Bringt Digitalisierung am Ende mehr Bürokratie mit sich? Auch um diese Frage ging es am Montag im Verwaltungsausschuss des Gemeinderates. Die Sorge mancher Gemeinderäte wurde in der Sitzung entkräftet – zumal die Stadt generell prüft, welche Neuigkeiten für Tuttlingen auch wirklich sinnvoll sind.
„Wir setzen dort auf Digitalisierung, wo der Bürger davon profitiert“, so OB Michael Beck – und im Einzelfall ist es nicht immer einfach, das zu erkennen. Denn das Thema ist komplex. Dies wurde auch deutlich, als Bianca Reitze von der Abteilung Digitalisierung und Transformation ein Schaubild über die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen in Sachen Digitalisierung an die Wand warf. „Der Föderalismus erleichtert es nicht“, stellte sie fest – was auch dazu führte, dass die ehrgeizigen Ziele des Online-Zugangs-Gesetzes (OZG), wonach bis 2022 fast alle Verwaltungsleistungen digital verfügbar sein sollten, bereits wieder revidiert wurden.
Reitze stellte anhand einiger Beispiele vor, in welchen Bereichen bei der Tuttlinger Verwaltung die Digitalisierung bereits erfolgreich umgesetzt wurde – zum Beispiel bei der Wohnsitzanmeldung oder beim virtuellen Bauamt im Rahmen des sogenannten „Einer-für-Alle“-Prinzips (EfA). Auch der Bürgerservice auf der Homepage hält darüber hinaus schon viele digitale Verfahren bereit. Derzeit umgesetzt werden Verfahren im Ausländeramt und im Aufenthaltsrecht, geprüft werden unter anderem Anwendungen im Bereich Eheschließung oder Breitband. Bereits verworfen wurden hingegen die Überlegungen, das Waffenrecht oder das Sozialwesen nach dem EfA-Prinzip zu digitalisieren – der Aufwand und die Kosten stünden hier in keinem Verhältnis zu vergleichsweise wenigen Fällen, die nach dem gleichen Schema abgearbeitet werden können. „Für diese Bereiche haben wir bereits funktionierende Online-Formulare, die einfach und praxistauglich sind“, erklärte Reitze.
Überhaupt stellte sich die Frage, ob die Digitalisierung für manche Bürger*innen nicht sogar zu einem bürokratischen Mehraufwand führen könnte – wenn man zum Beispiel erst Apps herunterladen, Accounts anlegen oder Daten eigenhändig eingeben muss, anstatt Dinge „kurz“ auf dem Rathaus zu erledigen. Hier konnten sowohl Bianca Reitze als auch OB Beck beruhigen: Alle Dienstleistungen werden weiterhin auch analog angeboten – zumindest derzeit und solange es rechtlich möglich ist. „Wir pflegen hier“, so Beck, „im Interesse der Bürger bewusst viele Parallelstrukturen.“