Zum zehnten Mal hat der Bund der Selbstständigen Gerlingen seine Messe rund um das Rathaus veranstaltet. Diesmal kooperierte der Verein zudem mit der Stadt für das Format „Messe meets Musiksommer“.
„Gleich noch einmal in eine Gondel, Papi! Danach auf das Kinderkarussell, zur Freiwilligen Feuerwehr und was essen!“ Lukas, mit seinem Papa aus Rutesheim gekommen, ist nicht zu halten. Der Zehnjährige zeigt auf all die Fahrzeuge der Schausteller und die Foodtrucks mit den Leckereien, die sich da auf dem Rathausplatz aneinanderreihen. Um sich dann wieder dem Riesenrad zuzuwenden, das ihn so begeistert. Es ist das weithin sichtbare Wahrzeichen der Gerlinger Messe. Zu der hat der Bund der Selbstständigen (BdS) Gerlingen e.V. am Wochenende vom 19. bis 21. Juli zum zehnten Mal geladen, inklusive erstmals zu einer Job- & Azubi-Messe. Rund um das Rathaus, in der Stadthalle sowie draußen auf der Haupt- und Urbanstraße präsentierten sich über 80 Ausstellende flankiert von einem großen Rahmenprogramm voller Vorträge und mitreißender Songs. Lautete doch das Motto: „Messe meets Musiksommer“. Die Stadt Gerlingen kooperierte mit dem BDS Gerlingen e.V.
Musik vom Feinsten
Und so startete schon vor der offiziellen Eröffnung die After-Work-Party am Donnerstag mit einer Stuttgarter Funk-Soul-Ikone: Die Band Upfunkcoolo spielte auf der Showbühne des Rathausplatzes. Und die Party sollte bis zum Sonntagabend weitergehen, die zahlreichen Besucherinnen und Besucher sangen und tanzten zu den packenden Auftritten quer durch die musikalischen Genres von Abba World Revival Freitag, Mad Chick of Soul, VIP’S, der KSG Kinder Hip Hop-Truppe, Jms Hidden Champions, der Jugendkapelle Musikverein Gerlingen sowie der Stadtkapelle Gerlingen. Apropos, neben Fingerfood und Sekt gab es auch Musik vom Feinsten bei der offiziellen Eröffnung des Events – lebendig moderiert von Benjamin Layer – am Freitag im Festzelt vor der Stadthalle: Jazz im New Orleans Stil boten Dozenten der Jugendmusikschule, darunter unter anderem Schulleiter Udo Will, die sich einen Star der Kontrabassistenszene als Verstärkung geholt hatte: „European AllStar“ Mini Schulz, seiner vieler Zeichen auch seit langem künstlerischer Leiter des Jazzclubs BIX.
Viel Prominenz im Festzelt zur Eröffnung
Im schmucken, weißen Zelt war er nicht der einzige Prominente. Der CDU-Bundestagsabgeordnete des Landkreises Ludwigsburg, Steffen Bilger, war gekommen, aus der baden-württembergischen Landespolitik gaben sich die Ehre Markus Rösler (Grüne), Vorsitzender des Arbeitskreises Finanzen, CDU-Fraktionsvorsitzender Manuel Hagel, Rainer Wieland, bis 2024 Mitglied des Europäischen Parlaments, sowie Bettina Schmauder, BDS-Präsidentin Baden-Württembergs. Und selbstredend tummelten sich zahlreiche Gemeinderätinnen und Gemeinderäte unter den bestens gelaunten Messegästen. Die begrüßte Thomas Schimek, seit 2008 Vorsitzender des BdS Gerlingens, mit launigen wie ernsthaften Worten: „Wir müssen für mehr Garagen sorgen, davon gibt es zu wenige in Gerlingen und im Landkreis“, so der Architekt und Stadtplaner. Bill Gates und manch andere Firmenlenker hätten bekanntlich einst in einer solchen als „Start-up“ begonnen. Gerade die KMUs, die kleinen und mittleren Unternehmen, hielten das Land und das Ländle am Laufen. „In Deutschland gab es in 2020 circa drei Millionen Unternehmen, die bis eine Million Umsatz machten. Dagegen zählte man 14.318 Unternehmen, das sind 0,4 Prozent, die bis 50 Millionen Umsatz generierten.“ Die KMUs seien das Rückgrat der Wirtschaft, trügen maßgeblich zum Erfolg der Städte bei. Darum brauche es in Zeiten der Digitalisierung und des Wandels noch Messen wie die in Gerlingen, weil sie Zusammentreffen, Kennenlernen und Austausch ermöglichen. „Messen sind die Gelegenheit zum Netzwerken und Austausch – und auch von Start-ups zu lernen. Diese agilen Unternehmen sind oft Vorreiter in Sachen Digitalisierung, Kreativität und Flexibilität. Die Antwort liegt in der Verbindung von Tradition und Moderne.“
