Liebe Leserinnen, liebe Leser, am 20. April 2025 geschieht etwas Besonderes: Christen aller Konfessionen feiern dieses Jahr am selben Tag das Osterfest. In einem Jahr, in dem sich gregorianischer und julianischer Kalender in der Berechnung von Ostern überschneiden, vereinen sich Kirchen weltweit in der Feier der Auferstehung Jesu Christi.
Für viele Menschen ist das Osterdatum eine Selbstverständlichkeit – es steht ja im Kalender. Doch die Berechnung ist komplex und wurzelt in den ersten Jahrhunderten der Kirchengeschichte. Das Konzil von Nizäa legte vor genau 1700 Jahren fest, dass Ostern am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert wird.
Doch der Kalenderwechsel von Julianisch auf Gregorianisch führte dazu, dass westliche und östliche Kirchen oft an unterschiedlichen Tagen feiern. 2025 fällt dieses Datum jedoch für alle zusammen. Immer wieder gibt es Bestrebungen, ein gemeinsames Osterdatum zu etablieren. Eine ökumenische Tagung in Genf Anfang 2024 brachte erneut einen Vorschlag dazu auf – ob er angenommen wird, bleibt abzuwarten.
Freuen wir uns darüber, dass wir in diesem Jahr mit allen Christen weltweit am selben Tag Ostern feiern. Viele Menschen verbinden mit Ostern Schokolade, Eier und Frühlingsgefühle. Doch das eigentliche Ostergeheimnis beginnt mit einer unerwarteten Leere: Frauen, die am Ostermorgen das Grab Jesu aufsuchen, finden es leer vor. Die Osterbotschaft ist eine radikale Hoffnung: Der Tod hat nicht das letzte Wort. In Zeiten globaler Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche erinnert Ostern daran, dass neues Leben möglich ist. Dietrich Bonhoeffer, dessen Todestag sich am 9. April zum achtzigsten Male jährte, schrieb im März 1940:
„Die Auferstehung Jesu Christi ist Gottes Ja zu uns. Das ist Gottes Ja zur neuen Kreatur mitten in der alten.“ Bonhoeffer glaubt an ein neues Leben ganz anderer Art, das nicht bedroht wird von Krankheit, Schmerzen und Tod. Er glaubt an ein Leben, das auch nicht durch Gewalt zerstört werden kann, wie er sie in den Kriegsjahren mit ansehen und miterleben musste und wie er sie an sich selbst über viele Monate in der Haft erfuhr.
Ich denke, Bonhoeffer war davon überzeugt, dass Gott für Gerechtigkeit sorgt und die Opfer ins Recht setzt. So wie Gott Jesus, der Opfer menschlicher Gewalt geworden ist, aus dem Tod herausholt und erhöht – in einem neuen Leben, so wird er auch ihn zu einem neuen Leben berufen. Darum kann er kurz vor seiner Hinrichtung auch sagen: „Für mich ist dies das Ende. Aber auch der Beginn.“ Bonhoeffer hat an der Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod festgehalten und an der Erfahrung von Glück inmitten des Leids. So schrieb er zu Weihnachten 1944 aus der Haft an seine Verlobte:
„Du darfst also nicht denken, ich sei unglücklich. Was heißt denn glücklich und unglücklich? Es hängt ja so wenig von den Umständen ab, sondern eigentlich nur von dem, was im Menschen vorgeht. Ich bin jeden Tag froh, dass ich Dich, Euch habe und das macht mich glücklich. Das Äußere ist hier kaum anders als in Tegel, der Tageslauf derselbe, das Mittagessen wesentlich besser, Frühstück und Abendbrot etwas knapper. Ich danke Euch für alles, was Ihr mir gebracht habt. Die Behandlung ist gut und korrekt.“
Wenn ich das lese, werde ich demütig. Es kommt darauf an, was im Menschen vorgeht. Ich lese das so, dass Bonhoeffer auf sein Innerstes aufgepasst hat. Sich davor gehütet hat, all diesen Hass reinzulassen, all diese Angst, die überall um ihn herum herrschte. Er hat stattdessen das in sich behütet, was ihn trägt: das Vertrauen in die guten Mächte. In Gott und in die Liebe. Das Gute in sich hüten. Gerade dann, wenn die äußeren Umstände hart, herausfordernd sind. Darin ahmt er Christus nach, der am Kreuz sein Leben in Gottes Hand legte im Vertrauen darauf, dass Gottes Kraft zum Leben stärker ist als der Tod. Diese Hoffnung schenkt mir Ostern – auch in diesem Jahr.
Ihr Pfarrer Ronny Baier