Ende Februar zeigte mir meine Mutter einen Flyer aus der Stadtteilbücherei Münster, in dem für eine „Übernachtung im Bücherhimmel“ geworben wurde. Das hörte sich spannend an, ich liebe nämlich Bücher. Eine Nacht in der Bibliothek, das wäre cool! Als ein Tag vor der Anmeldung im Radio Werbung für die Übernachtung lief, war ich ziemlich aufgeregt. Wenn so viele Menschen das hören und sich anmelden, hatten wir dann eine Chance? Am Tag der Anmeldung saß mein Vater am PC und beobachtete die Uhr. Als sie genau 10 Uhr zeigte, legte er sofort los. In Rekordzeit klickte er sich durch das Formular und tippte unsere Namen ein. Er brauchte nur 48 Sekunden! Trotzdem hatte ich Angst, dass wir es nicht schaffen würden. Nach ein paar Tagen kam mein Vater von der Arbeit nach Hause und zeigte mir eine E-Mail auf seinem Handy:
Wir hatten es geschafft! Später hörte ich: Andere waren nur ein paar Sekunden langsamer und hatten keine Karten mehr bekommen. Wir hatten also riesiges Glück!
Am 4. April ging es abends los: Mit Feldbetten, Schlafsäcken, Büchereiausweisen, Chips, Keksen und ganz viel Vorfreude fuhren wir in die Stadtbibliothek am Mailänder Platz. Als Erstes suchte ich mir meine Lieblingsbücher, damit ich genug zum Lesen hatte: Gregs Tagebücher von Jeff Kinney. Und noch ein paar mehr. Die habe ich natürlich gleich gelesen. Nach einer kurzen Einweisung führte uns die Mitarbeiterin Meike (die war wirklich sehr nett) zu unserem Schlafplatz in der Galerie im vierten Stock. Schnell war unser Lager aufgebaut und ich konnte weiterlesen.
Später gab es eine Lichtshow mit „Falabares“ (Fabian Seewald). Er fuhr auf elektrischen Rollschuhen durch das „Herz“ der Bibliothek, jonglierte und erzählte tolle Geschichten. Die Vorführung war echt cool. Danach gab es Lesungen und verschiedene Taschenlampenführungen durch die Bücherei. Man konnte sich Gedichte anhören oder mehr über die Bibliothek erfahren. Ich erfuhr, dass sie dort über 400.000 Medien aufbewahren und verleihen.
Aber ich wollte natürlich auch ganz viel lesen. Deshalb gingen wir zu unserem Schlafplatz und machten es uns gemütlich. Beim Lesen knabberten wir Chips und Kekse. Um Mitternacht wurde das Licht ausgeschaltet. Zum Glück hatten wir eine Stirnlampe dabei. So konnte ich weiterlesen. Irgendwann bin ich dann aber doch eingeschlafen. Mein Vater meinte, das sei um 2 Uhr gewesen. Was Papa vorher erzählt hat, stimmt nicht: Die Bücher in der Bibliothek werden nachts nicht lebendig. Aber das wusste ich natürlich schon vorher. Um kurz vor sechs Uhr bin ich wieder aufgewacht und habe natürlich gleich weiter gelesen. Papa hat nur gelacht. Dann mussten wir unsere Betten abbauen, weil der Putzdienst kam. Ein paar Kinder spielten ganz oben mit Musikinstrumenten. Da waren dann wirklich alle wach.
Um kurz vor sieben Uhr gingen alle auf das Dach und schauten sich dort den Sonnenaufgang an. Das sah wirklich wunderschön aus. Aber es war auch sehr kalt, deshalb gingen wir gleich danach zum Frühstück in das Café „Lesbar“. Dort gab es heiße Schokolade, Brownies, Joghurt, Laugenstangen und Brötchen mit Käse oder Salami.
Danach mussten wir leider die Bibliothek wieder verlassen. Davor haben wir aber noch ein paar Bücher ausgeliehen. Natürlich Gregs Tagebücher.
Es war ein tolles und unvergessliches Erlebnis. Ich freue mich schon darauf, es irgendwann mit meinen Kindern zu machen. Aber erst einmal muss ich meine Eltern überreden, dass sie bei der nächsten Nacht der Bibliotheken im Jahr 2027 wieder am PC warten und dann ganz schnell tippen!
Bericht von Janne, einem Viertklässler aus Münster
Während sich Janne in der Zentralbibliothek durch Gregs Tagebücher las, rockte in der Stadtteilbibliothek Münster die Band Tristone aus Winnenden in die Abendstunden hinein. Die Songs ihrer Playlist hatten einen direkten Bezug zum Musik- oder DVD-Bestand der Bibliothek. Sängerin Petra, Gitarrist Peter und Tanja an der Percussion ließen die wilden 60er bis 70er Jahre aufleben. Für viele Besuchende waren das ihre Jugendjahre gewesen, an die sie sich gerne zurückerinnerten.