Herausragendes Engagement
Das griff auch Gerlingens Bürgermeister Dirk Oestringer auf, daran erinnernd, dass die lokale Messe 1995 vom damaligen BdS-Vorsitzenden Horst Bischoff gegründet wurde. Bereits damals habe es ein Riesenrad in der Stadt gegeben, während die größeren Städte in der Nachbarschaft derlei erst später aufstellten. „Gerlingen war Jahrzehnte voraus. Schön, wenn andere unsere Ideen aufgreifen.“ Für ihn sei es die erste Messe, so Oestringer seine Vorgänger im Amt erwähnend. „Die Stadt hat den BdS sehr gerne unterstützt.“ Die Messe zeige, was Gerlingen ausmache und warum es beim Heimat-Check 2023 der Stuttgarter Zeitung zur beliebtesten Kommune im Strohgäu gekürt wurde. Neben der Lage engagierten sich Bürgerinnen und Bürgern auf herausragende Weise ehrenamtlich, es gäbe zahlreiche Vereine, auf Augenhöhe begegneten sich Bürgerschaft und Verwaltung – und natürlich die Wirtschaft mit ihren Arbeitsplätzen. „Mit knapp 20.000 Einwohnern hat Gerlingen mehr Ein- als Auspendler“, so Oestringer, um Bundestrainer Julian Nagelsmann zu erwähnen. Der hatte nach dem Ausscheiden der Nationalmannschaft gesagt, dass manche nicht realisierten, in welch schönem Land sie lebten, landschaftlich und kulturell. „Kurzum, nicht immer meckern, alles ist schlecht, die anderen sind verantwortlich, sondern machen.“
Lokale Identität
Dass das der BdS Gerlingen vorbildlich tue, betonte Bettina Schmauder in ihrem Grußwort. Die KMU, die Bäcker, Metzger, Schreiner, Apotheker, Dienstleister und was alles dazu gehöre, sorgten nicht nur für belebte Innenstädte und Jobs. „Das schafft lokale Identität, beste Standortfaktoren, die über Gerlingen hinausstrahlen.“ Eine Vorlage, die Markus Rösler aufnahm, der aus einer alteingesessenen Wengerter- und Obstbauernfamilie Gerlingens stammt. „Als Grüner schlägt mein Herz für dezentrale Strukturen“, unterstrich er, dann den italienischen Dichter Dante Alighieri zitierend „Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt.“ Und hier werde gehandelt.
Verantwortung für sich und andere übernehmen
Festredner Manuel Hagel krempelte denn demonstrativ die Ärmel seines Hemdes hoch, freilich auch, weil es das Wetter an diesem Tag sehr gut meinte. Das was der BdS hier ehrenamtlich und höchst kreativ alles auf die Beine stelle, sei von großer Bedeutung, lobte der Landtagsabgeordnete. Es zeige, dass die soziale Marktwirtschaft kein Modell für Ich-linge sei, was Unternehmertum sowie Selbstständigkeit bedeuteten: „Verantwortung für sich und andere zu übernehmen – keine Viertagewoche, sondern selbst und ständig, um etwas zu bewirken und zu erreichen, nicht den Staat alles regeln lassen.“ Fleiß und Anstrengung seien Freude. Schon historisch habe sich das Unternehmertum um den Marktplatz herum aufgebaut, der Kern eines Gemeinwesens, essentiell für lebendige Innenstädte. Doch der stationäre Einzelhandel sei angesichts der Zeichen der Zeit wie Fachkräftemangel, fehlende Nachfolgerinnen und Nachfolger in Familienunternehmen, Kostensteigerungen, Onlinehandel stark unter Druck. Wenn also alle laut Umfragen für regionale Produkte seien, dann sollten sie diese auch unterstützen.
Breites Spektrum an Themen
Das Interesse an den Messeständen war groß. Menschen aller Generationen flanierten durch die Gänge und auf dem Freigelände, um mit den Ausstellenden ins Gespräch zu kommen, deren Produkte, Angebote und Jobs kennenzulernen. Da gab es viel zu entdecken, waren doch die Themen breit gefächert: Das Spektrum reichte von Architektur, Bauen, Banken, Feuerwehr und Fotografie über Innenausbau, Haushalt, Heizung, Haus- und Klimatechnik und Kommunikation bis zu Medizintechnik, Sanitär, Soziales, Sport, Verlag, Verwaltung und Werbung. „Die Messe war ein großer Erfolg“, freut sich Thomas Schimek. „Die Innenstadt hat sich zu einem öffentlichen Wohnzimmer verwandelt, in dem sich die Menschen lebhaft austauschten und auch netzwerken konnten. Viele Gerlingerinnen und Gerlinger waren jeden Tag da! Das ist eine große Auszeichnung.“
Petra Mostbacher-Dix