Am Samstagabend bot die voll besetzte Festhalle des PZNs Jazz auf höchstem Niveau. Klassische Weihnachtslieder, in Ton und Text komplett neu arrangiert, wechselten sich mit Eigenkompositionen ab. Im Zentrum stand die charismatische Sängerin Jessica Gall, die bereits zum zweiten Mal in Wiesloch gastierte. Die Musikerin gilt als eine der besten Stimmen Deutschlands. Ihr Ehemann Robert Matt am Klavier und Johannes Feige an der Gitarre unterstützten sie im Chorus. Andreas Henze war am Bass für die tiefen Töne zuständig. Ihr Programm „Mehr LICHT – Winterlieder“ soll die dunkle Jahreszeit erhellen.
Die Veranstaltung wurde von Susann Roßberg, der Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit des PZNs, eröffnet. Die Reihe „Jazz im PZN“ besteht seit 2016. Zweimal im Jahr treten hochkarätige Künstler, die bereits Preise gewonnen haben, im PZN auf. Ein Dank ging an die Geschäftsleitung, die die Veranstaltung sponsert. So sind moderate Eintrittspreise für Besucher und freier Eintritt für PZN-Patienten möglich. Ziel ist, gemeinsam und ohne Unterschiede einen schönen Konzertabend zu genießen. Mit dem Hinweis auf die besondere Umgebung der Festhalle begrüßte Roßberg den anwesenden Autor Hansi Rau. Sein kleines Buch zur 115-jährigen Geschichte des PZN-Geländes liefert interessante Hintergrundinformationen zu Gebäuden und Park.
Bevor die Band die Bühne betrat, setzte Prof. Dr. Stefan Gebhardt, künstlerischer Berater von „Jazz im PZN“, mit dem Jazzzitat „Dieser Abend ist für uns alle“ das Motto der Veranstaltung. Die vier Musiker eröffneten mit einem nachdenklichen Lied über das Licht, dem Thema des Abends. Danach sang Jessica Gall eine Variation von „Süßer die Glocken nie klingen“ und setzte originelle Akzente mit dem Xylophon. Auf „Es ist ein Ross entsprungen“ stimmte sie mit einer atmosphärischen Beschreibung ein. Vor 400 Jahren ging ein Mönch im Schnee spazieren und sah plötzlich eine blühende Rose. Das Erlebnis beschrieb er in dem bis heute weithin bekannten Weihnachtslied.
Bis dahin hatte im Publikum konzentrierte Stille geherrscht. Jetzt jedoch brauste mit der Eigenkomposition des Gitarristen Johannes Feige „Macht dem Wind die Tore auf. Lasst den Tagen ihren Lauf. Lasst den Winter walten“ ein Herbststurm durch das Auditorium. Das Lied, das Gall und Feige zusammen im Crescendo sangen, war klar eines der Konzerthighlights. Eine Atempause für das Publikum brachte eines der ältesten Weihnachtslieder. Wieder beschrieb die Sängerin eindringlich den Hintergrund des nächsten Liedes. Das getragene „Es kommt ein Schiff gefahren“ war zur Zeit des 30-jährigen Krieges bereits 300 Jahre alt. Gall zeichnete Parallelen von der Gegenwart zu den Menschen, die vor 400 Jahren die Hoffnung auf ein Ende des Krieges nicht aufgaben. Das Schiff sollte Licht in die dunkle Zeit bringen.
Nach „Vom Himmel hoch da komm ich her“, mit Xylophon und Gitarre melodisch variiert, folgte eine Eigenkomposition zum Thema Weihnachten. Das Lied über den Wunsch, dem allgemeinen Weihnachtsstress zu entkommen, traf den Nerv des Publikums. „Ich nehm mir frei in der Heiligen Nacht“ wurde mit stürmischem Applaus und Jubelrufen belohnt. Nach der Konzert-Pause ging es weiter einer Variation von „O, du fröhliche“. Als Gall „Maria durch ein Dornwald ging“ sang, konnte man deutlich spüren, dass es eines ihrer Lieblingslieder war. Zur Auflockerung ließ die Band ein Tourbuch durch die Reihen gehen. Ein Konzertbesucher brachte die Stimmung mit seinem Eintrag auf den Punkt: „Ein ganz besonderer Abend!“
Nach „Leise rieselt der Schnee“ bereitete Gall das Publikum für das nächste Lied vor. Rechts und links des Mittelgangs sollte das Publikum in unterschiedlichen Tonhöhen „Freut euch“ im Chorus singen. Gall betonte, dass nicht rechter gegen linken Teil des Saals, sondern „rechts MIT links“ gefordert sei. Die dezente politische Anspielung und Erinnerung an das Thema des Abends „Licht in dunkler Zeit“ wurde mit Applaus belohnt. Die folgende Eigenkomposition ging der Frage nach, was denn passieren würde, wenn der Weihnachtsmann die Lust an Weihnachten verlieren würde. „Oh Tannenbaum“ mit ansteigendem Gitarrensolo war ein regelrechtes Weihnachtsbaumbeben. Für „Kommet ihr Hirten“ wechselte Gitarrist Feige zur ruhigeren Akustikgitarre, um die Gemüter wieder etwas zu beruhigen.
Die Band verließ die Bühne, wurde jedoch schnell durch den tosenden Beifall, erste Standing Ovations und Zugaberufe zurück in den Saal gelockt. Während des gefühlvoll gehauchten „Have yourself a merry little Christmas“ spielte Gall einige Passagen auf dem Sopransaxofon. Das über 300 Jahre alte und mittlerweile als UNESCO-Weltkulturerbe gelistete „Stille Nacht“ bildete den Konzertabschluss. Das Publikum bedankte sich mit einem langen stehenden Applaus. Die Organisatoren dankten der Band, der Technik und allen, die tatkräftig mitgeholfen hatten, die Konzerthalle und das Catering vorzubereiten. Gerade noch rechtzeitig wurde das Programm für 2025 fertig. Mit „Alma Naidu“ im März und „Chinchilla Star“ im November werden auch im nächsten Jahr wieder ganz besondere Konzerterlebnisse geboten. (ch)