Von Susanne Hilz-Wagner
Von meinem Hohen Turm auf dem Turmberg blicke ich auf die sicheren Vorzeichen des bevorstehenden Osterfestes, das gleichzeitig das Ende des 40-tägigen Fastens bedeutet. Dazu gehören neben der österlichen Ausschmückung der Wohnungen auch die Vorbereitungen der kulinarischen Festtagsgerichte. Zu diesen verrate ich euch heute meine Geheimtipps.
Zunächst betrachte ich den Gründonnerstag, der die Osterfesttage einläutet. Ich schaue mir an, warum er so genannt wird und welche typischen Gerichte dann aufgetischt werden. Die Bezeichnung für den Gründonnerstag ist bereits seit dem 13. Jahrhundert als kirchlicher Gedenktag für das Abendmahl bekannt, das Jesus mit seinen zwölf engsten Jüngern verbrachte. Nach einigen christlichen Quellen soll der lateinische Begriff „Greinen“ oder „Grinen“ für den Gründonnerstag mit „Weinen“ übersetzt werden, da Jesus am nächsten Tag, dem Karfreitag, die Kreuzigung bevorstand. Aber woher der Name Grün an diesem Tag wirklich herrührt, hierfür gibt es verschiedene Deutungen. Dazu gehört vor allem auch das Erwachen der Natur in dieser Jahreszeit und das Verspeisen grüner Kräuter, die jetzt schon aus dem Boden sprießen. Ungeachtet der christlichen Traditionen steht die Farbe Grün stets für Hoffnung und die Verbindung zu den Ostereiern, dem Osterlamm und dem Osterfeuer. All das drückt nicht nur Freude, sondern auch Fruchtbarkeit aus.
Grünes am Gründonnerstag zu essen, steht nicht nur im Einklang mit den allgemeinen Fastenvorschriften bis Ostersonntag, sondern auch in Verbindung mit bereits vorchristlichen Vorstellungen. Es sollte nämlich möglich sein, dass mit diesen Zutaten die Kraft des Frühlings und dem Aufblühen der Natur eine Heilwirkung für das ganze Jahr aufgenommen werden kann. Abgeleitet vom Grün, ist es heute noch traditionell in vielen Familien üblich, am Gründonnerstag grünes Gemüse zu essen, vorwiegend z. B. Spinat oder Brunnenkresse. Zum Spinatgericht werden meist Spiegelei und gekochte Kartoffeln gereicht. In manchen Gegenden gibt es die bekannte „Grüne Frankfurter Kräutersoße“, die mit kleingeschnittenen hart gekochten Eiern und ebenfalls zusammen mit Salzkartoffeln verspeist wird. Bereits in vorchristlicher keltischer Zeit soll man eine Kräutersuppe mit den heute oftmals genannten neun Kräutern zum Frühjahrsbeginn verspeist haben, um damit gleich die Kraft der neu sprießenden Kräuter aufzunehmen. Diese sind: Brennnesselköpfe, Bärlauch, junge Löwenzahnblätter, Rauke, Spitzwegerich, Vogelmiere und Giersch; dazu kommen noch nach Belieben frisch aufgehende Gänseblümchenköpfe (auch schön als essbare Dekoration). Wer mag und diese findet, kann außerdem noch Gundelrebenblätter dazu fügen. Der heutige Brauch der eher bitter schmeckenden sogenannten 9-Kräuter-Suppe soll in der Karwoche allerdings auch an die Leiden Christi erinnern. In diesen grünen Kräutern und vor allem im Spinat ist viel Vitamin K enthalten.
Die Rezepte der drei großen Küchenklassiker zu Gründonnerstag sind wie folgt:
„Die Frankfurter grüne Soße“
Verrühre zwei Esslöffel Essig mit zwei Esslöffeln Senf, gib' dann Salz und Pfeffer dazu und vermische alles mit zwei Esslöffeln Öl. Jetzt kommt noch ein Becher saure Sahne dazu. Unterrühre zum Abschluss noch die feingeschnittenen Kräuter und ein feingeschnittenes hartgekochtes Ei. Für die grüne Soße werden traditionell folgende sieben Kräuter verwendet: Petersilie, Schnittlauch, Borretsch, Kresse, Kerbel, Pimpinelle und Sauerampfer.
Nachdem die Spinatblätter gut verlesen und gewaschen sind, koche sie mit etwas Wasser auf, rühre noch einen Becher Crème fraîche unter und püriere alles mit dem Pürierstab. Angerichtet wird der Spinat mit gekochten Kartoffeln und Spiegelei.
Nach dem Waschen und Verlesen der gesammelten Kräuter und Gänseblümchen lasse sie abtropfen und zerkleinere sie (möglichst mit einem Keramikmesser) bis auf die Gänseblümchen. Dann gib' Butter in eine Pfanne, dünste zuerst zwei bis drei Zwiebeln (je nach Belieben) an und streue ca. drei Esslöffel Mehl darüber und rühre die Masse zu einer gebrannten Mehlsuppe. Nach und nach geben wir unter ständigem Einführen dann ca. ein bis zwei Liter Gemüsebrühe dazu, je nachdem wie viele Mitesser es gibt. Nach dem Aufkochen warten wir noch etwa sieben bis acht weitere Minuten, ehe wir zum Schluss einen Becher Sahne und die fein geschnittenen Kräuter dazugeben. Die Gänseblümchen werden zum Schluss zur Dekoration darüber gestreut.
Erst am Ostersonntag ist mit der Auferstehung Christi die Fastenzeit zu Ende. Das feiert man mit einem Festmahl und zusammen mit der gesamten Familie oder im Freundeskreis. Da während der Fastenzeit es zumindest in früherer Zeit nicht erlaubt war, Eier zu verspeisen, wurden diese eingelegt. Der Überschuss an Eiern konnte jetzt entsprechend den Osterbräuchen bemalt und gefärbt werden. Aus den ausgeblasenen Eiern stellte man Ostergirlanden her. Zum Frühstück oder auch als Nachtisch ist der Osterkranz aus Hefeteig beliebt, den man mit gekochten und gefärbten Eiern füllt. Aber auch Osterhasen-Gebäck oder gebackene Osterlämmer, die man mit Hilfe spezieller Ausstechformen und Kuchenformen herstellt, werden traditionell gereicht. Ich wünsche allen einen guten Appetit, eine besinnliche Karwoche und ein frohes Osterfest mit viel Licht, Freude und Liebe miteinander. Denkt immer daran: Selbst wenn ihr das Osterfest alleine verbringt, ihr seid nie alleine. Wir sind alle miteinander verbunden. Herzliche Ostergrüße sendet Euch allen Eure „Weiße Frau vom Turmberg“.