Wer die am Ortsrand von Agenbach vorbeiführende Kreisstraße, die Würzbacher Straße, befährt, dem fällt nördlich bzw. östlich das stattliche Wohnhaus bei der Kurve förmlich ins Auge (Bild). Schmuck steht es da, gefühlvoll von den Eigentümern Ingrid und Andreas Mahle Stück um Stück renoviert. Die Ärztin und der Agraringenieur haben das Gebäude 1999 vom Land erworben. In überlegten Schritten haben sie mit viel Fingerspitzengefühl die Renovierung und an verschiedenen Stellen die Wiederherstellung des oft werthaltigeren ursprünglichen Zustands herbeigeführt. Jetzt sollen sie am 28. April 2025 in Achern dafür den Denkmalschutzpreis 2024 erhalten. „Die Beratung durch das Landesdenkmalamt war sehr hilfreich und angenehm“, ist die Erfahrung von Andreas Mahle über die Zusammenarbeit. Das Gebäude stammt in seinen ältesten Teilen aus dem Jahr 1785.
Die Jahreszahl ist über dem Kellereingang eingemeißelt. Errichtet wurde das Haus damals mit steinernem Sockelgeschoss mit den Ställen, verschindeltem Wohngeschoss und hohem Satteldach mit verbretterten Giebeln. Einen 1830 erfolgten Umbau, bei dem auch das mächtige Zwerchhaus auf der Ostseite entstand, dokumentiert die Jahreszahl über dem damals verlegten Eingang. Hervorgegangen war das Gut aus einem der schon im 14. Jahrhundert in den Hirsauer Klosterbüchern nachgewiesenen drei Agenbacher Ur-Lehen, aus denen im 16. Jahrhundert durch die Teilung von einem der anderen vier wurden. 1866 kaufte der Staat das nach dem ursprünglichen Besitzer Hillers-Lehen benannte Anwesen samt mehreren zugehörigen Gebäuden. Die älteren Bauten der Gebäudegruppe wurden abgebrochen. Das jüngste Haus wurde ab 1867 als Forsthaus genutzt.
Sicherung der Substanz lautete der erste Schritt nach dem Kauf der Mahles, denen auch der landwirtschaftliche Betrieb wichtig war. Zum Erhalt ging es zunächst an die Instandsetzung des Daches, des Schindelschirms und des Täfers. Gefällt werden musste die Birke beim Haus, denn ihr Wurzelwerk verhinderte im Kanal den Abfluss aus den Kellerräumen. „Weniger ist mehr“, lautete das Credo beim zweiten Schritt des selbstverordneten Fünf-Punkte-Programms. Mit wenigen generellen Eingriffen wurden erhaltene Böden renoviert. Ein Riss im Putz oder Holz durfte schon einmal bleiben. Mancher Raum wurde sogar einfach belassen, um die alten Zeiträume an der Originalsubstanz erlebbar zu halten. Dann hieß es zum Dritten auch manche Entscheidung aufzuschieben, wenn etwa ein Bauteil nicht gleich erklärbar war.
Dabei konnte vom Fachmann dazugelernt werden, warum zwischen zwei Räumen etwa eine Wand nicht bis zur Decke reichte. Es handelte sich um einen „Überschlag“, um die durchdachte Möglichkeit, von einem beheizten Raum den benachbarten, vielleicht ein Schlafzimmer, mit überschlagen zu lassen. Wichtig war für die auszuführenden Arbeiten der vierte Punkt: Soweit möglich etwa Fenster und Türen ursprünglichen und handwerklich ästhetischen Lösungen zuführen, den Urzustand verfälschende Renovierungen und Modernisierungen dabei zurückführen. Darunter fallen beispielsweise das Ersetzen der Haustür in gemustertem Naturholz oder die Aufteilung der Fenster. „So ein Haus redet, da muss man zuhören“, erläutert Andreas Mahle Punkt fünf. Dazu fällt ihm ein, wie schön die Oberflächenstruktur des Sandsteinbodens im oberen Flur durch richtige Beleuchtung herauskommt.
Vom 17. Jahrhundert bis zum Erwerb durch den Staat tauchen als Hofeigentümer mehrere Keppler auf. Sie gehörten zu den Superreichen ihrer Zeit, sind in den Kirchenbüchern von Neuweiler meist als „Hofbauer, Schiffer und Floß-Companie-Verwandter“ bezeichnet. Dies bedeutet, dass sie Anteile an der Calwer Floßhandelskompanie besaßen, die für den Herzog den gesamten Holländer-Floßhandel abwickelte. Angeblich sollen sie sich vom Haus bis zu Liegenschaften im Kleinenztal auf ihrem Eigentum haben bewegen können. Nicht absolut gesichert, aber durchaus wahrscheinlich ist, dass sie mit anderen Keppler, Käppler und Kappler in der Gegend zusammen in dem berühmten Astronomen und Mathematiker Johannes Kepler (1571-1630) aus Weil der Stadt einen gemeinsamen Vorfahren haben.
Der mit 5000 Euro dotierte Denkmalschutzpreis wird vom Schwäbischen Heimatbund und dem Landesverein Badische Heimat mit Unterstützung der Wüstenrot Stiftung verliehen und steht unter der Schirmherrschaft von Wohnungsbau-Staatssekretärin Andrea Lindlohr (Grüne). Die Übergabe für 2024 erfolgt am 28. April 2025 in Achern. Ausgezeichnet werden damit besondere denkmalpflegerische Leistungen von Privateigentümern. Vier weitere Gewinner sind neben Ingrid und Andreas Mahle für das frühere Forsthaus in Neuweiler-Agenbach die „Alte Münz“ in Wertheim, die ehemalige Reithalle in Achern, der Farnrain-Hof in Elzach-Yach sowie das Backhausareal in Salem-Neufrach. Eine der mit der Verleihung vergebenen Bronzetafeln, die dies dokumentieren, wird also bald in Agenbach ihren Platz bekommen.
Auch das Bauernhaus quasi gegenüber vom alten Forsthaus in Agenbach, das erste Haus links in der Würzbacher Straße aus Richtung Oberkollwangen, haben die Mahles sorgsam renoviert. Sie vermieten die ein bis vier Zimmer in diesem an einen einzelnen Gast wie an bis zu sieben Personen. Die Buchungen durch Feriengäste für kürzere oder längere Aufenthalte vermitteln, dass es im ruhigen Agenbach und in dem Anwesen mit Garten offenbar vielen gefällt. Unterstrichen wird dies etwa im Buchungsportal von „Booking.com“, wo 42 Bewertungen zur höchsterreichbaren Zahl von fünf Sternen geführt haben. Die Bewertung eines Gastes, der über TUI kam, fasst alles so zusammen: „Das Ferienhaus ist ein liebevoll renoviertes, großes altes Haus. Platz ohne Ende. Wand- bzw. Fußbodenheizung, Lehmwände: Ein super Klima. Dazu ein riesiger Garten. Die Vermieter sind sehr nett und hilfsbereit.“