Im randvollen Alten Rathaus Schöckingen begeisterte und berührte Dr. Hans-Ulrich Kühn zum wiederholten Mal das Publikum mit einem bemerkenswerten Vortrag. Immer versteht es der Schöckinger Historiker und Islamwissenschaftler, nicht nur geschichtliches Wissen höchst lebendig und anschaulich zu vermitteln, sondern Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schlagen, über die er uns wie kein anderer begleitet. Wie sehr ihm Syrien seit seiner Studienzeit im Damaskus der 1990er Jahre zu einer zweiten Heimat geworden war, wurde nicht nur in seinen Schilderungen der historischen Zusammenhänge, sondern besonders im Gegensatz zwischen seinen Fotografien eindrucksvoller Landschaften und antiker Stätten und den Bildern des von der IS-Barbarei Mitte des vorigen Jahrzehnts zerstörten Kulturerbes Palmyra verdeutlicht. Die Sprengung wichtiger Zeugnisse früherer Jahrtausende „zur Auslöschung kultureller Topografie“ (Kühn) traf, neben allem menschlichen Leid, die syrische Bevölkerung ins Mark.
Dabei war der „fruchtbare Halbmond“ Syriens seit der Frühzeit von den vielfältigen Einflüssen der hier siedelnden Kulturen geprägt. Bereits im zwölften Jahrtausend vor Christi Geburt wurden Menschen in diesem fruchtbaren Bereich des syrisch-afrikanischen Grabenbruches sesshaft. Sie domestizierten Ziegen, Esel und andere Tierarten für ihre Zwecke. Besonders das Dromedar wurde als optimaler, genügsamer Lastenträger ein bedeutendes Transportmittel und Faktor für Handel und kulturellen Austausch. In der am Mittelmeer gelegenen und durch den Kupferhandel mit Zypern wohlhabend gewordenen Stadt Ugarit, der „Wallstreet der Bronzezeit“, wurde auch durch den Fund des aus der babylonischen Keilschrift entwickelten „Alphabets von Ugarit“ bekannt. Ob Bernstein von der Ostsee oder phönizisches Opium: Die erste große Handelszeit der Menschheitsgeschichte hatte ihr Zentrum in Syrien.
Das Weltkulturerbe Palmyra besaß einen riesigen Tempelbezirk und ein großartiges Theater. Die Stadt Dura Europos legt bis heute Zeugnis davon ab, dass eine Gemeinschaft von Kulturen und Religionen möglich ist. Hier finden sich wunderbare Ausgrabungen einer jüdischen Synagoge mit einem Bilderzyklus aus dem Alten Testament, eine kleine frühchristliche Hauskirche aus dem dritten Jahrhundert und ein Tempel der palmyrischen Götter.
Bis in die Gegenwart Syriens führte diese eindrucksvolle Reise mit Hans-Ulrich Kühn. Und wir dürfen uns schon auf die nächste „Tour“ mit ihm freuen!
DH