Auch für uns Schachspieler gilt der Spruch des legendären Fußballtrainers Sepp Herberger: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“. Dies gilt natürlich auch für die ganze Schachsaison. Eigentlich eine Binsenwahrheit, denn welcher Turnierspieler beschäftigt sich nicht beinahe täglich mit Schachtheorie und dem Nachspielen von Meisterpartien oder der Analyse eigener Verlustpartien. Bei eigenen Gewinnpartien könnte man der irrigen Meinung sein, alles in der Partie richtig gemacht zu haben.
Die Trainingsabende Freitag von 18.30 bis 22.00 Uhr im Clara-Zetkin-Haus sind relativ gut besucht, immer wieder stoßen „Schächer“ zum SC Sillenbuch, seien es „bloody tyros“ vom ehemaligen WM Lasker, sogenannte blutige Anfänger, oder Verstärkung für die 1. Mannschaft wie Stefan Roth, der von Kaiserslautern nach Sillenbuch gewechselt ist. Durch ihre Turnierteilnahme gestählt wurden Dr. Heinrich Motzer bei der Vorrunde zur Deutschen Amateurmeisterschaft in Darmstadt sowie Martin Strauß und Max Stadtmüller beim offenen Turnier von Oeffingen, alle drei Spieler mit guten Ergebnissen.
Als Organisator betätigt sich zum zweiten Mal unser junger Schachfreund Max Stadtmüller, der zum Blitzturnier am 12.07.2024 um 19 Uhr in den Räumen des Clara-Zetkin-Hauses eingeladen hat. Unterstützung erfährt er von Bastian Cancedda, von Konstantin Herzig (als Schiedsrichter) und von Günter Mößner. Gespielt wird im Modus: 3 Minuten pro Partie und einem Bonus von 2 Sekunden pro Zug. Vorgesehen sind 13 Runden im Schweizer System. Anmeldungen an: schachturniere @gmail.com
Die Schlachten in der Bundesliga bis hinunter in die C-Klasse sind geschlagen, bei den Männern wurde Abonnementmeister Baden-Baden von Viernheim als Deutscher Meister abgelöst, bei den Frauen hat sich Vorjahresmeister Schwäb. Hall durchgesetzt. Aufsehen erregt hat der Kultverein St. Pauli, dem als Aufsteiger in die Bundesliga unerwartete Hilfe zuteilwurde. Grund dafür ist die Existenz eines Schachfreaks namens Jan Henric Buettner, der durch allerlei Geschäfte sehr vermögend geworden ist (man spricht von einem 3-stelligen Millionenvermögen). Buettner hat das an der Ostsee gelegene Weissenhaus-Anwesen gekauft und es zu einem edlen Luxusresort ausgebaut. Dort hat er nach einem Treffen mit dem weltbesten Spieler Magnus Carlsen ein sogenanntes Freestyle-Turnier organisiert (beim Freestyle wird entgegen den Regeln beim klassischen Schach vor Beginn der Partie die Aufstellung der Schachfiguren auf der Grundlinie ausgelost). Buettners Aktivitäten gingen weiter. Als Hamburger und Fan des Kiezclubs St. Pauli hat er Ex–Weltmeister Carlsen überredet, beim Bundesliga-Aufsteiger anzuheuern. Dem nicht genug, hat er weitere hochkalibrige Großmeister an die Reeperbahn geholt. Das bedeutet, dass unser ehemaliger Schachschüler Aljoscha Feuerstack in der neuen Saison zusammen mit dem G.O.A.T (Greatest Of All Times) spielen wird.
Vom Fußball kennt es jeder, vom Schach ist es nicht so bekannt, die Bundesliga als stärkste Liga der Welt lebt in dieser Form von der Geldspritze der Sponsoren. Das Märchen vom lupenreinen Amateursportler ist längst ausgeträumt, der Schachsport ist in der schönen, neuen Welt angekommen, die frisch-fromm-fröhlichen Tage von Turnvater Jahn sind vorbei. Bezeichnend ist ein Zeitungsartikel aus den 1970er-Jahren. Er beschäftigt sich mit dem Wunderläufer Gundar Hägg, der, nachdem er 10 Weltrekorde aufgestellt hatte, aus den schwedischen Wäldern in den Sumpf des Geldes geriet und auf Lebenszeit gesperrt wurde. Ältere Zeitgenossen erinnern sich vielleicht noch an den Läufer Jim Thorpe, der ebenfalls gesperrt wurde, nachdem er sich zu einem Wettrennen gegen ein Pferd hatte überreden lassen und dafür Geld erhalten sollte - Tempi passati.
Über Taktik und Strategie beim Schach klärt uns Dr. Savielly Tartakower auf: „Der Taktierer muss wissen, was er zu tun hat, wenn es etwas zu tun gibt; der Stratege muss wissen, was er zu tun hat, wenn es nichts zu tun gibt“.
Hans-Ulrich Jäger