Den meisten Urbächern, die um 2000 herum in Urbach lebten, ist Paul Roge noch als fröhlicher und hilfsbereiter Mensch in guter Erinnerung. Er wurde am 24. Juni 1927 in Ziegelscheune einer kleinen Gemeinde im Wartheland, in der Nähe von Posen, im heutigen Polen, geboren. Er kam als Heimatvertriebener nach dem Krieg nach Urbach. Dort heiratete er seine Hildegard und sie bekamen eine Tochter, Edeltraud. Sie wohnten zunächst in der Haubersbronner Str. in Urbach-Nord im Hinterhaus der Metzgerei Heckenlaible, wo eine enge Freundschaft mit den Kindern der Heckenlaibles entstand. Ihr Schwiegersohn Rudolf Poppel baute 1983 mit ihrer Tochter im Buchenweg in Urbach-Süd ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung, wo dann auch die Roges wohnten. Paul Roge wurde 2004 Witwer, lebte ab 2011 im Alexanderstift in Urbach und ist 2016 in Schorndorf verstorben
Paul Roge war ein umtriebiger und gutmütiger Mensch, mit dem man keinen Streit bekommen konnte. Er war als Versandfachmann tätig und hatte auch im Ruhestand noch allerhand Tätigkeiten. Er betrieb von 1964 bis 1969 die Gaststätte „Remstalcafé“ in der Gartenstraße, als Vorgänger war dort der „Konsum“ und als Nachfolger dann bis 2024 Wirtschaft zum Täle. Im Rentenalter war er noch bei der Gemeinde tätig und von der ersten Stunde an bei der Wertstoffsammlung. Dies funktionierte so gut, dass nach der Aufgabe der Sammlung durch die Gemeinde der Landkreis als neuer Betreiber Paul Roge gerne eingestellt hätte. Ihm gefiel es aber bei der Gemeinde so gut, dass er diese als Arbeitgeber nicht verlassen wollte. Nachdem er aber der Fachmann war, wurde er von der Gemeinde an die AWG des Landkreises ausgeliehen. Man sieht, so etwas gibt es nicht nur im Profi-Fußball, sondern schon auf der Ebene einer Landgemeinde.
In seiner Freizeit war Paul Roge sehr aktiv. Er war im Männergesangverein Eintracht 1925, unterstützte über vier Jahrzehnte mit seiner markanten Stimme den Männerchor und hatte mit seiner humorvollen Art die Sympathien seiner Sangesbrüder. Paul Roge war auch aktiv im Altenclub, trug dort ebenfalls zur allgemeinen Unterhaltung und war ein begehrter Tänzer für die Witwen des Clubs. Er war auch im „kirchlichen Bauhof“ unter Fritz Heckenlaibe als fleißiger Mitarbeiter aktiv. Und in der Auerbachhalle war er bei Vereinsfesten begehrt als erfahrener Oberkellner. Bekannt war er dafür, dass er seinen Mitmenschen Titel verpasste: Bei den Frauen war dies „Madame“ oder „gnädige Frau“, bei den Männern ging unter „Herr Direktor“ nichts.
Als „Konvertierter“ von Ober- nach Unterurbach hat er es als einer der Wenigen verstanden, alte Gegnerschaft nicht durch neue zu ersetzen. Er war ein echter „Urbächer“.
Wie erwähnt war Paul Roge ab dem 65. Lebensjahr bis über sein 80. Lebensjahr hinaus Chef des Urbacher Wertstoffhofes.
In einer kleinen Feierstunde wurde er 2007 anlässlich seines 80. Geburtstags im Beisein von Landrat, Bürgermeisterstellvertreter, Chef der AWG, Chef des Gemeindebauhofes, Chef des kirchlichen Bauhofes und Anderen, zum „Ehrenaufseher“ des Urbacher Wertstoffhofes ernannt. Hier ein Auszug aus der Laudatio: „Mit dieser Ehrung werden Ihre Verdienste um eine reibungslose Trennung von Wertstoffen und eine äußerst niedrige Quote von Fehlwürfen im immer undurchschaubaren Labyrinth von Sammelbehältern und Trennvorschriften gewürdigt.“ Nach einem kleinen Frühstück konnte der Geehrte dann pünktlich um 9 Uhr seinen Wertstoffhof öffnen und seinen Amtsverpflichtungen nachkommen, erstmalig mit dem neuen Titel des „Ehrenaufsehers“.
Abschließend noch zwei Anekdoten. Paul Roge erzählte, dass er als Wirt des Remstalcafés bei manchen neuen Gästen auf den Rechnungszettel unten noch ein „w.g.“ mit 20 oder 30 Pfennig dazugeschrieben hat. Auf Rückfrage nach der Bedeutung der Abkürzung erklärte er dann: Das heißt „wenns geht“ – ein dezenter Hinweis auf ein mögliches Trinkgeld.
Eine Gemeinderätin beklagte sich einmal in einer Sitzung, dass der Bürgermeister doch auf Herrn Roge einwirken solle, seine Mitarbeiter anzuweisen, dass sie die Wertstoffe nicht aus dem Kofferraum des Autos ausräumen sollten, weil sie sich dadurch belästigt fühle. Sie bekam dann zur Antwort, dass Herr Roge keine Mitarbeiter habe. Diese „Gehilfen“ seien Wertstoffkunden, die durch ihre „Mithilfe“ zuerst prüften, was sie unter den Wertstoffen noch selber brauchen könnten oder es anderweitig zu verwerten wäre.