Redaktion NUSSBAUM
73054 Eislingen/Fils
Aus dem Gemeinderat

"Der Stelzenläufer" soll neues Kreisverkehrskunstwerk werden

Nach langer Diskussion fiel am Montag die Entscheidung für eine Skulptur, die zukünftig den Hirschkreisel zieren soll.
Der Stelzenläufer
Die Figur gibt es bisher nur als Modell.Foto: bra

Es ist entschieden. Der Hirschkreisel soll mit der Skulptur „Der Stelzenläufer“ des Bildhauers Andreas Futter versehen werden. Der Gemeinderat hat dies am vergangenen Montag mit den Stimmen der Grünen, der SPD und der Eislinger Demokratischen Mitte (EDM) bestimmt. Die CDU und die Freien Wähler waren dagegen.
Am Ende waren es noch drei Vorschläge, die zur Debatte standen. Eine Findungskommission aus Vertretern der Gemeinderatsfraktionen und Kunstverständigen hatte über Monate aus insgesamt 188 eingereichten Entwürfen dem Gemeinderat am Montag die Arbeit von Andreas Futter (Stelzenläufer) oder ein Werk von Jörg Bach mit dem Titel „Drumrum“ vorgeschlagen.
Ein weiterer Vorschlag stammte von der CDU-Fraktion. Die Christdemokraten beantragten, ein stilisiertes Karussell des Eislinger Schaustellerbetriebs Roschmann im Hirschkreisel aufzustellen. Dieser Vorschlag fand allerdings keine Mehrheit. Stattdessen entschied sich die Mehrheit des Gemeinderates für den Stelzenläufer.
Vor der Abstimmung berichtete die Direktorin der Kunsthalle Göppingen, Melanie Ardjah, über die Arbeit der Findungskommission. So habe es ein Kriterium gegeben, das bei vielen Mitgliedern der Findungskommission zu einem ablehnenden Votum geführt habe. Es habe einige Vorschläge gegeben, die Menschen dazu hätten bewegen können, auf den Kreisverkehr zu laufen. Kunstwerke, die beispielsweise eine Sitzbank oder ein Bücherregal beinhalteten, wurden auch deshalb nicht von der Kommission vorgeschlagen.
Erste männliche Skulptur
Der Stelzenläufer ist eine 6,8 Meter hohe Skulptur aus Bronze. Dass es eine männliche Figur ist, lässt der Titel der Arbeit erahnen. Für die Eislinger Kreisverkehrskunst ist das ein Novum. Eine Pflanze (Weed Pine von Manuela Tirler) und ein Tier (auf dem unbeweglichen Theater von Fritz Schwegler) gibt es bereits. Und mit der Wegweiserin von Anja Luithle gibt es bereits seit vielen Jahren eine weibliche Figur auf einem Kreisverkehr. Ob sie sich nach einem Partner gesehnt hat? Falls ja, bleibt die Frage, ob die Wegweiserin über die mäßige Attraktivität des Stelzenläufers hinwegsehen kann? Das Aussehen ist bekanntlich nicht alles. Der Charakter zählt - vor allem bei diesem Exemplar. Die Wegweiserin und der Stelzenläufer werden viel Zeit haben, sich kennenzulernen.
Ob die beiden Figuren in Kommunikation zueinander treten, wird wohl auch von der genauen Ausrichtung des Stelzenläufers abhängen. Die Stadträtin Daniela Wahl (Freie Wählervereinigung) wies kurz nach der Entscheidung am Montag darauf hin, dass nach den derzeitigen Planungen die Skulptur Eislingen Süd den Hintern zustrecken würde. Vielleicht wäre es besser, den Stelzenläufer auf den Hirsch oder die Lutherkirche blicken zu lassen. Darüber werde man mit dem Künstler noch sprechen, versicherte der Oberbürgermeister Klaus Heininger. Allerdings wies der Grünen-Stadtrat Holger Haas darauf hin, dass die Figur beim Blick nach Osten der Nachbarstadt Göppingen den Hintern zustrecken würde. Und beim Blick nach Göppingen wäre es die Lutherkirche, der die Figur den Allerwestesten zeigen würde. Es bleibt also trotz der nun getroffenen Entscheidung spannend.
Offen für Gedankenspiele und Interpretationen
Künstlerisch soll der adipöse Typ mit den filigranen Stelzen Widersprüchlichkeit erzeugen. Die massige Figur wird von den leichten Stelzen getragen. Seine dicken Arme hat er zum Balancieren seitlich weit vom Körper gestreckt. Obwohl das Gebilde statisch ist, soll beim Umrunden die Illusion einer mühelosen Bewegung der Stelzen erzeugt werden. „Allein diese Widersprüchlichkeit weißt darauf hin, dass es keine Eindeutigkeiten gibt, sondern, dass dieses Kunstwerk auf verschiedenen Ebenen gelesen werden kann und Raum bietet für Vielfältige Gedankenspiele und Interpretationen“, heißt es in der Beschreibung des Kunstwerkes.
Der provozierte Widerspruch
Eine offene Frage ist bisher, wie der Stelzenläufer auf die Stelzen gekommen ist und welches Ziel er mit seinem Stelzenlauf verfolgt. Ist er ein Artist? Zieht er mit einem Zirkus umher, um die schweren Herzen der Menschen im grauen Alltag mit seiner lustigen Akrobatik für einen Augenblick zu erleichtern? Dass nicht alle Menschen dem Stelzenläufer mit viel Wohlwollen begegnen werden, ist zu befürchten. Garstige Zeitgenossen könnten auch vermuten, dass die Stelzen ein Hinweis auf die Abgehobenheit des Kunstbetriebs sind und das verschmitzte Lächeln die Verhöhnung des Steuerzahlers, den die Skulptur 70000 Euro kosten wird, darstellt. Jedenfalls wird die Figur vermutlich nicht allein aufgrund des künstlerisch erzeugten Spannungsverhältnisses Widersprüche erzeugen. Dass das Werk an sich bei vielen Eislingern Widerspruch oder sogar ganz offene Ablehnung erfahren wird, ist zu befürchten. So war es zumindest bislang bei vielen Kreisverkehrskunstwerken.
Ist er freundlich oder wahnsinnig?
Einige Ideen hatte der Künstler zu seiner Figur bereits. So zeige der Mann einen gewissen Wagemut, sich trotz seiner Fülle auf so hohen und schmalen Stelzen zu bewegen. Ist er also ein Mutmacher? Das Gesicht mit dem verschmitzten Lächeln strahle Freundlichkeit aus. Ist da jemand, der das Unmögliche möglich macht, jemand, der den Mut hat das Gewohnte zu verlassen und neue Wege zu gehen? Vielleicht.
Das heitere Lächeln angesichts der Situation, in der sich der Mann befindet, könnte aber auch für eine Art des Wahnsinns stehen, dem der Stelzenläufer anheim gefallen ist. Wie auch immer: „Tatsache ist, da steht jemand in staunenswerter Situation“, heißt es in der Beschreibung. bra

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Kunst
von Redaktion NUSSBAUM, Eislinger Zeitung
15.05.2024
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