Im Ehrenamt zu guten Noten
In Königsbach-Stein unterstützen engagierte Bürger ehrenamtlich Kinder beim Lernen. Der Bedarf ist groß. Weitere Engagierte werden dringend gesucht.
Während die einen das Mathebuch aufgeschlagen haben und eifrig Rechenaufgaben lösen, versuchen sich die anderen an einem Lückentext. Haben die Kinder eine Frage, dann wenden sie sich damit an die Erwachsenen, die neben ihnen sitzen und gerne weiterhelfen. Aufgabe für Aufgabe, Buchseite für Buchseite bewältigen sie gemeinsam. Es ist ein typischer Montagnachmittag im Treff am Storchenturm in Stein. Er gehört zum Bürgernetzwerk (BüNe), das dort und im alten Schulhaus in Königsbach seit einer Weile eine Begleitung für Schulkinder anbietet. Aktuell sind rund ein Dutzend Ehrenamtliche dabei, die in etwa genau so viele Kinder beim Lernen unterstützen. Doch eigentlich ist der Bedarf noch deutlich größer. Entsprechend dringend sucht man weitere freiwillige Helfer, die einmal in der Woche eine gute Stunde Zeit übrig haben. Denn mehr braucht man laut Michaela Bruder nicht. Die Koordinatorin des Bürgernetzwerks erklärt, dass sich die Aufgabe prinzipiell für jeden eigne, der Freude an der Arbeit mit Kindern habe. Ein bestimmter Schulabschluss ist nicht notwendig. Stattdessen sollte man Geduld mitbringen, zudem Offenheit und die Bereitschaft, sich auf das Kind und seine Bedürfnisse einzulassen.
Zu den Nutzern des Angebots gehören nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund, sondern alle, die Unterstützung benötigen. Ein kostenloser Ersatz für teure Nachhilfe soll es allerdings bewusst nicht sein. Deswegen arbeitet man eng mit der Königsbacher Johannes-Schoch-Schule und der Steiner Heynlinschule zusammen. An beiden Bildungseinrichtungen schauen die Lehrer, für welche Kinder sich die Unterstützung eines Lernbegleiters besonders lohnen würde. Ihnen und ihren Eltern sprechen die Pädagogen eine Empfehlung aus, mit der allerdings keine Verpflichtung einhergeht: Wer nicht will, muss das Angebot nicht nutzen. Doch bisher haben fast alle gewollt, weil sie den großen Mehrwert erkannt haben, der darin steckt. Von den Lehrern erfahren die ehrenamtlichen Lernbegleiter auch, auf was sie bei der Arbeit mit den Kindern besonders achten sollen. Oft gehört dazu der Tipp, mit ihnen viel zu lesen. Fragt man die Ehrenamtlichen, dann hört man von ihnen nur Positives. „Klar ist das eine Menge Mühe“, sagt einer, „aber man lernt durch die Kinder auch immer etwas Neues.“ Schon oft habe er auf diese Weise neue Sichtweisen und Blickwinkel entdeckt, die ihm sonst verborgen geblieben wären.
Eine seiner Kolleginnen ist dabei, weil sie das Gefühl hatte, dass die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund nicht ansatzweise funktioniert, dass offizielle Stellen damit heillos überfordert sind. Anstatt darüber zu „bruddeln“ wollte nicht nur sie etwas tun: Andere nennen ähnliche Gründe für ihr Engagement. Immer geht es dabei um den Wunsch, den Kindern zu helfen. Dahinter steht die Überzeugung, dass Bildung die Grundlage für ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben darstellt. Denn um ein solches organisieren zu können, braucht es gewisse Grundfertigkeiten und Kompetenzen, etwa beim Schreiben, Lesen und Rechnen. Alle sind sich einig: Ohne Sprache geht es ebenso wenig wie ohne die Fähigkeit, einfache Rechenaufgaben im Kopf zu lösen. Das Ziel der Lernbegleiter ist es, die Kinder auf ein Niveau zu bringen, das es ihnen ermöglicht, dem Unterricht zu folgen. Denn nur dann haben sie Erfolgserlebnisse und wollen weitermachen. Langfristig geht es zwar auch um das Verbessern von Schulnoten, aber das muss nicht von heute auf morgen passieren. Wichtiger ist, den Kindern zu zeigen, wie sie selbstständig und mit Spaß lernen können. Gestartet ist das Projekt im Herbst 2023, damals mit einer Handvoll Ehrenamtlicher. Inzwischen ist rund ein Dutzend dabei.
Wann sie mit den Kindern lernen wollen, können sie selbst entscheiden. Falls möglich, stellt die Gemeinde dafür Räumlichkeiten zur Verfügung, etwa im alten Schulhaus oder im Treff am Storchenturm. In aller Regel werden zuerst die Hausaufgaben erledigt oder noch einmal kontrolliert. Dann arbeiten die Lernbegleiter mit den Kindern dort weiter, wo es noch Aufholbedarf gibt. Falls Klassenarbeiten anstehen, bereitet man diese gemeinsam vor. Um das Ganze etwas aufzulockern, wird zwischendurch auch gebastelt, gespielt und über alles Mögliche geredet, nur nicht über Schule. Die Lernbegleiter können unentgeltlich die Gemeindebücherei nutzen: sowohl mit den Kindern als auch zum Ausleihen von Lernmaterialien und Lesebüchern. Zudem werden sie regelmäßig zu Treffen eingeladen, bei denen der Austausch und das Vermitteln von praktischen Tipps im Mittelpunkt stehen. Wer sich ein Engagement als ehrenamtlicher Lernbegleiter vorstellen könnte, meldet sich bei Michaela Bruder: kontakt@buene-ks.de, (07232) 3008158. Am Mittwoch, 14. Mai, gibt es im Treff am Storchenturm in Stein (Mühlstraße 2) um 18 Uhr die Gelegenheit, sich unverbindlich zu informieren. Laut Bruder eignet sich das Angebot auch gut für ältere Jugendliche, die sich sozial engagieren und Jüngeren helfen möchten. – Nico Roller