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Urbacher Miniaturen 85: Der Schatz im Urbacher Schloss

Wo es Burgen und Schlösser gibt, da gibt es auch Geschichten und Sagen, die sich darum ranken. So auch in Urbach. Seit Generationen wurde immer wieder...
Inflationsgeld aus den Jahren 1918 - 1923
Inflationsgeld aus den Jahren 1918 - 1923Foto: Museumsarchiv

Wo es Burgen und Schlösser gibt, da gibt es auch Geschichten und Sagen, die sich darum ranken. So auch in Urbach. Seit Generationen wurde immer wieder darüber spekuliert und gerätselt, dass es im Urbacher Schloss einen Schatz gäbe. Gelüftet wurde dieses Rätsel am 19. Oktober 1990, dem Tag, an dem die Begegnungs- und Versorgungsstätte „Schloss Urbach“ in einem feierlichen Festakt eingeweiht wurde. Aber wir wollen die Geschichte von vorne beginnen, so wie sie von Heiner Schuster überliefert ist …

„So um anno 1950 geschah es, dass der damalige Schreiner-Stift Heinz Schneider in der Urbacher ‚Anstalt‘ mit einer Reparatur beschäftigt war. Dabei kam ihm hinter einer Holzverkleidung zur Überraschung ein Päckchen entgegen. Darin waren Bücher, alte Geldscheine und Briefe. Um seinen strengen Meister nicht mit so einem alten Gruscht unnötig zu behelligen und im Schaffen selbst nicht länger aufgehalten zu sein, packte er den Fund nach getaner Arbeit wieder an den alten Platz hinter der Holzvertäfelung zurück. 1988, bei einem der ersten Most-Seminare im Urbacher Schlosskeller, erzählte Heinz in kleinerem Kreis von dieser Episode. Alle beteiligten Zuhörer haben aber dieses Ereignis anschließend wieder vergessen. Ein Jahr später – wieder beim Most-Seminar im gleichen Schlosskeller – wurde Heinz von mir befragt, ob der von ihm geschilderte Vorgang sich wirklich so abgespielt habe, oder ob er dabei 'a bissle geflunkert' hätte. Aber Heinz bestand energisch auf seiner Darstellung. Dies hatte zur Folge, dass ich ihm vorschlug, der Sache nachzugehen und eine ‚Schatz-Suche‘ zu starten, umso mehr, da schon von bevorstehenden Abbruch-Arbeiten am Schloss die Rede war.“

Als die Zeit immer knapper wurde, da der Umbau des Schlosses unmittelbar bevorstand, trafen sich Heinz und Heiner an einem Samstagabend tatendurstig am Schloss. Bernhard Blümle war ebenfalls mit von der Partie. Als damaliger Chef der Schorndorfer Sparkasse war er schließlich ein ausgewiesener Spezialist für die Beschaffung und Verwaltung größerer Geldsummen. So erläuterte er – wie gewohnt Pfeife rauchend – den beiden anderen seine „Strategie“. Diese bestand im Wesentlichen darin, auf den alten Leiterwagen des Schlosses zu steigen, der unter dem Dach neben dem Eingangstor stand, von dort oben ein Fenster mit sanfter Gewaltanwendung zu „öffnen“, ins Schloss einzusteigen und nach dem Schatz zu suchen. Gesagt, getan! Die drei Schatzsucher stiegen in das leerstehende Schloss ein und Heinz suchte nach dem Ort, an dem er etwa 40 Jahre vorher den Schatz gefunden und wieder versteckt hatte. Als schon keiner mehr daran glaubte, wurde er im ehemaligen Nähsaal der „Anstalt“ tatsächlich fündig und förderte ein Päckchen zutage, in dem ein Gesangbuch, eine Bibel und „a Gugg mit alt Geld“ verwahrt war. Auf der „Gugg“, ein Briefkuvert mit dem Aufdruck „Rettungsanstalt Oberurbach b. Schorndorf (Württ.)“ war zu lesen: "Entwertetes Deutsches Papiergeld aus der Nachkriegszeit 1918–1923. Die Geldentwertung hat uns gezeigt, dass es nichts Beständiges gibt, alles Gut und Geld ist uns unter der Hand zu Nichts geworden, so wie beim Tod alle irdischen Güter für uns wertlos werden. Anstaltsvorsteher Inspektor Gotthilf Fritz." Und im Inneren befand sich der Schatz im Wert von mehr als 110 Milliarden Mark.

Die Schatzsucher nahmen den Fund an sich, nicht etwa, um damit auf die Bahamas zu fliehen, sondern um ihn bei geeigneter Gelegenheit dem Eigentümer des Schlosses zu übergeben. Und diese Gelegenheit ergab sich am 19. Oktober 1990 bei der Einweihungsfeier, anlässlich derer Bernhard Blümle dem Schlossherrn und damaligen Bürgermeister Johannes Fuchs die Bibel, das Gesangbuch und exakt 110.720.112.194,00 Mark übergab. Inflationsgeld leider, also nicht einmal das Papier wert. Bernhard Blümle gestand den „Bruch“ der drei Schatzsucher und der Schultes räumte ein, er sei auch schon auf Schatzsuche und „kreuznarret“ gewesen, dass ihm kein Erfolg beschieden war. Sein Urteil für die drei Einbrecher war milde. Sie mussten beim nächsten Mostseminar den Schaden am eingeschlagenen Fenster in flüssiger Form wiedergutmachen.

Der Briefumschlag von Inspektor Gotthilf Fritz
Der Briefumschlag von Inspektor Gotthilf Fritz.Foto: Museumsarchiv
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Ausgabe 23/2024

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von Geschichtsverein Urbach
06.06.2024
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