NUSSBAUM+
Kirche & Religion

Branjewo (Teil 1)

Liebe Leserinnen und Leser, am Montag letzter Woche feierten wir in Schwabenheim in einem abendlichen Gottesdienst das Fest der heiligen Katharina von...

Liebe Leserinnen und Leser, am Montag letzter Woche feierten wir in Schwabenheim in einem abendlichen Gottesdienst das Fest der heiligen Katharina von Alexandrien, der Patronin der dortigen Kapelle. Bei der Vorbereitung des Gottesdienstes musste ich an ein Ereignis denken, das am 31. Mai dieses Jahres im polnischen Branjewo stattfand. In der Mitte dieser Stadt, die bis 1945 Braunsberg hieß, liegt die mächtige Katharinenkirche, eindrucksvolles Zeugnis der Backsteingotik.

Und gleich daneben befindet sich das Kloster der Katharinenschwestern, die dort 1571 von der seligen Regina Protmann (1552-1613) gegründet wurden. Von Anfang an widmeten sich die Schwestern der Pflege von Alten und Kranken sowie der Erziehung und Bildung von Mädchen. Am 31. Mai wurden auf dem Platz vor der Katharinenkirche 15 Märtyrinnen aus ihren Reihen gleichzeitig seliggesprochen.

Was war der Grund für diese besondere Seligsprechung? Dazu muss man 80 Jahre zurückgehen, als Branjewo noch Braunsberg hieß. Am 22. Januar 1945 marschierte die Rote Armee in das Gebiet von Ermland und Masuren ein. Unter den zahllosen Menschen, die getötet wurden, waren auch insgesamt 105 Katharinenschwestern, die erschossen, erschlagen, misshandelt, vergewaltigt und verschleppt wurden.

In den letzten Jahren wurden für 15 von ihnen Zeugenaussagen und Zeugnisse der Einwohner von Braunsberg gesammelt. So konnten lebendige Bilder dieser Schwestern nachgezeichnet werden, die stellvertretend für alle 105 Katharinenschwestern stehen, die ihr Leben verloren haben.

Lebensschicksale wie diese berühren mich, gerade in Zeiten, in denen es oft um Äußerlichkeiten geht, um Selbstoptimierung oder wirtschaftlichen Nutzen. Und ich frage mich, ob ich selbst die Kraft und den Mut hätte, in größter Gefahr einzustehen für meine Werte und Überzeugungen. Ich weiß es nicht. Für mich bleibt daher das Zeugnis dieser Seligen Provokation und Stachel zugleich.

Der Termin der Seligsprechung in Branjewo wurde in die Nähe des 8. Mai gelegt, und damit in die Nähe des Tages, an dem sich diesmal das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 80. Mal jährte. Ich bin immer neu über das Ausmaß der Vernichtung entsetzt, die mit dem Zweiten Weltkrieg einhergegangen ist. Ab einem bestimmten Punkt in diesem Krieg waren blutige Rachetaten auf allen Seiten traurige Realität. Und das traf auch die Katharinenschwestern damals.

(R. Baier)

Erscheinung
Mitteilungsblatt der Stadt Schriesheim
NUSSBAUM+
Ausgabe 49/2025
Dieser Inhalt wurde von Nussbaum Medien weder erfasst noch geprüft. Bei Beschwerden oder Anmerkungen wenden Sie sich bitte an den zuvor genannten Erfasser.
Orte
Schriesheim
Kategorien
Kirche & Religion
Kirchen
Panorama
Meine Heimat
Entdecken
Themen
Kiosk
Mein Konto