Fünf Jahre standen die Geschäftsräume neben dem Penny-Markt leer. Jetzt sind sie wieder mit Leben gefüllt. Selma Olgun hat hier ihren Second-Hand-Laden Libelle eröffnet.
Im Libelle gibt es nichts, was es nicht gibt: Von Kleidung über Dekoration bis hin zu Haushaltswaren und Technik findet man bei Selma Olgun alles, was noch gut ist und ein zweites Leben verdient. Ausschlaggebend für ihre Idee war der eigene Keller. „Da waren so viel Sachen von den Kindern“, erinnert sich Olgun an den Anfang des Ausmistens. Zum Wegwerfen war ihr vieles zu schade. Und so kam der Gedanke an ein Geschäft ins Spiel. Der ist nur einen Steinwurf von ihrem Zuhause entfernt. „Es hat sich ergeben“, ist sie froh über die Fügung.
Beim Ausmisten des eigenen Kellers blieb es nicht, auch eine Wohnungsauflösung bringt weitere Waren. „Ich habe von Freundinnen etwas bekommen und von Nachbarn“, sagt Olgun über die Sammlung des Portfolios, das sie heute im Libelle anbietet. Darin sind auch Möbel enthalten. Und für ein gutes Bett fährt sie zur Abholung auch bis nach Heidelberg. „Vielleicht kann es ja noch jemand gebrauchen“, sagt sie. Warum solle man viel Geld ausgeben, wenn man es bei ihr zum schmalen Preis bekomme? Der soziale Gedanke ist bei Olgun ausgeprägt. Es sei schwierig für viele Menschen bei den hohen Lebenshaltungskosten auch noch Geld für teure Kinderkleidung in die Hand zu nehmen. „Sie sind froh, wenn sie hier eine günstige Jacke mitnehmen“, weiß die Ladeninhaberin. Und günstig sind ihre Preise. Die derzeit noch im Sortiment befindlichen Winterjacken bietet sie gerade für 6 Euro an. Was nicht weggeht, wird verstaut für die nächste Saison, macht Platz für die leichte Sommerkleidung. Übrigens kann alles direkt vor Ort anprobiert werden: Olgun hat extra eine Umkleidekabine gebaut.
Eine Ecke ihres Ladens hat Selma Olgun bereits auf die warme Jahreszeit getrimmt. Meerdekoration ruft ihr Fernweh hervor. Alles hat seinen Platz, alle Waren sind in verschiedenen Bereichen untergebracht. Bemerkenswert dabei: die Technik. Hier dürfte das Herz von so manchem Sammler aufgehen, der hier das alte Telefunken-Röhrenradio aus den 1960er-Jahren findet oder den Loewe-Verstärker aus den 1980er-Jahren. Und wer einen Plattenspieler braucht, der wird hier für 20 Euro mit einem Grundig-Gerät auch fündig.
Hinter der Theke stapeln sich die Kartons mit den nächsten Gegenständen, die abgegeben wurden. „Ich finde es gut, wenn man es nicht wegschmeißt“, legt Olgun Wert auf die Nachhaltigkeit, die in Secondhand liegt. Abgegeben werden darf alles, was noch gut erhalten ist. Damit sie alles präsentieren kann, fehlen ihr noch Kleiderständer, Tische und Regale. Auch das darf gebracht werden. Wichtig: Es ist eine kostenlose Abgabe, damit Selma Olgun es auch zum kleinen Preis weitergeben kann. Was ihr besonders gefällt: Die Menschen kommen gerne, um sich auszutauschen. „Es ist schon jetzt ein Treff“, sagt die Ladeninhaberin. Und das darf es aus ihrer Sicht gerne sein, ein Treffpunkt. Wenn die Menschen dann noch etwas finden, was sie mitnehmen, dann weiß Selma Olgun, dass sie etwas Gutes getan hat, sagt: „Wenn andere glücklich sind, dann freue ich mich.“ Bleibt die Frage nach dem Namen Libelle. Die sei bunt. „Und ich liebe das Bunte“, lacht Olgun. Zudem stehe die Libelle für Veränderung und Neubeginn. Und ein Neubeginn ist ein zweites Leben für all die Waren, die sie anbietet, ja durchaus. (cs)