Der länderübergreifende Austausch, die Verständigung zwischen den Menschen, emotionale Bindungen auf der Grundlage des gegenseitigen Zuhörens und Verstehens seinen in diesen herausfordernden Tagen wichtiger als sie es je gewesen waren – so Bürgermeister Matthias Winter beim Empfang der französischen Delegation. Natürlich hätten bei diesem traditionellen Treffen über die Fasnachtstage Freude, Fröhlichkeit und Lachen ihren primären Platz, doch mit Blick auf das, was sich wirtschaftlich und politisch aktuell in der Welt zusammenbraue, sei es von übergeordneter Bedeutung, sich darauf zu besinnen, wann und weshalb Städtepartnerschaften ins Leben gerufen wurden, welche Aufgabe sie wahrnehmen müssen, damit die Völker Europas nicht wieder auseinanderdividieren. Er hoffe, dass in Deutschland und Frankreich erkannt werden, dass man näher zusammenrücken und enger zusammenarbeiten müsse. Deshalb sei auch der persönliche Kontakt durch nichts zu ersetzen und dieser müsse sich über alle Altersgrenzen hinweg erstrecken. Dazu leistet der Schüleraustausch einen ganz enormen Beitrag. Da dieser sich aber immer schwieriger gestaltete aufgrund der Aufnahmekapazität von Austauschschüler*Innen, sei der Schulleiter des Oberndorfer Gymnasiums, Dirk Weigold, in Thierville persönlich vorstellig geworden. So sei Bewegung in die Thematik gekommen und der Austausch habe wieder Fahrt aufgenommen. So saß auch Dirk Weigold am Rosenmontag am Tisch mit der Abordnung aus Thierville, steht er doch als Schulleiter auch für die Ausbildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen, denen die Möglichkeit gegeben werden sollte, Menschen anderer Geschichte, Sprache und Kultur kennenzulernen. So werden Begegnungen auf Augenhöhe geschaffen als Voraussetzung für ein gleichberechtigtes Miteinander. Jocelyne Champesme, die stellvertretende Bürgermeisterin von Thierville-Sur-Meuse, die sich engagiert in die deutsch-französische Städtepartnerschaft einbringt, warf ihren Blick auf Gewalt und Hass, der in den schrecklichsten Formen wahrzunehmen ist. „Wir haben 2022 die 40-jährige Städtepartnerschaft gefeiert, was bedeutet, dass es auf unserer Ebene funktioniert“ – so Champesme, die es bedauerte, dass auf höchster politischer Ebene das Miteinander immer weniger praktiziert wird. Deshalb sei es extrem wichtig, dass „wir“ an unserer Städtepartnerschaft festhalten, die von so vielen bedeutenden und nachhaltigen Begegnungen geprägt sei, wie die gemeinsamen Besuche der Europaparlamente in Brüssel und Straßburg, wo man die Jumelage erneuert und das gemeinsame Bekenntnis zu Europa bekräftigt habe.
Zum festen Bestandteil der deutsch – französischen Begegnungen auf deutschem Boden zählt der Besuch in der Neckarstadt an den Fasnetstagen, was Jocelyne Champesme, stellvertretende Bürgermeisterin von Thierville-Sur Meuse, so erklärt: „Die Oberndorfer Fasnacht ist für uns etwas ganz Besonderes, ja einzigartiges.“ BM Matthias Winter hieß die Delegation im La Bodega am Abend des Rosenmontags willkommen, wo man einen gemütlichen, ausgelassenen Abend verbrachte. Man näherte sich an - über Sprachbarrieren hinweg - dafür sorgten Patricia und Detlef Hagedorn, die seit vielen Jahren diese Städtepartnerschaft begleiteten und entscheidend mittragen. Als Übersetzer nehmen sie eine unverzichtbare Position ein, was auch an diesem Abend wieder deutlich wurde. BM Matthias Winter sprach die gute Tradition an, sich gerade an Fasnet zu besuchen, weil ebendiese Tage Freude und Zusammenhalt stiften, weil die Fasnet es verstehe, die unterschiedlichsten Menschen zu verbinden. Jocelyne Champesme ordnete diesem Zusammentreffen einen hohen Stellenwert bei, weil die Delegation sich Jahr für Jahr personell veränderte. Auf diese Weise könnten immer mehr Vertreter*Innen aus Thierville-Sur-Meuse das Oberndorfer Brauchtum kennenlernen, die Beziehungen intensivieren und so dazu beitragen, die Städtepartnerschaft auf eine solide Basis zu stellen. Sie dankte ganz herzlich für den Empfang, den sie auch nach 20 Jahren immer noch sehr genoss und auf den sie sich immer wieder aufs Neue freute. BM Winter lud die Gäste für den Dienstagmorgen auf die Ehrentribüne ein und wünschte ihnen, dass sie vieles von der Oberndorfer Fasnet in die französische Heimat mitnehmen können – insbesondere eine gut gefüllte Tasche mit Brezeln, Orangen, Würsten und Süßigkeiten. Er zeigte sich überzeugt, dass am Fasnachtsdienstag beim historischen Narrensprung alles zusammenpassen wird, um viele tolle Eindrücke zu sammeln. Und als hätten sie auf dieses Stichwort gewartet, um den Gästen aus Frankreich einen Vorgeschmack zu geben, erklang Musik und völlig überraschend stattete die Oberndorfer Schantlekapelle der Delegation einen Besuch ab. Da war die Freude riesengroß, da wurde geschunkelt, mitgeklatscht und die Handys gezückt – man konnte sich gar nicht sattsehen und -hören. „Genießt die Zeit, denn schöner kann man Oberndorf nicht erleben“ – so Christoph Seidel, der Dirigent der Schantlekapelle, der auch ohne Übersetzung nahebrachte, was Oberndorfer Lebensfreude ausmacht. Und wer Christoph Seidel kennt, wusste, dass für Jocelyne Champesme kein Weg am Ritual des „Sauhond“ vorbeiführte. Sie trug es nicht nur mit Fassung, sondern betrachtete es als Ehre, von den vielen musikalischen Schantle auf solche Weise geadelt zu werden.
Bei einem Kurzbesuch in Thierville Sur-Meuse im Mai des vergangenen Jahres hatte BM Matthias Winter seinen französischen Amtskollegen, Claude Antion, kennengelernt. Nun folgt am 4. April der Gegenbesuch und das erste Zusammentreffen der beiden in Oberndorf. Als Auftakt des dreitägigen Aufenthalts und Hommage an die französische Delegation hat man den Konzertabend „Trio Pariser Flair – Madame Piaf“ in der ehemaligen Augustiner-Klosterkirche gewählt.