Unter dem Leitthema „Chancen in Zeiten des Fachkräftemangels“ lud die Wirtschaftsförderung der Stadt am ersten Donnerstag im Juni Arbeitgeber*innen zum ersten Unternehmerfrühstück dieses Jahres ein. Das Unternehmerfrühstück findet jedes Jahr mindestens einmal statt und hat das Ziel, ein Forum zu bieten für Informationen, um sich kennenzulernen und bei Bedarf zu kooperieren.
In diesem Jahr wurde das Treffen in enger Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit, der Schwetzinger Allianz Generalvertretung Wittemann und Uhlig GbR, der AOK Baden-Württemberg und dem Stadtmarketingverein Schwetzingen veranstaltet. Es gab mehrere aufschlussreiche Vorträge zur Arbeitsmarktlage in der Region und Hinweisen zur Gewinnung, Bindung und Erhaltung von Fachkräften.
Die Veranstaltung im Palais Hirsch war sehr gut besucht. Nach der Begrüßung durch den Amtsleiter Wolfgang Leberecht erläuterte der Erste Bürgermeister Mattias Steffan den Status quo in der Residenzstadt.
Demnach habe Schwetzingen eine gute Ausgangslage durch ihre hohe Beschäftigungsquote, wobei die Zahl der Arbeitsplätze in letzter Zeit stagnierten. Steffan stellte in Aussicht, dass für Wohnungen und unternehmerische Aktivitäten Freiräume geschaffen werden könne, zum Beispiel durch die Aktivierung des früheren Ausbesserungswerks, in dessen Nähe heute bereits der Sportartikelhersteller Décathlon angesiedelt und die Infrastruktur ausgebaut ist, sowie durch das Areal der ehemaligen Kaserne beim Hirschacker, der früheren Tompkins Barracks.
Entsprechende Planungen seien im Gange; erste Ergebnisse seien zum Jahresende zu erwarten. Auch in Schwetzingen sei der Fachkräftemangel erkennbar, besonders in den technischen Berufen und in der Bauverwaltung.
Einen allgemeinen Überblick über die Lage im Rhein-Neckar-Kreis gab der Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Heidelberg Klaus Pawlowski. Er bestätigte die hohe Beschäftigungsauslastung in der Region, was nicht zuletzt dem Beschäftigungszuwachs über Migration zu verdanken sei. Er wies aber deutlich darauf hin, dass der Fachkräftemangel in Zukunft besorgniserregend sei.
Die davon betroffenen Bereiche sind in erster Linie das Gesundheits- und Sozialwesen, Verkehr und Lagerei und der Handel. Glücklicherweise habe die Region nicht auf die großen Player gesetzt, deren wirtschaftliche Situation gefährdet sei, sondern auf kleinere und mittlere Unternehmen. Man habe fast Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosenzahlen seien zum großen Teil auf Flüchtende aus der Ukraine zurückzuführen, die bislang noch nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten. Um dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, habe die Arbeitsagentur eine Vier-Säulen-Strategie definiert.
Dazu gehören Weiterbildung/Umschulung zur Qualifizierung von Arbeitslosen und Zusatzqualifizierung für Beschäftigte. Weitere Maßnahmen betreffen junge Leute beim Übergang Schule/Beruf. Die Arbeitsagentur schreibt alle Schulabgänger direkt an und lädt sie zur Berufsberatung ein. Außerdem vermittelt sie Ausbildungsstellen.
Die dritte Säule bezieht sich auf das große, brachliegende Potenzial der Erwerbsbeteiligung von Frauen. Flexible Arbeitszeiten und Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind für Frauen wesentliche Entscheidungskriterien. Daher werden Ausbildung und Qualifizierungen in Teilzeit angeboten. Hier erwähnte er insbesondere die KitA, Qualifizierung von Quereinsteigern zur sozialpädagogischen Assistentin.
Die Arbeitsagentur ist zudem bemüht, Frauen aus Asylherkunftsländern, den Weg in die Arbeit ebnen. Und schließlich sprach er noch - als vierte Säule - die Integration von Migranten an. In ca. 20 Ländern werden Migranten angeworben. Die Probleme bei der Einbindung in den Arbeitsmarkt sind jedoch vielfältig. Beispielsweise fehlende Sprachkenntnisse; angeworben werden nur Leute, die im eigenen Land bereits ein B2-Sprachniveau erreicht haben; ein weiterer Hemmschuh ist die Nichtanerkennung beruflicher Qualifikationen aus dem Ausland.
Ein Bereich, der sehr stark unter Fachkräftemangel leidet, sind die Pflegeberufe. Heike Wies vom kirchlichen Pflegedienst in Schwetzingen beleuchtete die Weiterbildungsförderung Beschäftigter aus alltagspraktischer Sicht.
Mitarbeitende erhalten die Möglichkeit, Teilqualifikationen zu erwerben oder fehlende Berufsabschlüsse nachzuholen, ohne das Arbeitsverhältnis zu unterbrechen oder zu verlieren. Interessant ist das für die Pflegende mit nur einem Ausbildungsjahr sowie Zusatzqualifizierungen und spezialisierte Aufgaben für Pflegefachkräfte. – Sie weist mit Nachdruck darauf hin, dass Pflege ohne Migranten nicht mehr leistbar sei.
Um Fachkräfte gesund erhalten und Prävention sowohl im betrieblichen als auch in der nichtbetrieblichen Lebenswelt wurden betriebliche Vorsorgemodelle entwickelt und von Uwe Ganzleben vom Industrie-Pensions-Verein e.V. IPV vorgestellt. Der IPV berät und schult Unternehmer und Führungskräfte in Fragen der privaten und betrieblichen Alters- und Gesundheitsversorgung. Ganzleben stellte das Vorsorgekonzept der IPV vor.
Es besteht aus den drei Bereichen „Betriebliche Altersersorgung“ (bAV) als zukunftssichernde Maßnahme zur Erhaltung des Lebensstandards im Alter, „Berufsunfähigkeit“ (BU) zur Sicherung des Einkommens durch Rente oder Beitragsbefreiung und „Betriebliche Krankenversicherung“ (bKV) zur Erhaltung der Gesundheit und mögliche Produktivitätserhöhung.
Das Modell sieht ein Gesundheitsbudget vor, das Mitarbeitern einen jährlichen Betrag, der individuell und bedarfsgerecht auf verschiedene Leistungsbereiche aufgeteilt werden kann, angeboten wird oder alternativ Leistungsbausteine, die der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter bei der Einführung der bKV auswählt oder im Unternehmen können verschiedene Pakete für Mitarbeitergruppen angeboten werden.
Er wies auf das Betriebsrentenstärkungsgesetz hin, wodurch das Angebot einer betrieblichen Altersversorgung (bAV) vergrößert und dadurch ein höheres Versorgungsniveau erreicht werden kann. Klaus Fabian von der AOK referierte über die „Chancen durch betriebliche Gesundheitsförderung“ (BGF). Er legte dar, wie die Etablierung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) zur Mitarbeiterbindung beiträgt. Die AOK unterstützt Betriebe bei der Feststellung von gesundheitlichen Belastungen und Ermittlung von Wünschen der Mitarbeitenden. (rw)