Eine Bratsche zu spielen bedeute oftmals Bearbeitungen großer Werke zu spielen. Damit habe sie sich arrangiert, führte Tabea Zimmermann in der Einführung des Abends aus. Die äußerst sympathische und in Schwetzingen gern gesehene Solistin hatte diesmal als Residenzkünstlerin mehrere Konzerte. Zum letzten Konzert am Freitagabend versammelte sie begabte und bereits solistisch und in Ensembles tätige junge Musiker um sich und präsentierte interessante Werke.
Zu Claude Debussys Sonate in F-Dur I.137 setzten sich Agnès Clément an der Harfe, Adam Walker an der Querflöte und Tabea Zimmermann mit der Bratsche auf die Bühne des Mozartsaales und begannen ein Stück, das nicht alltäglich zu hören ist und eine aufregende Hörerfahrung bot. Ein sehr eigenes Klangbild eröffnete sich den Zuhörern mit den doch so unterschiedlichen Instrumenten gezupft, gestrichen und geblasen, die ein Ganzes ergeben. Der eher ruhige und verhaltene Ausdruck der beiden ersten Sätze lassen das Spiel der einzelnen Instrumente gut verfolgen. Das Finale allerdings, in seiner aufgeregten, bedrängenden und virtuosen Ausdrucksweise gerät zu einer Klangexplosion. Der Übergang zu der Uraufführung des Abends, der Sonatine op. 69 für dieselbe Besetzung von Rene Leibowitz (1913-1972) war gar kein so großer. Da liegt die Vermutung nahe, dass er dies als Hommage an Debussy geschrieben haben könnte. Was Tabea Zimmermann nicht so sieht, sie sei auf die Reaktion des Publikums gespannt. Eine stets voranschreitende Melodienfolge lässt Raum für die Individualität der einzelnen Musiker, ergibt Einwürfe, wird verhalten, drängt voran. Das Zusammenspiel der drei Instrumente in verschiedener rhythmischer Zuordnung und in unterschiedlichen Tempi ist frisch erarbeitet nach einer handschriftlichen Partitur des Komponisten und ergibt eine neue Klangerfahrung.
Für ein Streicher-Sextett, von einem Zeitgenossen Beethovens bearbeitet, erklang die Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68, die „Pastorale“. Der Erfurter Organist und Komponist Michael Gotthard Fischer (1773-1829) folgte damit damals dem Wunsch vieler Musikerfamilien, in Hauskonzerten die neuen Werke bekannter Komponisten selbst nachspielen zu können. Wenn an diesem Abend auf der Bühne des Mozartsaales sich Tabea Zimmermann mit fünf handverlesenen jungen Musikern dem Werk Ludwig van Beethovens widmet, hat das eine besondere Dimension der Professionalität erreicht. Da wird ein Sextett zum Klang eines Orchesters, wird das Werk zu einem Vollkommenen. Die Verzahnung der einzelnen Instrumente zu einer orchestralen Kraft wird zur Balance zwischen leidenschaftlichem Tutti und klarem strukturiertem Hervortreten einzelner Passagen. Bewundernswert wie erhebend Wassili Wohlgemut seine erste Violine spielt im Gleichklang mit Abigél Králik (2. Violine), im Blickkontakt zu Tabea Zimmermann (Bratsche) und Natalie Laughrran (2. Bratsche). Die beiden Celli teilen sich auf in die Melodiestimme Anouchka Hack und der eher rhythmisch unterliegenden Partitur von Oliver Herbert. Doch jeder setzt sein Instrument hörbar hervortretend und in unterschiedlicher Zuordnung ein. Was ein beeindruckend und unglaublich starkes Wiedergeben dieses Klassikers von Beethoven bedeutet. (aw)