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Concordia seit 1875 kulturelle Bereicherung: Einstige Frauenchorgegner gründeten 125 Jahre später einen Frauenchor

Seit 1875 besteht der Gesangverein Concordia Rheinsheim. Eintracht und Einklang, das bedeutet der lateinische Vereinsname, der vollumfänglich auf die...
Foto: Schmidhuber

Seit 1875 besteht der Gesangverein Concordia Rheinsheim. Eintracht und Einklang, das bedeutet der lateinische Vereinsname, der vollumfänglich auf die Sängerschar zutrifft. Wo immer sie auftritt, wird Harmonie und Freude ausgestrahlt, ist Zusammengehörigkeitsgefühl zu spüren, so beim kürzlichen Bürgerball oder Musik- und Mundartabend.
Trotz ihrer 150 Jahre zeigen sich die Tenöre und Bässe frisch und fröhlich. Ins Leben gerufen hatten die Pioniere von 1875 den Gesangverein, weil die
Männer in der alten katholischen „Chorsinger-Bruderschaft“ eine Gefahr witterten: Künftig sollten auch Frauen in „ihrem“ Kirchenchor mitsingen dürfen. Wohl ein böses Gerücht: Denn erst viel später, so ab 1906, öffneten sich die männlichen Kirchenchöre im Land auch für weibliche Stimmen. Es galt bis dahin ein strenges vatikanisches Verbot.
Um Frauenstimmen aus den Gotteshäusern zu verbannen, setzte Rom auf kastrierte Sänger. Pius IX., Pontifex bis 1878, wollte solche medizinische
Eingriffe verbieten und auch das andere Geschlecht mitsingen lassen. Doch das stieß im Vatikanstaat auf erbitterten Widerstand. So führte in Rheinsheim das drohende Unheil dazu, dass 24 kampfentschlossene Männer im Gasthaus „Weinberg“ die weltliche Concordia gründeten und eine Vielzahl von männerorientierten Statuten verabschiedeten. Als ein Jahr später eine Hochwasserkatastrophe eintrat, war an Singstunden nicht mehr zu denken. Ab 1901 holte der aufwärtsstrebende Chor in den Nachbargemeinden etliche Goldmedaillen und Pokale.

Im Inflationsjahr 1923 lag der monatliche Mitgliedsbeitrag bei 10.000 Reichsmark. Zum 50-jährigen Bestehen organisierten die Rheinsheimer einen Fackel- und Lampionumzug durch die Straßen und dazu eine „Kirchenparade“. Der Zweite Weltkrieg unterbrach für lange Zeit das Vereinsleben, auch durch den Tod zahlreicher Sänger bedingt. Das 75-jährige Stiftungsfest wurde ganz groß gefeiert. Am Festzug nahmen 72 Sänger unter dem Motto „Deutsche Volkslieder im Bild“ teil. Abends gab es einen Zapfenstreich und ein Brillantfeuerwerk. Als erfolgreichste Zeit gingen die Jahre um 1965 in die Chronik ein, als die Concordia über 80 Sänger zählte.
Heutzutage ist der Verein aus dem kulturellen Leben nicht mehr wegzudenken und behauptet auch in der Gesamtstadt seinen festen Platz. In guten Händen
befinden sich die Concordianer, sowohl unter dem Vorsitzenden Wolfgang Herberger als auch unter dem Dirigenten Peter Herberger. Zum Jubiläum 2000 kam - nach einer Unterschriftensammlung und einem „Bekennerschreiben“ - ein eigener Chor mit Frauen zustande, der – so die Ironie der Geschichte - einstmals unter allen Umständen verhindert werden sollte. Einen Superstart legte der 2022 neue gemischte Projektchor „Rheinklang“, ein Kind der Concordia, unter dem neuen musikalischen Leiter Matthias Tropf an den Tag. Leider wechselt der junge Mann im Mai zu einem neuen Chor, bedauert Wolfgang Herberger.
Werner Schmidhuber

Foto: Schmidhuber
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Ausgabe 11/2025

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