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Fünf Fragen an Prof. Dr. Manfred Hentz

Was Trumps Zölle für die lokale Wirtschaft bedeuten Die neue Außenwirtschaftspolitik der USA ist derzeit in aller Munde. US-Präsident Donald Trump...
Prof. Dr. Manfred Hentz.
Prof. Dr. Manfred Hentz.Foto: frh

Was Trumps Zölle für die lokale Wirtschaft bedeuten

Die neue Außenwirtschaftspolitik der USA ist derzeit in aller Munde. US-Präsident Donald Trump hat auf Importgüter in die Vereinigten Staaten teils massive Zölle verhängt – auch gegenüber der Europäischen Union. Nach erheblichen Kurseinbrüchen an den internationalen Börsen wurden diese größtenteils für 90 Tage ausgesetzt. Verhandlungen auf internationaler Ebene laufen. Was danach passiert, ist derzeit noch unklar.

Welche Auswirkungen solche Zölle und die neue Politikrichtung der USA auch auf die heimische Wirtschaft im Raum Mosbach haben, darüber hat sich die Redaktion des Mosbacher Stadtanzeigers im Rahmen der neuen Reihe „Fünf Fragen“ mit Manfred Hentz unterhalten. Hentz ist Professor und Studiengangleiter für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Industrie an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Mosbach.

Stadtanzeiger Mosbach (StAnzMOS): Herr Professor Dr. Hentz, die USA unter Präsident Donald Trump setzen auf eine zunehmend aggressivere Industrie- und Handelspolitik. Eingeführt wurden Zölle in Höhe von 20 % oder sogar mehr auf nahezu alle Importe aus der Europäischen Union. Wenig später wurden sie für 90 Tage ausgesetzt, stehen aber weiterhin im Raum. Welche Auswirkungen hätten solche Zollabgaben auf heimische Unternehmen?

Professor Dr. Manfred Hentz: Deutschland, aber auch China, Japan und andere mehr sind von den USA abhängig und umgekehrt. Wir produzieren seit vielen Jahren mehr als wir konsumieren. Auf unseren Titel als „Export-Weltmeister“ waren wir stolz. Diese Überproduktion wurde von den USA konsumiert, was deren Industrie verkümmern ließ und enorme Schulden zur Folge hatte. Inzwischen sind die Zinszahlungen der USA pro Jahr auf 900 Milliarden Dollar hochgeschnellt und damit so hoch wie der überbordende US-Verteidigungshaushalt. Durch Zollerhöhungen will sich Trump aus diesem Teufelskreis einer negativen Handelsbilanz rabiat befreien. Trump weiß, wo er ansetzen kann, um uns zu schaden – die Auswirkungen wären massiv auf beiden Seiten.


StAnzMOS: Welche Branchen wären hier besonders betroffen und welche Auswirkungen hätte es kurz-, mittel- und längerfristig auf Arbeitsplätze, auch DHBW-Studienplätze, hier vor Ort?

Hentz: Baden-Württemberg ist das exportstärkste Bundesland. Unsere Exportquote beträgt gefährliche 40 %, was uns zum verletzlichsten Bundesland für jede Art internationaler Probleme macht. Die Rezession der vergangenen zwei Jahre betraf uns am schlimmsten. Wenn zusätzlich zum Ukrainekrieg, Energiepreissteigerung und Autokrise die USA als Absatzmarkt stark schrumpfen, dann wird Baden-Württemberg ernste Probleme bekommen. Zuallererst in der Autoindustrie, bei Zulieferern von Autoteilen und im Maschinenbau. Im Bildungsbereich wird aufgrund des demografischen Wandels weiterhin eine gute Ausbildung gefragt sein.


StAnzMOS: Mit China führt Trump seinen „Handelskrieg“ bereits weiter. Zölle von über 100 % sorgen dafür, dass chinesische Güter in den USA nahezu nicht mehr rentabel verkauft werden können. China hat mit Gegenzöllen reagiert. Die Globalisierung macht auch vor dem Odenwald nicht halt – welche Folgen könnten sich aus diesen Spannungen für die lokale Wirtschaft ergeben?


Hentz: Trump hat am Wochenende die Zölle auf Produkte und Zubehör für Smartphones und Computern bereits zurückgenommen. Offensichtlich hat man die Abhängigkeit von China völlig unterschätzt. An wirtschaftlichen Fakten kommt auch Trump nicht vorbei. Was wir nicht vergessen sollten: Auch die EU hat China Ende 2024 mit Strafzöllen belegt und zum „systemischen Gegner“ erklärt. Neben den USA ist China unser größter Handelspartner. Die weltwirtschaftlichen Machtspiele gehen auch am Odenwald nicht vorbei. Große Unternehmen gründen Standorte im Ausland, das ist lokalen Mittelständlern im Odenwald kaum möglich. Die leiden unter verfehlter Politik.

StAnzMOS: Insgesamt war die wirtschaftliche Lage ja schon vor der neuen US-Zollpolitik problematisch. Es wurde ein milliardenschweres Investitionsprogramm mittels Neuverschuldung auf Bundesebene vorbereitet. Wie würden Sie die Entwicklung in den nächsten fünf bis zehn Jahren vor diesem Hintergrund mit Blick auf den Standort Mosbach und ländlich geprägte Räume einschätzen?

Hentz: Fast 20 Jahre wurde ein ideologischer Sparkurs betrieben, der selbst die nötigste Investition verhindert hat. Viele Gemeinden, insbesondere im ländlichen Raum, sind unterfinanziert. Unsere Infrastruktur ist abgenutzt, Impulse durch Innovation sind zu selten. Friedrich Merz hat ein riesiges Investitionspaket hektisch geschnürt. Die nächsten zehn Jahre werden wir benötigen, um Versäumtes durch erhebliche Schuldenaufnahme nachzuholen – bei verdoppelten Baupreisen, für die wir kräftig Zinsen zahlen. Eine Politik der „ruhigen Hand“ ist das sicher nicht, aber zu begrüßen. Es ist davon auszugehen, dass in den ländlichen Raum erheblich investiert wird.

StAnzMOS: Welche Maßnahmen könnten der heimischen Wirtschaft am ehesten helfen, in dieser neuen Situation zu bestehen?


Hentz: Wir sollten nicht zu sehr auf Export setzen, sondern den heimischen Binnenmarkt und Europa stärken. Die USA sind im Moment kein verlässlicher Partner. Die Energiepreise für die Industrie müssen wettbewerbsfähig sein. Staatliche Impulse durch Direktinvestitionen in Infrastruktur und natürlich auch in Bildung sind erforderlich und zu begrüßen.

Das Interview führte Frank Heuß.

Erscheinung
Stadtanzeiger Mosbach
Ausgabe 16/2025

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