Beim Betrachten der Ostseite der Waldenbucher Kirche wird die Funktion dieses Bauwerkes als Mehrzweckgebäude deutlich erkennbar: Unten ist die Kirche für die Waldenbucher Bevölkerung, oben im Giebel sind die mit Brettern verschlossenen Ladeluken und Fensteröffnungen des Fruchtspeichers für das herzogliche Jagdschloss zu sehen. Links und rechts neben dem Kirchenportal in Höhe des Türsturzes sind zwei Reliefs zu erkennen: rechts das Relief des St. Veit, links ein Wappen aus der württembergischen Grafenzeit (s. Abb.).
Im Buch "Von den Geheimnissen der Stadtkirche St. Veit in Waldenbuch" schreibt der Landeshistoriker Harald Schukraft am Ende seines Aufsatzes "Von den Rätseln der Waldenbucher Kirche und ihrem Stellenwert in der südwestdeutschen Kunstgeschichte": "Alle, denen die Veitskirche von Waldenbuch und die Entschlüsselung ihrer Rätsel am Herzen liegen, sind aufgerufen, sich engagiert daran zu beteiligen". Ein Rätsel stellt auch dieses Wappen dar. Es ist ein Wappen aus der württembergischen Grafenzeit, die im Jahr 1495 mit der Erhebung von Eberhard im Bart in den Herzogsstand endete. Fortan war Württemberg Herzogtum. Die Waldenbucher Kirche wurde in den Jahren 1605 - 1607 erbaut, also etwa 110 Jahre nach dem Ende der Grafenzeit.
Das Wappenschild ist etwas konkav gebogen und man hat den Eindruck, dass es nicht für diese ebene Fläche der Kirchenwand angefertigt wurde. Die bisher gängige Meinung ist, dass es, wie auch das Relief des St. Veit, von der Vorgängerkirche übernommen wurde.
Der folgende Aufsatz beschreibt dieses Grafenwappen mit den Wappensymbolen. Es wird aufgezeigt, in welcher Zeit dieses Wappen gebräuchlich war. Weiterhin wird untersucht, ob noch andere Herkunftsmöglichkeiten dieses Wappens denkbar sind als "von der Vorgängerkirche übernommen". (Fortsetzung folgt)
Gebhard Mast/Siegfried Schulz