Für viele Naturfreunde völlig unverständlich wurde in den letzten Jahren oftmals die Winterfütterung der Vögel kritisiert oder sogar ganz davon abgeraten. Von einer ganzjährigen Fütterung ganz zu schweigen. Solche Ansichten wurden auch in zahlreichen Veröffentlichungen verschiedener Naturschutzorganisationen publiziert. Das hat viele hilfsbereite Natur- und Vogelfreunde verunsichert und Ratlosigkeit hervorgerufen. Zu neuen Erkenntnissen gelangte man vor allem durch langjährige Untersuchungen in England, die von dem ehemaligen Direktor der Vogelwarte Radolfzell, Professor Peter Berthold, in seinem Buch „Vögel füttern – aber richtig“ vor kurzem als Grundlage für eine Ganzjahresfütterung propagiert wurden. In früheren Jahrzehnten erfolgte eine Fütterung der Vögel, auch in „guten Zeiten“, oftmals unbewusst und auch ungewollt. So war in ländlichen Gebieten fast auf jedem Hausgrundstück ein Hühnerhof eingerichtet, in dem sich verschiedene Vogelarten mit Futter bedienen konnten. Auch die vorhandenen Misthaufen und Viehställe stellten ein nahezu unerschöpfliches Nahrungsreservoir dar. Dazu kamen noch die bei der Handarbeit der Getreideernte liegengebliebenen Körner und Dreschabfälle. Dies alles hat sich inzwischen gravierend verändert. Durch die teilweise „bereinigten“ Landschaften und den Anbau von Monokulturen fehlen unserer heimischen Vogelwelt außerdem die natürlichen Nahrungshabitate früherer Zeiten. In einer Ganzjahresfütterung wird daher lediglich versucht, diese nahrungsmindernden Einwirkungen auf unsere Vogelwelt, zumindest teilweise, auszugleichen. Bei Schlechtwetterperioden in den Monaten außerhalb der Winterzeit können die Ganzjahresfutterstellen dann von unseren einheimischen Singvögeln als unterstützende Nahrungsquellen genutzt werden.
Helmut Giraud