Lecker dank Minusgraden
Manche Früchte werden erst im Spätherbst reif
Wer Hagebutten, Berberitzen oder Schlehen zu früh erntet, wird daran keine Freude haben. Die Früchte schützen sich mit unangenehm schmeckenden Gerb- und Bitterstoffen. Erst die Einwirkung von Frost macht das Wildobst genießbar.
Ob der Winter nun knackig kalt wird oder eher klimawandel-mild: Frost wird es auf jeden Fall geben. Die Natur stellt sich darauf ein, zieht sich an vielen Stellen zurück. Im Garten helfen wir mit, häufeln an, decken mit Laub zu und stellen besonders empfindliche Pflanzen in den Keller.
Hagebutten und Sauerdorn
Wer bei einsetzenden Minusgraden noch ungeerntetes Obst oder Tomaten hat, sollte sich beeilen. Wenn zarte Früchte frieren und dann wieder auftauen, gibt es meistens Matsch. Eiskristalle durchdringen die Zellwände, Strukturen gehen verloren, Flüssiges fließt hin, wo es nicht hingehört.
Einige Wild- und Nutzpflanzen sind da weniger empfindlich und manche macht der Frost sogar erst richtig schmackhaft. Hagebutten, die Früchte der Heckenrosen, sind dann nicht nur mürber, sondern auch aromatischer. Gleiches gilt für die kleinen roten Berberitzen, deren Zweitname Sauerdorn nicht von ungefähr kommt. Auch die als Obst leider weitgehend in Vergessenheit geratene Mispel entwickelt ihren typisch herb-nussigen Geschmack nicht vor November oder Dezember.
Zucker und Bitterstoffe
Die leuchtend orangen Vogelbeeren der Eberesche werden unter Kälteeinwirkung durch den Abbau von Bitterstoffen gleichfalls bekömmlicher. Allzu spät im Winter darf man die Beeren allerdings nicht ernten, denn auch das wertvolle Vitamin C wird mit der Zeit weniger.
Schlehen schließlich sind wegen des hohen Gerbstoffgehalts ohne Frosteinwirkung sogar praktisch ungenießbar. Im zeitigen Frühjahr bilden die leuchtend weiß erstrahlenden Schlehenhecken eine der wichtigsten Nahrungsquellen für Insekten. Nach der Blüte fallen die Schwarzdorn-Sträucher mit den unscheinbaren kleinen Blättern in der Landschaft nicht mehr groß auf. Erst wenn ab dem Spätsommer die blauen, mit einer hellen Wachsschicht überzogenen Früchte heranreifen, drängt die Schlehe wieder in den Vordergrund.
Es ist genug für alle da
In den meisten Regionen sind Schlehen häufig. Sie sind anspruchslos, vertragen auch eine ordentliche Brise und bilden durch Wurzelausläufer schnell ein dichtes Gestrüpp. Wer Schlehen für den Eigenbedarf pflückt, muss sich keine Sorgen machen, dass deswegen Vögeln und anderen Wildtieren die Nahrung ausgeht. Wobei ein bisschen Fingerspitzengefühl natürlich nicht verkehrt ist. In Jahren mit wenigen Früchten ist Zurückhaltung angesagt, dafür dürfen bei vollem Fruchtbehang die Sammeleimer randvoll werden.
Da Fruchtfleisch und Kern fest verwachsen sind, werden Schlehen als ganze Früchte weiterverarbeitet. Für Gelee werden die Schlehen schonend erhitzt, der Saft dann abgeseiht, schließlich mit Zucker und Gewürzen aufgekocht. Für leckeren Likör ist gar keine Vorbehandlung nötig. Die Früchte kommen mit Zucker, Zimt und Alkohol – geschmacksneutraler Korn – in eine Flasche; den Rest erledigt abgesehen von gelegentlichem Schütteln die Zeit.