Gegen Warzen, Überbeine und Schwellungen gab es im Volk viele magische Sprüche und Praktiken. Hier zitiere ich zwei Rituale aus unserer Gegend:
„Wenn Jemand Warzen oder sonst ein Gewächs hat, so muß er in die Kirche gehen und Acht geben, ob nicht zwei mit einander sprechen. Sieht er das, so muß er die Warze anfaßen und sprechen:
Was ich sehe, ist eine Sünd,
Und was ich greife, das verschwind`!
Im Namen Gottes u.s.w.“
(Ernst Heinrich Meier, Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben“, Nr.458; die originale Schreibweise ist beibehalten.)
Das zweite Beispiel:
„Gegen Warzen: Bei Warzen nimmt man eine rothe Schnecke, bestreicht damit die Warze und steckt die Schnecke auf einen Weißdorn. So wie die Schecke vergeht, vergeht auch die Warze.“
(Ernst Heinrich Meier, Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben“, Nr.459; die originale Schreibweise ist beibehalten.)
Wenn wir solche Zaubersprüche oder Rituale der Vergangenheit ins Auge fassen, ist neben der allgemeinen Hilflosigkeit, weil keine ärztliche Versorgung zur Verfügung stand, und der Vermischung von Glauben und Aberglauben dies das dritte Merkmal: Es wurden starke negative Gefühle erzeugt, die üblicherweise beim Quälen oder Töten von Tieren entstanden. Im zweiten Beispiel soll eine rote Nacktschnecke auf einen Dorn gespießt werden. Vor Jahren erzählte mir ein Waldenbucher, dass er selbst noch als Kind Ähnliches um Mitternacht praktiziert habe. Von solchen Praktiken auch nur etwas zu erfahren, verstört die Gefühlswelt von Menschen; mich beim Schreiben oder Sie beim Lesen mag es schaudern. In früheren Zeiten war so etwas leider üblich. Wie harmlos oder lächerlich erscheint es heute, wenn abergläubige Zeitgenossen etwa bei der Erwähnung einer Krankheit dreimal auf Holz klopfen und „unberufen“ sagen, um die erwähnte Krankheit fernzuhalten.
S. Schulz