"So eine frühzeitige Bürgerbeteiligung habe ich noch nie erlebt", lobte Dr. Martin Schöfthaler vom Vorstand der Genossenschaft Erneuerbare Energien Neckar-Alb (EENA eg) beim Podiumsgespräch die Städte Reutlingen und Pfullingen sowie die Gemeinde Gomaringen, die sich zusammengetan haben, um – buchstäblich – frischen Wind in die Region zu bringen. Entsprechend groß war das Interesse am "Infomarkt Windenergie": Über 200 Interessierte kamen in die Stadthalle Reutlingen.
Noch wiegen sich lediglich Bäume im Wind auf dem rund 120 Hektar großen Waldstück im Süden Reutlingens mit einem Pfullinger Anteil von 56 Hektar und sieben Hektar, die zu Gomaringen gehören. Viele offene Fragen, wie beispielsweise die konkreten Standorte der Windräder, die Abstände oder Auswirkungen auf den Artenschutz müssen noch beantwortet werden. Ein sogenannter Projektierer, also der Investor, der die Anlage baut, ist ebenfalls noch nicht ausgewählt. Dennoch, das betonten Oberbürgermeister Thomas Keck, Pfullingens Bürgermeister Stefan Wörner und Steffen Heß, der Rathaus-Chef von Gomaringen unisono, liegt es allen drei Kommunen sehr am Herzen, frühzeitig die Fragen aus der Bevölkerung zu sammeln und sie möglichen Projektierern vorzulegen.
Dazu gehörte beim "Infomarkt" auch, sich mit kritischen Stimmen auseinanderzusetzen. Die Bezirksbürgermeisterinnen Friedel Kehrer-Schreiber, Bronnweiler, Claudia Gumpper, Gönningen, und Andrea Fähnle, Ohmenhausen, schilderten auf dem Podium die Rückmeldungen aus ihrer jeweiligen Bezirksbezirksgemeinde. Vor allem von zu geringen Abständen der Windräder zur Wohnbebauung und der damit verbundenen Angst vor dem Verlust von Lebensqualität sei hier häufig die Rede.
Dass die Planungen "nicht ohne Härten" über die Bühne gehen würden, sei allen Beteiligten bewusst, so Thomas Keck. Dennoch sei die Windenergie für Stadt und Region ein entscheidender Faktor, um ein moderner Wirtschaftsstandort zu bleiben. Stefan Wörner betonte die Vorzüge des eng abgestimmten interkommunalen Vorgehens. Steffen Heß wies vor dem Hintergrund des aktuellen Weltgeschehens auf die Chancen hin, die erneuerbare Energien mit sich bringen: „So können wir die Abhängigkeit von despotischen Öl- und Gaslieferanten aus anderen Ländern reduzieren.“
Wie geht's nun weiter? In einem Interessenbekundungsverfahren müssen potenzielle Investoren nun einen Katalog mit 52 Kriterien von der Bürgerbeteiligung bis zum Waldschutz abarbeiten, erläuterte Anna Kaufmann vom Beratungsbüro Endura Kommunal: „Wichtig ist der Arbeitsgruppe, dass die potenziellen Projektierer bereits Erfahrung mit der Umsetzung von Windkraftanlagen mitbringen“. Wenn die Arbeitsgruppe, die aus Vertretern der drei Städte und Gemeinderäte sowie der betroffenen Reutlinger Bezirksgemeinden besteht, sich für einen oder mehrere mögliche Investoren entschieden hat, soll die Bürgerschaft erneut einbezogen werden.