Liebe Leserinnen und Leser, an diesem Sonntag, den 17. November, wird der aus dem badischen Schopfheim stammende Priester Max Josef Metzger (1887-1944) im Freiburger Münster seliggesprochen. Als Vertreter des Papstes wird Kardinal Kurt Koch an der Feierlichkeit teilnehmen.
Max Josef Metzger, der sich aus seinem Erleben des Ersten Weltkriegs heraus gegen jeden Nationalismus wandte, forderte als Lehre aus den Kriegsgräueln des Ersten Weltkriegs eine internationale Abrüstung. Er wandte sich gegen Nationalismus und den Missbrauch von Religion für Krieg und Hass auf den anderen. Dabei ließ Metzger sich 1914 noch wie Millionen anderer vom deutschen Nationalismus anstecken. Doch sein Einsatz als Feldgeistlicher im Ersten Weltkrieg ließ ihn schon bald umdenken. Und er formulierte ein Friedensprogramm, in dem er forderte, das „nutzlose Blutvergießen auf den Schlachtfeldern“ zu beenden und das „sinnlose Wettrüsten der Völker zu Wasser und zu Land“ aufzugeben. Rüstungskredite sollten seiner Meinung nach nur für die Sicherung der Ordnung im eigenen Land erlaubt sein und verbunden werden mit Ausgaben in gleicher Höhe für Kultur und Soziales. Das könnte man naiv nennen – oder visionär.
Auch wenn er Anfang der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts in einigen seiner Texte noch in die damals verbreiteten Anfeindungen gegen Juden einstimmte, ist schon 1925 davon nichts mehr zu lesen und Metzger weist in einem Aufsatz auf die Gemeinsamkeiten von Juden und Christen hin: „Ja, ich halte dafür, dass ein Christ, der die Dinge durchschaut, überhaupt kein Antisemit sein kann, ohne Häretiker zu werden.“ Und Metzger war kein Antisemit. Im Gegenteil: Er betete öffentlich für Juden, als sie von den Nazis verfolgt wurden. Und die von ihm gegründete Gemeinschaft hat in Berlin nachweislich jüdischen Mitbürgern zur Flucht verholfen. Wenn die Gestapo ihn nicht wegen seiner Friedensaktionen verhaftet hätte, dann gewiss wegen dieser Unterstützung.
Bereits 1933 betonte Max Josef Metzger in einer Denkschrift den Gegensatz zwischen Kirche und Nationalsozialismus. Später verfasste er eine Denkschrift über ein neues Deutschland, das nach dem Krieg in ein vereintes, christlich fundiertes Europa eingebunden sein sollte. Dieses Memorandum übergab Metzger der Schwedin Dagmar Imgart, die sich scheinbar für die von ihm gegründete ökumenische Una-sancta-Bewegung interessiert hatte, in Wirklichkeit aber Gestapo-Agentin war. Sie sollte die Denkschrift an die protestantische Staatskirche von Schweden übergeben. Stattdessen spielte sie es der Gestapo zu, die Metzger dann im Juni 1943 verhaftete. Am 14. Oktober 1943 wurde er in einem Schauprozess zum Tode verurteilt; die Hinrichtung fand am 17. April 1944 in Brandenburg an der Havel statt.
Max Josef Metzger konnte nicht mehr erleben, dass weite Teile seiner europäischen Vision mit der Europäischen Union Realität wurden. Er war ein Wegbereiter der deutsch-französischen Freundschaft zu einer Zeit, als dieses Wort noch nicht gebraucht und inhaltlich gefüllt war. Und er war ein Verfechter der Ökumene, als diese noch in den Kinderschuhen steckte. Denn als wesentliche Voraussetzung für weltweiten Frieden sah er die Überwindung der Spaltung zwischen den christlichen Kirchen. Neben der Friedensarbeit und dem ökumenischen Bemühen galt seine Liebe der Literatur und der Musik. Er verfasste Gedichte, übertrug viele liturgische Gebete aus der lateinischen in die deutsche Sprache, komponierte zahlreiche liturgische Gesänge oder richtete gregorianische Stücke mit deutschem Text neu ein. Alle Stücke sind vom Wunsch getragen, dass die Gemeinde unter dem alten Motto „Cantare amantis est“ (Wer liebt, der singt) aktiv zur „Singenden Gottesgemeinde“ wird – wie er einen kirchenmusikalischen Beitrag schreibt. Am Ostermontag des Jahres 1944, etwa eine Woche vor seiner Hinrichtung, verfasste er sein letztes Osterlied „Christ, der Herr ist auferstanden“. Mit gefesselten Händen hat er es handschriftlich in den Umschlag seines Schott-Messbuchs eingetragen. Die Worte bekräftigen die biblische Osterbotschaft in besonderer Weise. Obwohl ihm bereits die Freiheit geraubt wurde, lässt er sich selbst im Gefängnis die Osterfreude und den Osterglauben nicht rauben. Möge Jesu Osterwunsch „Der Friede sei mit euch!“ seine Kraft dieser Tage gerade in Moskau und Kiew ebenso entfalten wie in Israel, in Gaza und dem Libanon.
Ihr Ronny Baier