Am vergangenen Wochenende (16.08. und 17.08.) sowie am darauffolgenden Montag (18.08.) verwandelte sich der Marktplatz sowie die Martin-Luther-Straße im Neckarelzer „Unterdorf“ wieder in einen lebendigen Treffpunkt für Jung und Alt. Das traditionelle Fest der Kirchweihe, die „Kerwe“, organisiert vom Heimatverein Neckarelz-Diedesheim, der Handballabteilung „PiranHAs“ Neckarelz und dem VfK Diedesheim, lud Besucher von nah und fern zu drei Tagen voller Geselligkeit, Musik, Genuss und buntem Markttreiben ein.
Die „Kerwe“ ist seit Generationen ein fester Bestandteil des Neckarelzer Veranstaltungskalenders. Sie steht nicht nur für ausgelassene Stimmung, sondern auch für gelebte Gemeinschaft. Die Mitglieder des Heimatvereins sowie zahlreiche Vereine und ehrenamtliche Helfer sorgen dafür, dass das Fest jedes Jahr aufs Neue die hohen Erwartungshaltungen erfüllt. In diesem Jahr war das Programm wieder eine gelungene Mischung aus bewährten Traditionen und frischen Akzenten.
Der offizielle Startschuss fiel am Samstag um 17 Uhr. Der Männergesangverein Neckarperle mit seinem Dirigenten Rupert Laible intonierte zum Auftakt den Weg des Weines „Von der Traube in das Fass“, die Flasche sowie Kehle und Magen.
Bei der Begrüßung erwähnte Paul Bley, der Vorsitzende des Heimatvereins, vor allem Oberbürgermeister Julian Stipp sowie die gekommenen Gemeinderäte. Er dankte allen Helfern, vor allem Marcel Koos als Veranstaltungsmanager. Er sprach die Tradition an, die sich in Neckarelz mit der „Kerwe“ verbindet, die sich im Laufe der Zeit aber gewandelt sowie modernisiert und für viele Besucherinnen und Besucher geöffnet habe.
Oberbürgermeister Julian Stipp konnte nach seiner Armverletzung den Fassanstich wieder selbst vornehmen, was ihm mit vier Schlägen und etwas versprühtem Nass auch gut gelang. Er betonte, dass Traditionen sehr wichtig seien, insbesondere in turbulenten Zeiten, in denen die Welt aus den Fugen zu geraten scheint. Sein Dank richtete sich daher vor allem an die veranstaltenden Vereine wie auch die Besucher, denen er frohe Festtage wünschte. Klaus Wunderlich von der Brauerei Herbsthäuser hatte – wie schon des Öfteren – ein 30-Liter-Fass helles Bier mit Erfrischungscharakter und geringem Alkoholgehalt gespendet.
Im Anschluss begab sich Stipp mit Gemeinderäten sowie mit Paul Bley auf einen ersten Rundgang entlang der Stände.
Parallel zum Geschehen auf der Festmeile fand wieder der große Flohmarkt von Betreiber Alexander Räbiger auf dem nahe gelegenen Messplatz zum Stöbern und Feilschen statt. Hier konnten Besucher zwischen Raritäten, Sammlerstücken und praktischen Alltagsgegenständen fündig werden. Ob für Schatzsucher oder Gelegenheitsbummler – Flohmarkt hat seit jeher viele Fans und ist schon dadurch weit mehr als nur ein Rahmenprogramm. Räbiger äußerte sich in Anbetracht der Urlaubszeit und der großen Hitze, vor allem am Samstag, weitgehend zufrieden mit der Resonanz.
Heimatvereinsvorsitzender Bley sah mit einem gewissen Stolz auf das wiederum vielfältige Marktangebot. Der Flohmarkt sei ein Magnet der Nachhaltigkeit, weil so vieles, was noch einen guten Nutzwert hat, ansonsten „auf dem Müll landen“ würde.
Auch für das leibliche Wohl war an allen Festtagen bestens gesorgt: Unter dem Motto „Kulinarische Vielfalt“ boten die verschiedenen Stände eine breite Auswahl – von herzhaften Klassikern der Region bis hin zu internationalen Spezialitäten.
