Trockenmauern wurden früher als Schutz gegen abrutschende Erdmassen und zur Terrassierung errichtet. Als Baumaterial diente anstehendes Gestein. In den Schriesheimer Weinbergen ist es der Buntsandstein und Porphyr, im Kraichgau der Muschelkalk und im Mittleren Neckarraum der Keupersandstein. Die Steine wurden einzeln händisch in einem senkrechten Puzzle ohne Bindemittel aufgeschichtet. Beim Setzen der Fundamentsteine wird die ideale Neigung von 10 bis 15 Grad festgelegt. In den Ritzen finden unzählige Kleinlebewesen wie Insekten, Spinnen, Echsen, Amphibien, Vögel und Kleinsäuger einen idealen Lebensraum. Eidechsen „saugen“ morgens die ersten Sonnenstrahlen auf, Kleinsäuger wie das Mauswiesel starten von hier ihre Beutezüge. Auch eine bunte Vielfalt von Pflanzen gedeiht auf und an der Mauer. Trockenmauern weisen ein spezifisches Mikroklima auf. Temperaturunterschiede von 40 Grad zwischen Außen- und Innenseite der Steine sind im Sommer möglich. Der Flurbereinigung fielen/fallen viele artenreiche Trockenmauern zum Opfer. Wer durch die Schriesheimer Weinberge wandert, erkennt die Artenarmut der Betonmauern, die anstelle der klassischen Steinmauern errichtet wurden. Ilvesheim kann zwei Trockenmauern aufweisen, beide vom Vogelschutzverein angelegt. Vor der Bücherei steht eine Minimauer als Anschauungsbeispiel, auf der Vogelweide gedeihen auf der Mauerkrone Karden, Nachtkerzen und Wollziest. Ein Muss für Wollbienen und kräuterliebende Hasen.
Jürgen Schnepf