In diesem Jahr fand wieder der Tagesausflug des ev. Kirchenchores 1881 Nußloch statt, der uns dieses Mal nach Bingen und Rüdesheim führte. Dort wandelten wir auf den Spuren von Hildegard von Bingen. Gleich nach der Ankunft besuchten wir eine sehenswerte Ausstellung zum Leben und Wirken der Heiligen im idyllisch am Rhein gelegenen Museum „Haus am Strom“. Wer war diese Frau, die heute noch immer verehrt und deren Anliegen auch in unserer Zeit nicht an Bedeutung verloren haben?
1098 geboren und aus einer fränkischen Adelsfamilie stammend, kam Hildegard mit 14 Jahren in die Obhut ihrer Cousine Jutta von Sponheim. Am 1. November 1112 ließen sich beide in einer kleinen, für die Frauen eigens errichteten Klause neben dem Mönchskloster Disibodenberg einschließen. Dem Lebensrhythmus der Benediktiner mit seinem steten Wechsel von Gebet, Arbeit, Studium und geistlicher Lesung folgend erwarb sich Hildegard hier eine profunde Bildung und Lehrweisheit. Als 1236 Jutta starb, wurde Hildegard zur geistlichen Leiterin der inzwischen angewachsenen Klostergemeinschaft gewählt.
Im Alter von 43 Jahren begann sie Visionen zu haben: „Schreibe auf, was Du siehst und hörst!“ Diesem göttlichen Auftrag kam sie nach und so entstand ein umfangreiches theologisches, philosophisches, musikalisches und naturkundliches Werk, das stark visionäre und prophetische Züge aufweist. Hildegard war auch eine mutige Zeitgenossin, die in unzähligen Briefen (390 haben sich bis heute erhalten) mit den Theologen ihrer Zeit korrespondierte. Diese Zeugnisse beeindrucken in ihrer unerschrockenen Direktheit und radikalen Ehrlichkeit. Sie dokumentieren aber auch Hildegards Weitherzigkeit, ihr unermüdliches Engagement sowie ihre weitreichende kirchenpolitische Einflussnahme.
Zwei kompetente Damen führten die geteilte Gruppe durch das Museum und den angrenzenden „Hildegarten“. Hier sind Kräuter, Sträucher und Bäume gepflanzt worden, die in der auf Hildegard von Bingen zurückgehenden naturkundlichen Schrift Physika beschrieben werden. Die hier thematisierten Schutz- und Heilkräfte von Pflanzen, Bäumen, Tieren, Metallen, Edelsteinen und Elementen werden auch heute noch von der sogenannten Hildegard-Medizin im großen Stil vermarktet.
Das von Hildegard auf dem Rupertsberg an der Mündung der Nahe in den Rhein gegenüber der Stadt Bingen gegründete Kloster, wo sie am 17. September 1179 verstarb, ist heute leider nicht mehr erhalten. Mit dem Bus fuhren wir auf den nur wenige Kilometer entfernten Rochusberg und besuchten eine weitere Sehenswürdigkeit: die katholische St. Rochuskapelle. Sie ist ein weithin sichtbares Wahrzeichen und geht auf ein Gelöbnis zurück. 1666 versprach die Stadt Bingen nach Beendigung der Pestepidemie dem Pestpatron Rochus eine Kapelle zu errichten und alljährlich eine Wallfahrt zu veranstalten. Die erste Rochuskapelle überdauerte die Jahrhunderte nicht und musste mehrmals neu errichtet werden, zuletzt im Jahr 1895. Großartige Mosaik-Glasfenster schmücken die dreischiffige, im neugotischen Stil gebaute Kirche, die auch über einen großen Außenaltar verfügt. Damit die in der Kapelle installierte Orgel auch im Freien zu hören ist, wurde eigens ein zu öffnendes Musikfenster in die Architektur integriert. Wie praktisch!
Nach so vielen Eindrücken waren wir für die Mittagspause dankbar und spazierten zum wenige hundert Meter entfernten, inmitten eines Kräuter- und Obstgartens gelegenen Hildegard-Forum der Kreuzschwestern, wo uns ein schönes sonntägliches Mittags-Büfett erwartete. Am frühen Nachmittag genossen wir dann den Rhein und seine Landschaft bei einer einstündigen Bootsfahrt, die uns von Bingen über Assmannshausen nach Rüdesheim führte. Wie gut, dass das Wetter noch mitspielte und wir einen letzten schönen Spätsommertag erwischt hatten. Herrliche Ausblicke boten sich, auch auf den berühmten Mäuseturm, der nur fünfundzwanzig Meter hoch, aber achthundert (oder sogar mehr) Jahre alt ist. Gruselig ist die Sage dazu: Der hartherzige Mainzer Erzbischof Hatto gab der Bevölkerung bei einer Hungersnot nichts zu essen, hatte sie im Gegenteil in eine Scheune gelockt, eingesperrt, verspottet und schließlich lebendig verbrannt. Daraufhin kamen Tausende von Mäusen durch alle Ecken und Ritzen gekrochen, der Bischof floh per Kahn in den Turm auf dem Wasser, die Mäuse folgten ihm und fraßen ihn bei lebendigem Leibe auf. Soweit die Sage. Am Rhein gibt es viele davon und nicht alle sind wahr. Der Name Mäuseturm leitet sich nämlich von muta ab, lateinisch für Wegzoll, es war also ein Maut- und kein Mäuseturm.
In Rüdesheim angekommen holte uns der Bus am Anleger ab und brachte uns zur Wallfahrtskirche in Eibingen, dem Ort, an dem heute der Schrein der heiligen Hildegard und ihre Reliquiensammlung aufbewahrt werden.
Zum Abschluss des Tages fuhren wir noch zur Abtei St. Hildegard in Rüdesheim und feierten mit den Benediktinerinnen den Abendgottesdienst. Leider waren die Gesangskünste der Nonnen nicht das Highlight des Tages, aber unvergessen wird auch diese letzte Station bleiben.
Marion Fürst
Sonntag, 24.11.2024, 10.00 Uhr, Ewigkeitssonntag, Singen im Gottesdienst
Sonntag, 22.12.2024, 18.00 Uhr, Konzert zum 4. Advent in der ev. Kirche, anschließend Adventsfeier mit Ehrungen im Gemeindehaus
Heiligabend, 24.12.2024, 22.00 Uhr, Singen in der Christmette