Bei den Ständen des Heimatvereins erläuterte Walter Koos, dass er den Krustenbraten schon mehrere Tage vorher zu Hause vorbereitet und mit einer Kerntemperatur – also im Inneren des Bratens – von 70 Grad vorkocht. Dadurch ist er beim Fest durchgegart und wird nur noch „kross“ gebraten. Auch Kaffee und Kuchen waren reichlich und durchweg frisch gebacken vorhanden.
Abends sorgte die „Bembel-Bar“ der „PiranHAs“-Handballer für erfrischende Getränke und gesellige Stimmung. Neben „Mocktails“ ohne Alkohol wurden auch klassische Cocktails mit Alkohol, u. a. mit dem Titel „Herzrasen“, serviert.
Samstagabends spielte die Gruppe „New Band in Town“ aus Mosbach, die seit 2015 auftreten, eine mitreisende Livemusik. Sie boten ein abwechslungsreiches Repertoire aus Rock- und Pop-Cover aus fünf Jahrzehnten und begeisterten die Zuschauer mit ihrem fetzigen Sound bis um Mitternacht.
Anlässlich der „Kerwe“ nahm Gästeführer Roger Dell Interessierte mit auf eine Zeitreise durch die früher eigenständige Gemeinde Neckarelz, die heute Stadtteil von Mosbach ist. Umfasst waren dabei u. a. auch der Hafen sowie die heutige Jugendherberge. Entwicklungen der einst von Römern sowie später von Rittern und Burgherren geprägten Gemeinde zeigte Dell mit Schwerpunkten bei der Industrialisierung auf. Ebenso ging er auf die Wohnverhältnisse und Kulturlandschaft im Laufe der Zeit ein.
Der Sonntag stand ganz im Zeichen der Familie. Die Feiern begannen mit einem festlichen Gottesdienst mit Diakon Erich Luffer, der unter freiem Himmel gehalten wurde. Er bot einen besinnlichen Moment, um innezuhalten und Gemeinschaft zu erleben.
Im Anschluss übernahm die Bläsergruppe Gundelsheim die musikalische Unterhaltung und sorgte für festliche Stimmung.
Kulinarischer Höhepunkt des Tages war ein Spanferkel vom offenen Feuer, das „bis zum letzten Bissen“ verspeist wurde. Für die jüngsten Besucher gab es an beiden Tagen ein buntes Kinderprogramm mit vielen Möglichkeiten zum Spielen. Gerade die Hüpfburg war ein Dauerbrenner, schon für die Kleinsten, die gerade erst laufen konnten. Auch das Kinderkarussell hatte seine Fahrgäste. Die dreijährige Emilia war davon so begeistert, dass ihr Opa gleich sechs Tickets für sie kaufen musste.
Der „Kerwe“-Montag begann kulinarisch. Während es beim Heimatverein den beliebten Krustenbraten gab, servierten die Handballer ihre traditionelle Ochsenbrust mit Meerrettichsoße – ein Gericht, das viele Stammgäste jedes Jahr aufs Neue anzieht und wie immer dafür sorgte, dass kaum ein Platz unbesetzt blieb.
Für die Neckarelzer „Kerwe“ markiert der Montag seit jeher den gemütlichen Ausklang der Festtage. Viele Besucher kommen von den Firmen der Umgebung, man trifft sich im Zelt oder auf dem Marktplatz, tauscht Erlebnisse aus und freut sich bereits auf das kommende Jahr.
Die Neckarelzer „Kerwe“ ist weit mehr als eine Reihe von Programmpunkten – sie ist ein lebendiges Stück Heimat, die seit jeher zum Kern des heimischen Brauchtums gehört. Hier begegnen sich alte Bekannte, neue Freundschaften entstehen, und die Ortsgemeinschaft rückt ein Stück näher zusammen. Gerade in einer Zeit, in der persönliche Begegnungen wieder an Bedeutung gewinnen, zeigt das Fest, wie wichtig solche Anlässe für das Miteinander sind. (rb)