Anlässlich mehrerer umfangreicher, zu beratender Themen traf sich der Gemeinderat am 21. und 22. Februar zu einer Klausurtagung in Bretzfeld-Bitzfeld. Zwar werden auf einer (nicht-öffentlichen) Klausurtagung keine offiziellen Beschlüsse gefasst, da aber die Beratungen bei den anstehenden Beschlüssen kürzer ausfallen werden, möchte der Gemeinderat Ihnen mit diesem Bericht einen Einblick in die abgewogenen Argumente geben.
Der erste Tagesordnungspunkt beschäftigte sich mit der Fahrzeugsituation am Bauhof. Bauhofleiter Stadel informierte den Gemeinderat über die vorhandenen Fahrzeuge sowie deren Einsatzgebiete. Das Multicar mit der Winterdienstausrüstung und der Opel Combo haben das Ende der Nutzungsdauer erreicht. Während als Ersatz für den Opel Combo entweder ein kleines Pritschenfahrzeug, möglicherweise mit Elektroantrieb, beispielsweise für den Transport von Grüngut und Werkzeug erwogen wird, gestaltet sich die Ersatzbeschaffung für den Multicar schwieriger. Der Bauhof wünscht sich, passend zum vorhandenen Hakenlift-System, wieder ein ähnliches Fahrzeug und hat dafür drei Fahrzeuge vorausgewählt. Leider haben Fahrzeuge dieser Kategorie einen Neupreis von über 200.000 €, was die Gemeindefinanzen angesichts der sehr angespannten Haushaltslage vor große Herausforderungen stellt. Der Gemeinderat sprach sich deshalb wahlweise für ein Gebrauchtfahrzeug oder ein Leasingmodell aus, wobei vor einer Beschaffung die genauen Anforderungen noch einmal geprüft werden sollen. Zudem soll geprüft werden, ob auch hier ein Elektroantrieb finanziell sinnvoll sein kann. Im Fokus steht dabei, ob ein höherer Anschaffungswert über die Nutzungsdauer durch die geringeren Wartungskosten finanziell lukrativ sein kann oder nicht.
Im zweiten Tagesordnungspunkt befasste sich der Gemeinderat mit der Möglichkeit der Erhebung einer Grundsteuer C, die unbebaute erschlossene Grundstücke in Teilen des Gemeindegebiets mit einem höheren Hebesatz belegt. Der Gemeinderat erfuhr von Kämmerin Klabunde, dass bis zu 58 Grundstücke von solch einer Grundsteuer C betroffen sein könnten. Durch die Grundsteuerreform, welche in Burgstetten jeweils aufkommensneutral die Grundsteuer A und B betrifft, haben diese Grundstücke in Summe schon eine Steigerung um über 450 % erfahren. Da die bisherigen Einnahmen in der Grundsteuer B gegenüber den letzten Jahren noch nicht erreicht sind, wird der Hebesatz für die Grundsteuer B in den Folgejahren noch angepasst werden müssen. Deshalb sprach sich der Gemeinderat einstweilen für den Verzicht auf die Grundsteuer C aus, damit Eigentümer betroffener Grundstücke nicht überfordert werden. Andererseits werden bei der Neuauflage des Flächennutzungsplans, der auch die mögliche Ausweisung von Baugebieten umfasst, unbebaute Grundstücke angerechnet, d. h. ein etwaiges Neubaugebiet wird um diese Fläche reduziert. Aus diesem Grund behält sich der Gemeinderat vor, in wenigen Jahren erneut über die Einführung einer Grundsteuer C zu beraten.
Als Drittes standen die Kriterien für die Konzeptvergabe der im Baugebiet Brühl VI für Mehrfamilienhäuser konzipierten Baugrundstücke auf dem Programm. Frau Bross und Herr Prof. Hähnig vom Architektur- und Stadtplanungsbüro Hähnig und Gemmeke erläuterten das Verfahren und mögliche Kriterien. Da bei den bereits vergebenen Bauplätzen besonders junge Familien mit Kindern zum Zug kamen (da Alter und Kinder viele Punkte gaben), ist dem Gemeinderat für die größeren Mehrfamilienhausbauplätze die Vielfalt und Altersdurchmischung ein Anliegen. Außerdem legt der Gemeinderat Wert darauf, dass sich die Gebäude architektonisch gut ins Bild des Wohngebiets einfügen. Im Vergleich dazu weniger wichtig ist dem Gemeinderat die Weiterentwicklungsfähigkeit, z. B. Flexibilität im Grundriss der Wohnungen. Ebenso soll auf die Nachhaltigkeit bzw. das Energiekonzept in den Vergabekriterien weniger Gewicht fallen, da dieser Punkt bereits stark im Bebauungsplan und der Landesbauordnung gewürdigt wurde. Somit sollen hier vor allem keine darüber hinaus gehenden Kriterien aufgestellt werden.
Bei den Beratungen zum Flächenpreis galt es, zwischen den knappen Gemeindefinanzen sowie der im Vergleich zu Einfamilienhäusern größeren erzielbaren Wohnfläche pro Grundstücksfläche einerseits und den Auswirkungen auf die Mieten andererseits abzuwägen. Als Kompromiss sprach sich der Gemeinderat für einen Flächenpreis vergleichbar zu umliegenden Gemeinden aus.
