Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ist immer wieder ein gern gehörter und gesehener Gast im Wieslocher Palatin. Erst in der letzten Saison waren sie mit Bruckner und Liszt, quasi also mit schwerem Gepäck, in die Kurpfalz angereist; dieses Mal gestaltete sich das dargebotene Programm sehr viel luftiger und vielleicht auch etwas eingängiger.
Unter der Leitung von Michael Francis begann das Orchester mit Prélude à l’après-midi d‘un faune von Claude Debussy. Das kurze, unmittelbar vor der Wende ins 20. Jahrhundert entstandene Vorspiel ist zum Inbegriff des Impressionismus geworden, kleine Eindrücke, die ineinander zu verschwimmen scheinen, bestimmen das musikalische Bild. Ein von der Flötistin eindrucksvoll vorgetragenes Solo schien die Oboen, alle Holzbläser und Hörner zu inspirieren, ebenso die Streicher, die zerbrechlich zarte Motive in sanftes, farbiges Licht tauchten und in einer weiten Steigerung zum nächsten Abschnitt führten, bis am Ende alles wieder in der Ruhe entschwindet. Francis beschränkte das Dirigat auf die notwendigen Impulse, gab die Ordnung in diesem Geflecht der zarten Klänge, ließ dabei den überwiegend solistisch auftretenden Musikern viel Raum zur individuellen Gestaltung. So präsentierte er eher das Bild eines mit hervorragenden Solisten besetzten kammermusikalisch agierenden Ensembles als das eines in großer Besetzung spielenden Sinfonieorchesters.
Maurice Ravel zählt schon eher zur zweiten Generation der französischen Impressionisten. Als Schüler von Fauré lernte er den Künstler und Dichter Leon Leclère kennen, der unter dem Pseudonym Tristan Klingsor in Paris in Erscheinung getreten war. Die Staatsphilharmonie stellte dem Publikum die Vertonung dreier Gedichte des Zyklus „Schéhérazade“ von Ravel vor. Den Gesangspart hatte die Mezzosopranistin Eva Vogel übernommen. Vom ersten Augenblick an zog sie das Publikum mit ihrer Schilderung eines für den damaligen Betrachter noch sehr fremden Kontinents Asien in ihren Bann. Sie bestach durch klare Aussprache der französischen Texte, sodass die Zuhörer der Vertonung in allen Details folgen konnten. Ihre von der Tiefe bis in die höchsten Lagen sehr ausgeglichene Stimme konnte mit warmem Timbre, aber auch mit dramatischer Schärfe dem Publikum die Impressionen der Gedichte nahebringen. Dabei ging sie in der Gestaltung ihres Parts mit Gestik und Mimik in den Bereich des opernhaften Ausdrucks, ohne allerdings die Grundlage der Liedgestaltung, die diese Komposition ja eigentlich verlangt, zu verlassen. Francis ließ dem Orchester – ähnlich wie schon bei Debussy – viel Raum zur individuellen Gestaltung. So konnte man die Faszination der fremden Welt nachvollziehen: das Qualmen der Friedenspfeifen, zarte Prinzessinnen mit Sonnenschirmen, aber auch bedrohende Krummsäbel, mit denen der Henker Unschuldige köpft. Das Publikum bedankte sich mit kräftigem Applaus für diese eindrucksvolle Interpretation der Musik Ravels.
Shéhérazade op. 35 von Nicolai Rimsky-Korsakov ist ein Orchesterwerk, das sowohl im Zusammenspiel als auch in der Gestaltung der zahlreichen Solopassagen, mit denen einzelne Spieler immer wieder hervortreten, zu den schwierigsten Stücken der Orchesterliteratur zählt. In vier Sätzen begegnet der Hörer der Märchenfigur Sindbad, der auf seinem Schiff zahlreiche Abenteuer überstehen muss. Nach einer sehr frei gestalteten Einleitung, in der der Hörer mit dem Sultan und mit Scheherezade bekannt gemacht wird, steigert sich die Musik immer wieder in den vollen Orchesterklang, um dann einer weiteren Episode des Märchens Platz zu machen. Francis arbeitete jetzt sehr detailliert das jeweilige Klangbild heraus, mal dumpf dröhnend, mal kraftvoll strahlend, aber immer mit der rechten Balance, die den Hörer nicht überforderte. Den schon im ersten Teil des Konzerts in Erscheinung getretenen Solisten der Holzbläser traten nun auch Streicher zur Seite, allen voran die Konzertmeisterin, die mit ihrer Violine die Scheherezade wirkungsvoll darstellen konnte. Der Bettler – durch das Fagott verkörpert – und rasend schnelle Stakkatos der Blechbläser vervollkommneten das Bild des auch im Zusammenwirken grandiosen Auftritts der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Das Publikum applaudierte begeistert für dieses bis zum letzten Ton packende Konzert. (woth)