„Der Blick auf den aktuellen Grundsteuerbescheid bedeutet für viele Menschen in Baden-Württemberg eine böse Überraschung. Der Grund ist die Grundsteuerreform. Aber die Würfel sind gefallen und wir müssen uns nun überlegen, wie wir die Kröte schlucken“, führte Dr. Andrea Schröder-Ritzrau, die SPD-Fraktionsvorsitzende, zu Beginn ihrer Stellungnahme aus.
2018 hat das Bundesverfassungsgericht die Bewertungsvorschriften der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt, weil man immer noch auf der Basis von 1964 Einheitswerte berechnet und dies zu gravierenden Ungleichbehandlungen führe. Man hätte die Werte laut Gesetzgeber alle sechs Jahre anpassen müssen, um Veränderungen zu berücksichtigen. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Der Gesetzgeber hat den Ländern zugestanden, selber zu entscheiden über die Eckdaten zur Reform. Die grün-schwarze Landesregierung ist mit dem 2020 verabschiedeten Landes-Grundsteuer-Gesetz einen zu einfachen Weg gegangen, da die neue Berechnung sich nun ausschließlich an der Größe des Grundstücks orientiert. Dabei sollte es doch eigentlich immer eine Rolle spielen, wie der Wert dessen ist, was besteuert wird. Für uns ist es nicht egal, ob auf einem gleich großen Grundstück eine Villa, ein kleines Einfamilienhaus, Mietwohnbebauung oder ein lukratives Gewerbe angesiedelt ist.
Mit dieser Neuberechnung drohen bei einigen ungerechtfertigten Mehrbelastungen, die zu einer Vervielfachung der Steuerlast führen können. Ungerechtfertigte Minderbelastungen treten ebenfalls auf, insbesondere bei Unternehmen. Der Gesetzgeber nennt das neutral Belastungsverschiebungen – wir nennen es ungerecht.
Wie funktioniert’s? Für die Kalkulation unserer Grundsteuer B wird die Größe des Grundstücks und der Bodenrichtwert zum Stichtag 1. Januar 2022 veranschlagt. Alles andere bleibt außer Acht. Nur das Land hatte die Entscheidungshoheit und wir müssen ausführen. Unser Handlungsspielraum ist nur der Hebesatz, mit dem multipliziert wird.
Die SPD-Fraktion wird sich dem Vorschlag der Verwaltung anschließen und den Hebesatz so wählen, um ungefähr die gleiche Summe an Grundsteuer wie in den vergangenen Jahren einzunehmen (Aufkommensneutralität circa zwei Millionen). Dafür werden wir den Hebesatz von 200 auf 100 reduzieren – auf den niedrigsten Hebesatz in der gesamten Nachbarschaft. Bei der exemplarischen Berechnung eines 100 Quadratmeter großen Grundstücks kommen wir auf 105 Euro im Jahr. Nur in St. Leon-Rot kommt man mit dem dortigen Hebesatz (120) zu einem geringeren Wert: 68 Euro für ein 100-Quadratmeter-Grundstück. Das liegt daran, dass die Bodenrichtwerte dort nur halb so hoch sind. Die Berechnung für acht umliegende Gemeinden ergibt Werte zwischen 68 und 204 Euro, einen Mittelwert von 124 Euro. Wir liegen mit 105 Euro deutlich drunter.
Bleibt uns nur, wieder ein wertabhängiges Modell wie im Bund zu fordern, das Wert, Alter und Zustand des Gebäudes einbezieht und an die amtierenden MdLs in Regierungsverantwortung zu appellieren, das Thema aufzunehmen.
Unterm Strich bleiben heute gute Nachrichten für alle mit kleinem Grundstück. Eure Grundsteuer bleibt ähnlich oder wird eventuell sogar geringer.
Schlechte Nachrichten dagegen für Menschen mit Einfamilienhäusern mit sehr großen Grundstücken. Einigen Besitzern mag es nicht viel ausmachen, die drei- oder vierfache Menge zu zahlen. Andere aber, vielleicht ältere Menschen, die mit wenig Geld in ihrem hart erarbeiteten Einfamilienhaus wohnen, trifft es vielleicht doch empfindlich.
Aus unserer Sicht ist es ungerecht, dass Gewerbegrundstücke von der Grundsteuerreform profitieren und zum Teil wirklich ein Vielfaches weniger zahlen, obwohl die Grundstücke über die Wertschöpfung viel mehr wert sind. Ein Unternehmen mit einer Fläche von 7.600 Quadratmeter und einem Gebäudewert von 3,5 Millionen hat früher circa 24.000 Euro im Jahr gezahlt – zukünftig nur noch 2000 Euro.
Im Vergleich mit den neun Umlandgemeinden haben wir für das Gewerbe nun die niedrigsten Grundsteuersätze, auch weil die Bodenrichtwerte entsprechend niedrig sind – ganz im Gegensatz zu den Bodenrichtwerten in unseren Wohngebieten.
Leider dürfen wir für die Grundsteuer B nur einen Hebesatz erheben – unabhängig von der Nutzung des Grundstücks. Auch auf die Bodenrichtwerte haben wir keinen Einfluss mehr. Wir hätten uns vor Jahren mit Händen und Füßen wehren und eine eigene Bewertungsstelle beibehalten sollen.