Letzter Tagesordnungspunkt war die Verkehrssituation auf den Ortsdurchfahrten in Burgstetten. Die bereits seit mehreren Jahren laufenden Bemühungen, die Bevölkerung vom Verkehrslärm zu entlasten, bekamen kurz vor der Klausurtagung noch einmal Nachdruck durch eine Unterschriftenliste von über 180 Bürgern, wobei diese auch die Verkehrssicherheit adressierte. Aufgrund des erhöhten Interesses wollen wir hier vergleichsweise ausführlich berichten:
Zu Beginn der Beratungen erläuterte Herr Dr. Frost von der Bernard-Gruppe, dass die Berechnungen zur Ermittlung der von zu hohem Lärm betroffenen Bürger mittlerweile verpflichtend nach den Vorgaben der neueren Richtlinie RLS 19 durchgeführt werden müssen. Dass eine Mindestanzahl von Fahrzeugen benötigt würde, um eine Geschwindigkeitsbegrenzung umzusetzen, verwies Herr Dr. Frost ins Land der Märchen. Er wies aber mehrfach darauf hin, dass es bei dem Vorhaben keine Erfolgsgarantie im Sinne einer Geschwindigkeitsbegrenzung gebe.
Wenn eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingeführt werden soll, gilt es, einige Rahmenbedingungen zu beachten:
In den Beratungen zeigte der Gemeinderat zunächst eine heterogene Meinung. Es wurden technische Maßnahmen wie die Aufbringung von Flüsterasphalt (-2 dB) oder absorbierende Gebäudeoberflächen diskutiert. Schnell jedoch fokussierte sich die Diskussion auf eine Geschwindigkeitsbegrenzung und ein Parkverbot.
Ein gleichmäßiger Verkehrsfluss reduziert die Lärmemissionen deutlich. Einige Gemeinderäte messen der Gleichmäßigkeit sogar eine größere Bedeutung zu als der Maximalgeschwindigkeit. Andere sehen nur zu den Stoßzeiten ein Problem durch auf den Ortsdurchfahrten parkende Fahrzeuge und sprechen sich deshalb für ein zeitlich begrenztes Parkverbot aus. Mit einer Verkehrssimulation kann auf Basis der im Rahmen einer Verkehrszählung erhobenen Fahrzeugzahlen die Wahrscheinlichkeit ermittelt werden, ob ein Fahrzeug an einer Verkehrsbehinderung (parkenden Auto) wegen eines entgegenkommenden Fahrzeugs anhalten muss. Damit könnten verschiedene Varianten von abmarkierten Stellplätzen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Verkehrsfluss verglichen werden.
Radfahrer benötigen bei Tempo 30 keinen Radschutzstreifen, bei Tempo 40 sieht der Gemeinderat Bedarf, die Radfahrer weitergehend zu schützen. Insbesondere die Radfahrer, die das Fahrrad als Fortbewegungsmittel beispielsweise auf der Fahrt zur Arbeit nutzen, fahren aus Sicht des Gemeinderats meist die schnellste/kürzeste Verbindung und weichen deshalb nicht ins Wohngebiet aus. Ein Radschutzstreifen umfasst implizit ein absolutes Halteverbot. Im Gegensatz zum eingeschränkten Halteverbot darf hier nicht einmal zum Ein-/Aussteigenlassen oder Be- und Entladen gehalten werden. Etwas abgeschwächt wäre ein eingeschränktes Halteverbot. Die Auswirkungen eines Fahrradschutzstreifens wurden im Gemeinderat kontrovers diskutiert.
Der Gemeinderat sprach sich explizit gegen Tempo 40 aus, da eine Erhöhung der zulässigen Geschwindigkeit an den Schulwegen und am Bahnhof nicht zu vermitteln ist und den Bemühungen nach Steigerung der Verkehrssicherheit in diesen Bereichen entgegensteht.
Der Gemeinderat erörterte hierzu auch die Auswirkungen auf Gewerbetreibende entlang der Durchfahrtsstraßen und Anwohner sowie deren Besucher, die bisher auf der Straße geparkt haben. Im Falle eines Parkverbots soll deshalb als Entgegenkommen der Gemeinde nach Möglichkeiten zu Ausweisung von öffentlichen Parkplätzen gesucht werden. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise, im Zuge der ohnehin gesetzlich vorgeschriebenen Sanierung der Bushaltestelle Erbstetten Ortsmitte (wegen der Schleppkurven der Busse entfällt die Haltebucht, d. h. die Busse stehen auf der Straße) diese etwas zu verlegen und an der bisherigen Stelle einige Parkplätze zu schaffen. Um zu verhindern, dass die Parkplätze dauerhaft belegt werden, könnte eine Parkzeitbeschränkung (Parkscheibe) eingeführt werden.
Unter Abwägung der beschriebenen Aspekte sprach sich der Gemeinderat für die Vorbereitung eines Antrags zur Einführung von Tempo 30 auf den Durchfahrtsstraßen in Erbstetten und Burgstall in Kombination mit einer geeigneten Maßnahme für einen besseren Verkehrsfluss ( z. B. mit einem eingeschränkten Halteverbot).
Wir hoffen, mit diesen ausführlichen Erläuterungen aufzeigen zu können, dass wir uns die Entscheidungen nicht leicht machen. Wir versuchen in den verschiedenen Gebieten jeweils einen Ausgleich der berechtigten Interessen verschiedenster Gruppen zu schaffen, wobei selbstverständlich keine Lösung die Wünsche aller Gruppen vollständig erfüllen kann. Umso mehr freuen sich alle Mitglieder des Gemeinderats über Ihre Rückmeldung, wie Sie darüber denken. Ganz ausführlich werden wir dies auch noch in einer Gemeinderatssitzung zusammen mit der Verwaltung behandeln.
Für den Gemeinderat und die Verwaltung
Manuel Gärtner, Gisbert Krauter, Inken Schäfer, Alexander Sturm mit Bürgermeisterin Wiedersatz