Heutige und künftige Generationen finden darin Informationen, Recherchematerial und Interessantes. Deshalb ist es wichtig, dass sich jemand um die Ordnung im Stadtarchiv kümmert.
Das ist allerdings gar nicht so einfach, denn über die Jahre kommen unzählige Unterlagen, Schriftstücke, Zeitungsausschnitte, Briefe und Bilder zusammen, die gesichtet, gesichert und sortiert werden müssen. Die Kommunen im Landkreis Calw greifen daher gemeinschaftlich auf das Fachwissen und das Engagement von Alessandro Cece zurück. Er ist im Kreisarchiv Calw für die kommunale Archivpflege zuständig. Eineinhalb Jahre hat er gebraucht, um jedes einzelne Blatt aus dem Wildberger Stadtarchiv in die Hand zu nehmen, zu sichten und – auch das gehört zur Archivpflege dazu – zu entscheiden, ob es archivwürdig ist oder nicht.
Das Ergebnis seiner Arbeit brachte Alessandro Cece vergangene Woche im Wildberger Rathaus vorbei. In drei Findbüchern ist genau notiert, was wo zu finden ist. Die Archivalien liegen sauber sortiert in Kisten – aktuell im Rathaus in Effringen. Nach dem Abschluss der Sanierung des Gültlinger Rathauses wird ein Teil des Archivs wieder dorthin zurückziehen.
Wieder „zuhause“ in Wildberg, kümmert sich Ulrike Weskamp um die Unterlagen. Sie ist für das Archiv sowie die Registratur zuständig und hat den Überblick, wo in den Ordnern und Kisten gesuchte Informationen zu finden sind. Diese sind derzeit auf das Rathaus in Wildberg, das Stadtbauamt, das Rathaus in Effringen sowie das Dorfgemeinschaftshaus in Schönbronn aufgeteilt.
„Das Archiv stellt die Geschichte unserer Stadt dar. Deshalb ist es wichtig, dass alles gut, ausreichend und ordentlich dokumentiert und gelagert wird“, stellte Bürgermeister Ulrich Bünger bei der Übergabe der Archivunterlagen fest. Die Stadt leiste ihren Beitrag unter anderem, indem sie in die Räumlichkeiten im Gültlinger Rathaus investiere. In Alessandro Cece habe man jemanden gefunden, „der fachlich kompetent entscheidet, was gehört wohin.“ Denn, so Bürgermeister Bünger: „Es geht darum, Stadtgeschichte zu dokumentieren.“
Alessandro Cece erklärte bei der Übergabe, nach welchem System die Unterlagen nun geordnet und die Archivalien über die Findbücher wortwörtlich zu finden sind. Gegenstand seiner Arbeit waren Unterlagen aus dem Archiv, die im Gegensatz zu Akten in der Registratur nicht mehr aufbewahrt werden müssen. Dennoch hat die Stadt natürlich ein Interesse daran, ihre Geschichte in dieser Form zu erhalten und Interessierten zugänglich zu machen. Kernaufgabe von Alessandro Cece war es daher, zu entscheiden, was eine geschichtliche Relevanz besitzt und was vernichtet wird. Alles zu behalten wäre schlicht nicht möglich. Zu den Aufzeichnungen, die nun gut sortiert nach Wildberg zurückkehrten, gehörten nützliche Dinge wie Pläne und Karten zum Kanalsystem und zum Straßenbau sowie zu früheren Standorten einer Tankstelle (dort könnten sich noch Tanks im Boden befinden). Es gibt aber auch Unterlagen, die besondere Abschnitte der Stadtgeschichte beleuchten.
Besonders fasziniert hat Alessandro Cece die Geschichte der Wildberger Schlossanlage, zu der er einige Unterlagen in Händen gehalten hat, die vom Kauf durch die Stadt in den 1910er Jahren bis zur Zerstörung reichen. Etwa drei Aktenmeter hat er hierzu sorgfältig gelesen. In diesen fanden sich mitunter ebenso bewegende wie erschütternde Dokumentationen und Briefe aus der Zeit als Sanatorium sowie als Mütterheim in der Hand der Nationalsozialisten. Beeindruckt zeigte er sich aber auch von der großen Sammlung von Felix Schweitzer, der als Mitarbeiter der Stadtverwaltung und Heimatforscher einige Unterlagen erhalten hat. Dazu komme eine außergewöhnlich große Fotosammlung, insbesondere für den Stadtteil Sulz am Eck sei diese gigantisch.
Das Stadtarchiv von Wildberg ist damit für die Jahre von 1949 bis 1999 vollständig erschlossen. Das schließt die Geschichte der Stadtteile ab der Gemeindereform in den 1970er Jahren mit ein. Hierin finden sich aber auch ältere Unterlagen, je nachdem, worauf Alessandro Cece in den vielen Kisten stieß – und abhängig davon, welche Vorarbeit der ehemalige Kreisarchivar Jürgen Rauser bereits geleistet hatte. Rund 35 Aktenmeter können dank dem entsprechenden Findbuch nun zur Gesamtstadt durchforstet werden. Auch der Stadtteil Gültlingen ist aus Archivsicht nun gut erschlossen, was die Jahre 1945 bis 1973 angeht. Hier sind 27 Aktenmeter im Findbuch zusammengefasst.
Eine Besonderheit in Wildberg ist natürlich der Schäferlauf. Dieser hat ein eigenes Findbuch erhalten, welches die Jahre 1950 bis 2016 übersichtlich zusammenfasst und mitunter auf Schätze wie Briefe des Wildberger Ehrenbürgers und Festspiel-Autors Eugen Memminger verweist. Rund zehn Aktenmeter zu diesem Kulturgut stehen im Stadtarchiv der Schäferlaufstadt. Unterm Strich ist etwa ein Viertel der an Alessandro Cece übergebenen Unterlagen übrig geblieben – die nun, wie es Ulrich Bünger auf den Punkt brachte, gesichtet, gesichert und mit den Findbüchern gezielt auffindbar sind.
Wildberg ist die sechste Kommune im Kreis Calw, welche die Dienste von Alessandro Cece in Anspruch genommen hat. Und er ist begehrt: Bis 2032 ist er aktuell ausgebucht. Alle Kommunen nehmen seine Archivpflege-Dienste in Anspruch, lediglich Calw und Nagold kümmern sich selbst um die analoge Archivpflege, die digitale Archivpflege kann nur die Stadt Nagold selbst leisten.