Geboren am 26. April 1864 in Assendorf/Westfalen; gestorben am 16. März 1942 in Plankstadt.
Dr. Paul Bönner – im April dieses Jahres jährte sich sein Geburtstag zum 160. Male und wer von den Bürgern, welche die Straße nutzen, die seinen Namen trägt, weiß noch, wer dieser Mann war und vor allem, warum er durch eine Straßenbenennung geehrt wurde?
Bevor er am 1. Juli 1897 nach Plankstadt kam, hatte er in Heidelberg studiert und war bereits in Eggenstein und Bad König i. O. als junger Arzt tätig gewesen. In Bad König hatte er die beste Eisenquelle Deutschlands entdeckt. Er war der erste zugelassene Arzt in der damals ca. 3000 Einwohner zählenden Gemeinde Plankstadt. Neben Plankstadt hatte er auch die Nachbargemeinden Eppelheim und Oftersheim ärztlich zu versorgen.
Es gab damals weder Straßenbahn noch Autos, Straßen und Häuser wurden mit Petroleumfunzeln beleuchtet. Wasser gab es bei den verschiedenen Dorfbrunnen und nicht im Haus selbst. Mit Chaise und Pferd war Dr. Bönner zu seinen Patienten unterwegs über noch unbefestigte, mal staubige, mal bodenlose Land- und Dorfstraßen. Es muss für die damaligen Menschen schon ein eindrucksvolles Bild gewesen sein, den peitschenknallenden Arzt auf dem Kutschbock zu seinen Patienten galoppieren zu sehen! Während des 1. Weltkrieges musste er auch seine auswärtigen Patienten zu Fuß besuchen, denn sein Pferd war für Kriegszwecke beschlagnahmt worden.
Bei aller Romantik darf jedoch nicht vergessen werden, dass Dr. Bönner ein vielbeschäftigter Mann war, dem erst in späteren Jahren Unterstützung zuteil wurde, als zwei seiner drei Töchter, nämlich Franziska (Cis) und Gertrud, durch ihre Heirat mit den Ärzten Dr. Ernst Klehr und Dr. Josef Goldhofer Plankstadt zu zwei weiteren hochgeschätzten Ärzten verhalfen. Den beiden war der Schwiegervater ein wertvoller Lehrmeister und für seine Patienten war er ab diesem Zeitpunkt ehrfürchtig und patriarchalisch „der alte Doktor“. Lange ordinierte er noch als Senior zusammen mit Schwiegersohn Dr. Ernst Klehr in dessen Praxis.
Plankstadt war für Dr. Bönner zur Heimat geworden. Er fand Gefallen am Ort und seinen Menschen, deren „biederen, gemütlichen Charakter sowie ihre Freundlichkeit“ er sehr schätzte und baute sich hier ein Haus mit großem Garten, das „Landhaus Dr. Bönner“, wie er auf einem alten Eckpfosten einmeißeln ließ (heute nicht mehr sichtbar). Für ihn gab es bei der Behandlung seiner Patienten keine Standesunterschiede und er sagte von sich selbst, dass er kein „Fatzke“ sei. Seine menschliche Wärme war auch in kleinen Nebensächlichkeiten zu spüren, wenn er auch für die Kinder immer ein freundliches Wort, eine Birne oder einen Apfel parat hatte.
Er war es, der in Plankstadt eine örtliche Krankenkasse etablierte, denn damals hatten die meisten Menschen, vor allem die bäuerliche Bevölkerung, noch keine Krankenversicherung und Plankstadt war ja bis etwa zur Mitte des letzten Jahrhunderts noch landwirtschaftlich geprägt.
Er gehörte zu denen, die sich vehemet für das Baden und Schwimmen einsetzte, als dies überhaupt noch nicht populär war und der ein Schwimmbad für die Gesundheit der Menschen in Plankstadt forderte. Selbst das „Baden“ im Tümpel der Keesgrieb, wo ja eigentlich die Pferde in die Schwemme getrieben wurden, sah er noch als gesundheitsfördernd an. So war es für ihn selbstverständlich, dass er sich in seinem Garten den für Plankstadt sicher ersten Swimmingpool bauen ließ. Man konnte diesen noch lange im Garten seines Hauses Ecke Friedrichstraße/Schillerstraße hinter der Mauer finden. Auch der Einbau des Volksbades im Keller der Friedrichschule im Jahr 1925, die seinem Haus gegenüberliegt, geht mit auf seine Initiative zurück. Das Volksbad schloss erst im Jahr 1977 und trug in einer Zeit, in der die meisten Häuser noch nicht über eigene Badezimmer verfügten, sehr zur Hygiene der Bevölkerung bei. Dass 1968 hinter der Schule die Sporthalle mit einem Hallenbad entstand, hätte ihn sicher mit großer Freude erfüllt.
Seine Überzeugung, dass das Baden der Volksgesundheit dient, mag man auch daran ablesen, dass er sogar aus einem Kuraufenthalt im Schwarzwald ein Foto nach Plankstadt schickte, das ihn beim Baden zeigt.
Praktisch im wahrsten Sinne des Wortes, im Beruf wie im Alltag, geradsinnig und zupackend, musisch und humorvoll, hilfreich und gütig – das war Dr. Paul Bönner, nach heutigen Gesichtspunkten ein Landarzt und Wohltäter, wie man in heutiger Zeit wohl nicht mehr findet. Die Gemeinde Plankstadt dankte ihm seine Verdienste mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde am 26. April 1939, seinem 75. Geburtstag. Unvergessen bleibt er den Plankstädtern durch die Straße, die seinen Namen auch dann noch tragen wird, wenn es keine Plänkschter mehr gibt, die sich noch persönlich an den Wohltäter erinnern können. Seine Grabstätte liegt direkt neben dem Seiteneingang der Leichenhalle auf dem Plankstädter Friedhof in der Reihe, wo auch seine Schwiegersöhne mit ihren Ehefrauen ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.
Ulrich Kobelke, Gemeindearchivar