigung ist die Beweidung dort vor Ort nun möglich.

Insgesamt werden rund 300 Hektar Fläche beweidet. Durch die Beweidung werden auch hier lichtere Flächen geschaffen. Dadurch wird auch die Natur „verjüngt“. Mehr Sträucher und Bodenpflanzen haben jetzt eine Chance, sich anzusiedeln und auszubreiten, was bei einer regulär bewaldeten Fläche eher nicht der Fall ist.

Auch dort konnten schon die ersten positiven Nebeneffekte festgestellt werden: Zauneidechsen, Schlingnattern und Schmetterlinge sind wieder häufiger anzutreffen. Auch die Vogelpopulation geht förmlich „durch die Decke“. Heidelerche, Ziegenmelker, Wendehals und Neuntöter profilieren dort von der offenen Fläche. Auch an Schwarz-Rehwild mangelt es nicht. Die Tiere stören sich nicht an den Ziegen, Pferden und Rindern, sondern nutzen den Wald auch weiterhin wie gewohnt.

Warum sie auch Auerrinder wollten, obwohl sie schon mit Schottischen Hochlandrindern beweidet haben, beantwortet Michael Schulte auch: Das Projekt ist hochspannend und da sie vorhaben, eine Landschaft zu schaffen, wie diese vor Jahrtausenden ausgesehen hat, passt das Auerrind perfekt.

Holger Schanz möchte auch am Auerrindprojekt teilnehmen und hörte gespannt zu. Bisher gibt es noch keinen Zuchtstandort bei ihm, aber er würde gerne das Altneckarbett beweiden, ein Vogelschutzgebiet in Riedstadt. Denkbar wären 29 Hektar Beweidungsfläche. Genaue Vorstellungen hat er auch schon: Ein Mix aus Auerrindern und Wasserbüffeln ist geplant. Ebenso wird an einem wilddurchlässigen Zaun gearbeitet, sodass Schwarzwild, Niederwild und Rehwild weiterhin die Flächen nutzen und ungehindert kreuzen können. Vielleicht kann auch dieser Standort bald das Auerrindprojekt unterstützen.

Vorgestellt wurde außerdem das Zuchtbuch, das durch das Team in Lauresham erstellt wurde. Aufgeführt sind alle Tiere, die zum Erfolg des Projektes beigetragen haben. Mit genauer prozentualer Aufschlüsslung jedes einzelnen Tieres mit dem genetischen Anteil der durch die Kreuzung beinhalteten Rinderrassen. Ebenso ist durch die ausführliche Protokollierung der Stammbaum des jeweiligen Tieres perfekt ersichtlich.

Künftig soll das Zuchtbuch immer mit aktuellen Bildern der Tiere dargestellt werden.

Zu guter Letzt wurde die Bio-Sicherheit besprochen. Impfungen, Vorsorgemaßnahmen, Ausnahmegenehmigungen sind gerade jetzt wichtig, wo Seuchen wie die Maul- und Klauenseuche vor der Türe stehen.

Für die Zukunft soll ein Kriterienkatalog erstellt werden, anhand dessen auch die Mitglieder sich orientieren können. In Zusammenarbeit mit dem Freilichtlabor werden die Tiere dann besser selektiert, um einen hohen Erfolg des Projektes zu gewährleisten. Fortan werden regelmäßige Projekttreffen stattfinden, um sich auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und Ideen zu diskutieren.

Wir freuen uns auf die weitere gemeinsame Zusammenarbeit und sind stolz, Teil eines so tollen Forschungsprojektes sein zu dürfen.

Foto: Selina Keilhauer
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Kleiner Odenwald – aktuell
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Ausgabe 15/2025
von Wildpark Schwarzach
10.04.2025
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