
Die 70er Jahre stehen oft als Stiefjahrzehnt etwa im Schatten der wilden 60er. Betrachtet man die Jubiläen der letzten Zeit, kann man für Bad Schönborn eher dem Autor Jens Balzer recht geben, dass die Energie dieser Jahre bis heute inspirierend wirkt. So fällt einer der bedeutendsten Tage in der Geschichte der Kurgemeinde auf den 14. Februar 1975.
Nach rund zweijähriger Bauzeit wurde der erste Bauabschnitt des neuen Bewegungsbades „Thermarium“ eingeweiht und damit eine neue Ära eingeleitet. Wenige Jahre zuvor, am 20. April 1970, war der vom damaligen Bürgermeister Josef Willhauck mit der Erschließung einer Heilquelle beauftragte Leiter des geologischen Landratsamtes im Freiburg, Professor Kurt Sauer, mit einer Bohrung in 637 Meter Tiefe erfolgreich. Mit einer Temperatur von 43 Grad sprudelt seitdem das Thermal-Solewasser der St. Lambertusquelle. „Die Zusammensetzung hat sich seitdem nicht geändert“, erzählte der Geschäftsführer des Thermariums, Markus Hoppe, anlässlich eines Pressegesprächs, und auch über die Menge des Wasservorkommens müsse man sich keine Sorgen machen. „Das ist, als würde man mit dem Strohhalm die Nordsee austrinken“, hatte Sauer damals verglichen.
Zunächst lief das Heilmittel, das auch heut noch für die Zusatzbezeichnung Bad im Ortsnamen sorgt, in einen von Schreinermeister Thome gebauten Holzbottich. Dieser wurde schnell auch dank überregionaler Berichterstattung in der Quick etwa als Sexkübel bekannt, da es zu wilden Partys kam und die Bekleidung auch schon mal auf Grabsteinen abgelegt wurde. Gesitteter ging es zu, als ab 1974 ein Kleinschwimmbecken Abhilfe schuf. +
Bereits groß und visionär dachte schon der erste Bürgermeister der Gesamtgemeinde Bad Schönborn, Walter Bender. Er wollte die Stagnation der 200-jährigen Bädertradition beenden und neben der Sigeltherme in Langenbrücken in Mingolsheim ein modernes Gesundheits- und Thermalzentrum errichten. Schon damals schwebte ihm ein Hotel mit Bademantelgang vor. Aufgrund fehlender Finanzmittel wurde im Jahr 1972 mit Mehrheitsbeteiligung der Gemeinde (51%) und rund 30 Kommanditisten die Thermal-Sole-Bewegungsbad GmbH und Co. KG gegründet, als deren erster Gesellschafter Bender fungierte. Neue Maßstäbe in der Bäderwelt setzte mit 1000 qm Wasserfläche in vier Becken das von den Stuttgarter Architekten geplante und bei der Eröffnung größte Thermalbad Deutschlands. Schon 1981 wurde der zweite Bauabschnitt mit einem weiteren Therapiebecken, Saunabereich und Gymnastikabteilung eingeweiht, der 1991 mit dem Erlebnisbecken und zahlreichen Attraktionen im Außenbereich erweitert wurde. 1994 wurde das große Freibecken generalsaniert und etwa mit einer 15 Meter langen Sprudelliege ausgestattet. Noch heute ist die Farbgestaltung des Stuttgarter Künstlers Otto Hajek ein markantes Markenzeichen des Thermariums.
Zu massiven Besucher- und Umsatzeinbrüchen führte die Gesundheitsreform, die Ende der 90er Jahre die ganze Branche erschütterte. Um zukünftig neue Zielgruppen ansprechen zu können, war eine Neuausrichtung erforderlich, der sich der neue Geschäftsführer und Nachfolger Benders, Markus Hoppe, und Bürgermeister Rolf Müller stellten. Der studierte Sportwissenschaftler und gebürtige Sauerländer Hoppe, der vorher im staatlichen Kurbad Bad Bergzabern tätig war, sah hier die Möglichkeit, seine vielen Ideen umzusetzen. „Die Chemie stimmte sofort“, erinnert er sich. Neben zahlreichen neuen Angeboten wie Aqua-Fitness, Aktivwochen und ersten Wellnessangeboten, war die Eröffnung des Wellness- und Gesundheitsparks im November 2004 der nächste große Meilenstein. Das neue Zentrum umfasste ein modernes Fitnesszentrum, eine weitläufige Saunalandschaft sowie ein Therapie- und Wellnesszentrum. „Das passt nicht zusammen“, war damals die Meinung von Experten zum Fitnessbereich, der heute Turner wie Fabian Hambüchen zum Schwärmen bringt. Im Jahr 2006 kam die erste Totes-Meer-Salzgrotte Baden-Württembergs dazu, die ebenfalls erst auf große Skepsis stieß und sich bald als Besuchermagnet erwies. Ein Reisemobil-Stellplatz sorgt auf Hoppes Idee hin ebenfalls für zahlungskräftige Gäste.
Mit Beginn der Amtszeit von Bürgermeister Klaus Detlev Huge wurde ab 2012 der Wellness- und Gesundheitspark in drei Bauabschnitten erweitert und im Jahr 2015 die Umgestaltung mit einem nun modernen Aktivbecken abgeschlossen. Mit dem Ausbruch der Coronapandemie, der die Energiekrise und eine der hohen Inflation geschuldete Konsumflaute folgte, gab es neue massiven Einschnitte. „331 Tage war das Thermarium geschlossen“, erinnert sich Hoppe mit Schrecken an die enormen wirtschaftlichen Einbußen. Dank Corona- und Stabilisierungshilfen des Landes sowie Unterstützung der Gemeinde konnte die Krise gemeistert werden.
Nun steigen die Besucherzahlen wieder. „Wir blicken vorsichtig optimistisch in die Zukunft“, sagt Hoppe, berichtet aber auch von Menschen, die weinend an der Kasse stehen, weil sie die Besuche aufgrund der höheren Kosten einschränken müssen. Mit Energiemanagement wirkt man der Kostenexplosion entgegen. Auch im Sole-Aktiv-Park sind viele Attraktionen wie Green-Fitness und der Sole-Erlebnispfad dazugekommen. Mit Angeboten wie der Aktiv-Woche und Aqua-Fitness steht die Prävention im Fokus. Ein Erfolgsrezept ist auch die stetige Befragung der Gäste, die immer neue Impulse brachte und die Umsetzung von Trends, wobei nicht jeder passt. Auch der Parkplatz wurde umgestaltet. Sorge bereitet Hoppe der Rückgang der Übernachtungsmöglichkeiten.
Aber am Wochenende soll erst einmal der 50. Geburtstag im Fokus stehen und gefeiert werden. Rabattaktionen, Glücksrad und eine 70er Jahre Themenparty sind geplant und das Thermarium-Team freut sich auf viele Gäste. Infos unter www.bad-schoenborn.de (cm)