Wenn es einen Durlacher ohne Wohnsitz in Durlach, also sozusagen einen hiesigen Bürger ohne Land, gibt, dann ist das Adin Hassa. So zumindest empfindet es die Berichterstatterin bei ihren Begegnungen mit dem Liedermacher und Mundartautor. Mit „Komm, vazähl!“, dem dritten Band der „Mundartgeschichten aus Dorlach und dem Rest der Welt“, hat er Durlach und seinen Menschen erneut ein kleines Denkmal gesetzt.
Adin Hassa (*1956) ist Durlach bereits sein ganzes Leben verbunden. Vertrieben worden sei er durch die Mietpreise. Er lebt seit 2014 in Obermutschelbach, „Owwermutschelbach mit Betonung uff Owwer“, sagt er, „also in Bade, net in Unnermutschelbach - des wär Würddeberg. Un scho garnet in Middelmutschelbach, des wär nirgendwo …“
Für Durlacher Belange setzt er sich seit jeher ein. Der Erhalt der Orgelfabrik, hat geklappt, oder der Kinos in Durlach, hat nicht geklappt, und vieles andere waren seine persönlichen Anliegen. Sozial in weitestem Sinne und kulturell, „awwer net im Veroin“, engagiert er sich immer noch. Beim Kultursommer etwa verzichtet er zugunsten des Orgelfabrik-Vereins auf ein Honorar.
In Durlach ist er aufgewachsen, genauer, „in der Gagfah-Siedlung an der Grötzinger Straße am größten Freiluftspielplatz von Dorlach, am alten Steinbruch“, wie er es ausdrückt. Damals war es möglich, auch die Berichterstatterin ist dort einmal runtergefallen, am Steinbruch hinter den Häusern zu klettern, durchs Gebüsch zu toben, allerlei zu entdecken.
Adin Hassa besuchte die Schlossschule Durlach und anschließend die Friedrich-Realschule, die nach den damaligen Schulklassifizierungen eine „Mittelschule“ war. Dass er im Bismarck-Gymnasium in Karlsruhe in einen musikbasierten Oberstufen-Aufbauzug aufgenommen wurde, sieht er als „Glück gehabt. Ich habe in der Schule verpflichtend Instrumentalunterricht bekommen.“ So lernte er Gitarre, „ein Klavier war für meine Eltern zu teuer.“ Parallel entstand die Band „Letschebacher“, für die er Lieder schrieb und Gitarre spielte. Der erste Auftritt war bei einem der ersten Durlacher Altstadtfest Ende der 1970er Jahre.
Später studierte er Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Medienpädagogik in Freiburg und arbeitete an verschiedenen sozialen Brennpunkten in Karlsruhe. Und er begann, mit Kindern zu filmen. Als bei seiner Arbeit auf ihn geschossen wurde, beschloss er, sich umzuorientieren. „Mein Traumjob war Filmregisseur“, sagt er. Dem näherte er sich, indem er sechs Jahre als Kamera-Assistent arbeitet. Dort lernte er alles rund um den Film: Aufnahmeleitung, Drehbuch, Kamera, Schnitt, Regie … „Dann kam die Stadt Karlsruhe auf mich zu, ob ich nicht einen pädagogischen Lehrfilmdrehen könnte“, erinnert er sich. Er konnte. Und bewarb sich, hartnäckig und mit mehreren Anläufen, bei Medien-Institutionen, darunter das ZKM, Kabel-Fernsehen und SWR.
Besonders der SWR, der Südwestrundfunk, damals noch SWF, Südwestfunk, hatte es ihm angetan. Doch: Keine Reaktion auf seine Bewerbung. „Da war ich stinkig“, erinnert er sich. „Man kann doch wenigstens absagen.“ Aus dem Urlaub am Bodensee rief er beim Sendeleiter an, um sich zu beschweren- und bekam die erstaunliche Antwort, dass sein Gesprächspartner gedacht hatte, er habe schon lange dort angefangen. Das tat er dann auch in der darauffolgenden Woche. Von 1990 bis 2019 blieb er dort, war Leiter vom Dienst, plante, setzte die Idee um, Sendungen mit Film-Trailern anzukündigen. Nicht zuletzt war er daran beteiligt, mit vier weiteren Regisseuren und einem „genialen Chef“, wie er sagt, die heute noch erfolgreiche Spätnachmittagsendung „Kaffee oder Tee“ aus der Taufe zu heben. „Das war dann mein Meisterstück“, erinnert er sich. Inzwischen ist er Rentner und hat einen eigenen „Online Verlag“ für Comic-Schilder und Kalender. Außerdem sei er „spät zum Jungwinzer“ geworden und zum leidenschaftlichen Boule-Spieler. Und Durlach? Das ist noch immer seine Heimat. (rist)
Adin Hassa: Als ich Kind war, stammten die Menschen um mich herum meist aus vertriebenen Familien, etwa aus dem Banat oder Schlesien. In der Friedrichschule kamen viele aus den Bergdörfern und dem Pfinztal. Wir haben alle ein bisschen anders geredet. Ich bin also eigentlich gar kein Urbadner mit urbadischer oder urdurlacher Mundart.
Hochdeutsch wiederum ist eine schwierige Sprache. Meine Eltern wollten, dass ich sie lerne. Da ich nicht wirklich urbadisch kann, habe ich zuerst auf Hochdeutsch geschrieben. Dann hat sich das Badisch so eingeschlichen, meine Lieder waren zu Zweidrittel Hochdeutsch, zu Eindrittel Badisch. Irgendwann habe ich bemerkt, dass mir das Badische leichter fällt als das Hochdeutsche. Ich komme auf witzigere Ideen und Formulierungen. Eine Mundart bietet andere Freiheiten, nicht nur grammatikalischer Art, als Hochdeutsch und ich verfalle immer wieder ins Badisch.
Hassa: Das ist die Frage, die mir im Leben am allermeisten gestellt wird. Adin ist ein biblischer Name, den mein Vater, der, wie meine Mutter, leider sehr früh gestorben ist, dort entdeckt und ausgesucht hat. Was Hassa bedeutet, ist nicht ganz klar. Es könnte sein, dass es sich von Hesse ableitet, also jemand, der aus Hessen stammt.
Hassa: Ich habe viel Glück gehabt. Allerdings bin ich der Überzeugung, dass man dem Glück auf die Sprünge helfen muss. Ich habe schon immer versucht, etwas Ungewöhnliches zu machen.
Hassa: Dorlach liegt an einem verdammt begünstigten Platz auf diesem Planet. Man hat den Turmberg zum Nunnergugge. Man hat einen Ort mit genau der richtigen Größe und Einwohnerzahl und mit der passenden Kultur, Kneipen und Lokale. Durlach ist das Tor zum Schwarzwald. Es liegt nicht weit weg vom Rhein und das Elsass und die Pfalz sind mit dem Fahrrad gut zu erreichen. Sogar nach Karlsruh' kommt man schnell – wenn man denn wirklich will …Oberwald, Rittnertwald, Albtal alles ums Eck – Herz, was willst du mehr? Durlach ist lebhaft, aber nicht hektisch. Auch wenn man weggezogen ist, man bleibt Dorlacher, sogar auch über den Tod hinaus. Alles, was ich über Durlach denke und fühle, ist in meinen Liedern zu finden, die in meinen drei Büchlein versteckt sind. Ich zitiere: „Wer die weite Welt liebt – kennt Dorlach net … Und schtehn mol alle vor em Himmelstor, sagt Petrus: Lennd erscht mol die Dorlacher vor!".
(rist)