Metzger betrieben 100 Jahre lang die Löchgauer Gastwirtschaft „Lamm“
Von Erwin Ruff Die Löchgauer Gastwirtschaft „Lamm“ im Gebäude Hauptstraße 50, vor dem Jahr 1900 noch mit der Gebäudenummer 92 an der Unteren Gasse versehen, wurde erstmals im Jahr 1860 aktenkundig. In den folgenden 100 Jahren betrieben verschiedene Metzger neben der Metzgerei die kleine Wirtschaft.
Der ledige Metzgermeister Carl Armbruster hatte seinerzeit das Haus gekauft, in dem er neben einer Metzgerei auch eine Speisewirtschaft einrichten wollte. Der Gemeinderat Löchgau hatte sein Wirtschaftsgesuch befürwortet und ihm am 11. Februar 1860 ein gutes Prädikat und ein Vermögen von ca. 7.800 Gulden bescheinigt. Nach der Veröffentlichung des Gesuchs am 21. Februar 1860 im Neckar- und Enz-Boten brachte Adlerwirt Friedrich Landauer mit Schreiben vom 26. Februar 1860 Einwendungen vor, weil Löchgau bereits übergesetzlich viele Wirtschaften habe „und durch die vielen Wirtschaften der ganze Ort vollends ins Verderben kommt.“ Weil das Königliche Oberamt Besigheim seinem Gesuch nicht zugestimmt hatte, wandte sich Armbruster an die Königliche Kreisregierung in Ludwigsburg, aber auch diese sah laut Erlass vom 3. August 1860 „keinen Grund, seinem Gesuch zu willfahren.“ Erst auf seinen wiederholten Antrag wurde ihm am 11. Dezember 1860 die persönliche Konzession für eine Speisewirtschaft in einem Zimmer im Erdgeschoss erteilt. Eine Speisewirtschaft hatte es bis dahin im Ort noch nicht gegeben.
Am 12. Oktober 1898 hatte Armbruster sein Haus an den aus Kirchheim a.N. stammenden ledigen Metzger Johann Lieberherr verkauft, der am 20. Dezember 1898 die Konzession zum Betrieb einer Gastwirtschaft in einem Zimmer und der Beherbergung von Fremden in einem Gastzimmer im 1. Stock erhalten hatte. Aber schon drei Jahre später übernahm der Bönnigheimer Metzger Wilhelm Friedrich Häußer das Haus, das er im Januar 1904 an den Sattlermeister Konrad Niethammer aus Besigheim weiterverkauft hatte. Von diesem erwarb der Metzger Georg Jakob Keck am 22. August 1904 das etwas heruntergekommene Haus.
Der aus Löchgau gebürtige Georg Jakob Keck (1877 – 1960) arbeitete nach seiner Ausbildung bei Metzgermeister August Röser in Besigheim zunächst zehn Jahre lang in Straßburg als Metzgergeselle und kam danach in seinen Heimatort zurück. Am 9. September 1904 hatte ihm das Königliche Oberamt Besigheim die Erlaubnis für eine Gastwirtschaft erteilt. Die im benachbarten Haus wohnende Marie Sofie Greb (1876 – 1931) wurde am 27. November 1904 seine Frau. Den kleinen Laden der Metzgerei betrat man über das „Kecka-Wenkele“. Für das Fremdenzimmer im 1. Stock war das Beherbergungsrecht am 28. Februar 1913 erloschen, weil seit 1910 keine Fremden mehr beherbergt wurden. Gleich zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Jakob Keck am 6. August 1914 zur Landwehr, Infanterieregiment Nr. 121, 11. Kompanie eingezogen, sodass seine Frau die Wirtschaft alleine führen musste. Erst nach der Auflösung seines Regiments im April 1919 kam Jakob Keck wieder nach Hause. Während seiner Abwesenheit waren zwei seiner halbwüchsigen Söhne 1918 und 1919 verstorben.
Sein Sohn Otto Friedrich Keck (1906 – 1938) hatte bei ihm das Metzgerhandwerk gelernt und sollte eigentlich das Geschäft übernehmen. Dessen Frau Anna Maria, geb. Bollinger (1904 – 1933), mit der er seit 26. Januar 1933 verheiratet war, verstarb fünf Tage nach der Geburt des Sohnes Walter Friedrich. In zweiter Ehe war Otto Keck seit 8. März 1934 mit der Schwester seiner verstorbenen Frau, Marie Berta Bollinger (1909 – 1994) verheiratet. Als Otto Keck am 12. Februar 1938 überraschend gestorben war, wurde die Wirtschaft von seinem Vater und dessen nun verwitweter Schwiegertochter weitergeführt. Marie Keck hat am 17. März 1941 in zweiter Ehe Johannes Trautwein geheiratet.
In den 1940er Jahren war in den Wirtschaften tagsüber nicht viel los, die Leute mussten ja entweder auf dem Feld oder in der Fabrik arbeiten, viele Männer waren im Krieg. Überliefert ist der gelegentliche Wirtshausbesuch von Besigheimer Gendarmen, die auch für Löchgau zuständig waren. Der seit Februar 1942 in Besigheim tätige Postenführer, Gendarmeriemeister Ernst Strässer, hatte seine zwei Schäferhunde dabei, die er während seines Aufenthalts in der Gaststube im Hof eingesperrt hat. Dem Vernehmen nach soll Ernst Strässer als Polizist „ein scharfer Hund“ gewesen sein. Als die französische Armee kurz vor Kriegsende am 8. April 1945 in Löchgau einrückte, richtete sie im „Lamm“ vorübergehend ein Lazarett ein.
Im Jahr 1956 hat der seit 1931 verwitwete Jakob Keck die Metzgerei und die Wirtschaft an seinen Enkel Walter Keck übergeben. Dieser war nach seiner Lehre bei der Ludwigsburger Metzgerei Vogel einige Zeit in Heidenheim und ab 1953 beim Opa beschäftigt. Seit 1957 ist er mit Senta Isolde, geborene Hilligardt verheiratet. 1960 wurde das alte Haus abgebrochen, sodass das „Lamm“ nach 100 Jahren nur noch Geschichte war. Innerhalb von vier Monaten wurde ein moderner Neubau mit Laden erstellt, in dem nach einem Umbau im Jahr 1988 wieder die Gastronomie Einzug hielt; heute ist dort das Bistro „Casanova“.