Einfach losgehen. Allein, zu Fuß, mit leichtem Gepäck – und offen für das, was kommt. Für Jasmin Zabler ist das Pilgern mehr als Wandern mit spirituellem Anstrich. Es ist ihr Weg, bei sich selbst anzukommen. Seit 2012 folgt sie immer wieder dem inneren Ruf, bricht auf, um unterwegs Antworten zu finden. Ihre Erlebnisse auf den Jakobswegen in Frankreich, Spanien, Deutschland und der Schweiz, aber auch auf dem stilleren Franziskusweg in Italien, hat sie in Texten und Fotografien festgehalten. Diese zeigt sie im Juni in einer Ausstellung in der evangelischen Stadtkirche Bad Wildbad.
„Pace e bene und ultreia“ – so hat die Künstlerin ihre Ausstellung genannt, zu der sie vom 1. bis 29. Juni einlädt. Gezeigt werden Bilder und Gedanken vom Gehen, vom Alleinsein, von intensiven Begegnungen und kleinen Wundern am Wegesrand. Die Ausstellung kann täglich zu den Öffnungszeiten der Stadtkirche besucht werden. Zwei besondere Termine bilden den Rahmen:
Die Vernissage am Sonntag, 1. Juni,beginnt um 17 Uhr mit einer erzählenden Lesung zum Franziskusweg. Musikalisch begleitet wird der Abend vom gemischten Chor Chorus Delicti der Musikschule Altensteig unter der Leitung von David Behm.
DieFinissage findet am Sonntag, 29. Juni, ebenfalls um 17 Uhr statt. Dann stehen die Jakobswege im Mittelpunkt – mit vielen Erlebnissen und persönlichen Eindrücken, ergänzt durch eine Fotoshow.
„Ich gehe fort, um bei mir anzukommen“, sagt Jasmin Zabler, die in Enzklösterle lebt und dort auch ihr Atelier betreibt. Ihre erste Pilgerreise begann 2012 – aus einer Lebenskrise heraus und mit einem Rucksack auf dem Rücken, der alles enthielt, was sie benötigte. Zwei Monate war sie unterwegs, über 1200 Kilometer, vom süddeutschen Tübingen bis ins spanische Santiago de Compostela. Seither ist das Pilgern fester Bestandteil ihres Lebens geworden.
Immer allein, immer zu Fuß, immer ohne festen Plan. „Ich benötige diese Zeit des Alleinseins, der Herausforderung, der Stille – und der Offenheit.“ Denn obwohl viele der Wege einsam sind – gerade der Franziskusweg von Florenz über Assisi nach Rom, den sie im vergangenen Jahr ging – entstehen unterwegs intensive Begegnungen. „Man trifft nicht viele Menschen, aber wenn, dann sind es meist sehr besondere Begegnungen.“
Ihre Fotografien zeigen keine Sehenswürdigkeiten, keine touristischen Highlights. Vielmehr fangen sie Stimmungen ein, Licht, Natur, Spuren, Umwege. „Es geht nicht darum, wo ich genau war – sondern wie ich mich dort gefühlt habe, was mir begegnet ist.“ Auch auf einem Blog hat sie unterwegs darüber geschrieben – über das, was ihr aufgefallen ist, wen sie getroffen hat, was sie bewegt hat. Ihre Ausstellung ist keine Reisedokumentation, sondern eine sehr persönliche Erzählung in Bildern und Worten.
Und es sind nicht nur die schönen Momente, die sie teilt. Jasmin Zabler spricht auch von Ängsten – etwa ihrer tief sitzenden Angst vor frei laufenden Hunden, die sie seit ihrer Kindheit begleitet. Doch auch das gehört für sie dazu: die Herausforderung, sich trotzdem auf den Weg zu machen. „Viele haben mir abgeraten. Es sei zu gefährlich, zu anstrengend. Aber ich wusste: Ich werde nur gesund, wenn ich gehe.“
Dabei wurde sie unterwegs immer wieder überrascht – von der Hilfsbereitschaft der Menschen, von kleinen Zeichen am Wegesrand, von Momenten, die sie nie vergessen wird. Etwa, als sie einem verletzten älteren Pilger auf dem Franziskusweg helfen wollte, aber selbst überfordert war – und plötzlich ein junger Mann aus dem Garten kam, Hilfe holte, Essen brachte, eine Unterkunft fand. „Ich bin noch nie stehen gelassen worden. Das Gute im Menschen zeigt sich unterwegs besonders deutlich.“
Neben dem Gehen ist auch das Gestalten für Jasmin Zabler ein Weg nach innen. In ihrem „Kuhstall-Atelier“ – einem früheren Stall in Enzklösterle – gibt sie Kurse für Kinder und Erwachsene. Gearbeitet wird mit dem, was die Natur bietet: Erde, Äste, Schneckenhäuser, Fundstücke vom Wegesrand. „Es geht darum, sich führen zu lassen, zu spüren, was gerade entstehen will.“ Auch ihre Bilder sind prozesshaft, intuitiv, experimentell – und genauso offen wie ihre Reisen.
Ein Kartoffelsack vom Hochmoor wird zur Bildfläche, Erde mit Acrylbinder zur Struktur, ein Ast zum Symbol. Das Werk „Todenacker“ etwa, besteht aus Naturmaterialien, wirkt abstrakt, roh – und tief. „Mich inspiriert die Natur auf einer sehr tiefen Ebene. Man kommt aus dem Kopf raus und wieder bei sich an.“
Wohin ihr nächster Weg sie führen wird, weiß sie noch nicht. „Vielleicht der Olavsweg in Skandinavien. Oder irgendwann sogar der Friedensweg nach Jerusalem.“ Die Angst vor der Ungewissheit ist da – und doch weiß sie: Wenn die Zeit reif ist, wird sich der Weg zeigen. So war es immer. (mm)