Aus den Rathäusern

Text trifft Ton mit anspruchsvollem literarisch-musikalischem Programm

Tiefsinnig, voll Poesie, besinnlich, mahnend oder auch urkomisch, aber immer auf allerhöchstem Niveau, so waren einst die geselligen Abende der Runde...
"Text trifft Ton" Mathias Tröndle, Ortsvorsteherin Karen Eßrich, Andrea Sauermost und Steffen Kinz (v.l.n.r.).
"Text trifft Ton" Mathias Tröndle, Ortsvorsteherin Karen Eßrich, Andrea Sauermost und Steffen Kinz (v.l.n.r.).Foto: StS

Tiefsinnig, voll Poesie, besinnlich, mahnend oder auch urkomisch, aber immer auf allerhöchstem Niveau, so waren einst die geselligen Abende der Runde der Grötzinger Künstlerkolonie im Schloss und so soll es heute in der Veranstaltungsreihe Kultur im Bürgersaal wieder sein. „In den Kulissen der Werke von Grötzinger Künstlern lebt deren moderner Lebensstil wieder auf“, begrüßte Ortsvorsteherin Karen Eßrich ein äußerst interessiertes Publikum, dessen Quantität der hervorragenden Qualität des Vorgetragenen absolut nicht entsprach.

Andrea Sauermost und Mathias Tröndle lieferten einen spritzigen Querschnitt aus zehn Jahren und sechs von ihnen entwickelten Programmen mit Literatur von gestern und heute, denen Steffen Kinz zusätzlich musikalisches Gewicht verlieh. Herbst. Ein Thema für Hermann Hesse und Mascha Kaleko und, immer wieder zitiert und dennoch nie oft genug gehört, von Rilke in „Herbsttag“ thematisiert: Herr, es ist Zeit. „Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr“. Aber die wahre Liebe zeigt sich unendlich, wie Steffen Kinz sie im Lied des Fischers besingt. Da ist dann der Song von Jule, die sich nie wäscht, eher von vergnüglicher Art, denn letztendlich ist nach dem Besuch des Badezimmers die Schweinerei vorbei. Wie auch die Gute-Nacht-Geschichte vom Rotkäppchen, nach der sich Oma und Opa in den Schlaf kichern, die aber den „Kinners“ besser nicht vorgelesen werden sollte, selbst nicht, wenn sie „mal das Maul halten“ oder auch nicht, wenn Kuttel Daddeldu mit leicht badischem Zungenschlag heimatlicher klingt.

Nachdenklichkeit, Erinnern und Mahnung provozieren Erzählungen von Flucht, Vertreibung, Leben in der Fremde, Identität und neuer Hoffnung. Text trifft Ton halten sich dabei an ein Zitat August Bebels: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten“. Astrid Lindgrens literarische Mahnung vom Wunden schlagenden Stein und das Lied vom buckligen Mädchen zum gleichen Thema rufen beim Publikum Betroffenheit hervor und ernten viel Applaus.

Der Wandel sei immer in aller Munde, sagen Sauermost und Tröndle und zitieren Walt Whitman:„Der Veränderung hieße, die Tür schließen, das Lebenselbst aussperren“. Das ist Stoff fürBöll, von Angst und Leben schrieben Mascha Kaleko und Erich Fried.

Den erschütternden Schlusspunkt der Lesung stellte Wolfgang Borcherts ‚Vermächtnis‘: All dieses wird eintreffen, morgen, morgen vielleicht, vielleicht heute Nacht schon, vielleicht heute Nacht, wenn – wenn – wenn ihr nicht NEIN sagt.“ Musikalisch unterstrich Steffen Kinz die gelesenen Worte: Spar deinen Wein nicht auf für morgen!

Text und Ton bedankten sich bei Ortsvorsteherin Karen Eßrich und beim Vorsitzenden des Freundeskreis‘ Badisches Malerdorf, Siegfried König, für die Einladung in den Bürgersaal. (sts)

Text trifft Ton gibt Anregungen.
Text trifft Ton gibt Anregungen.Foto: StS
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Grötzingen Aktuell
Ausgabe 48/2024

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von Ortsverwaltung GrötzingenRedaktion NUSSBAUM
29.11.2024