Die Wagner, auch Wänger genannt
In den vielen landwirtschaftlichen Betrieben, nicht nur in Rutesheim, standen in jeder Scheune oder Hütte ein Leiterwagen oder Bretterwagen, zu Erntezeiten auch ein Heu- bzw. Garbenwagen. Die waren für vielerlei Arbeiten und Transporte unverzichtbar.
Diese Wagen rollten aber nicht vom Band einer Fertigungsfirma, sondern wurden von Handwerkern im Ort gebaut. Die Wänger waren da wahre Könner und Spezialisten, die auf Bestellung herstellten. In Rutesheim waren das noch in den 1950er-Jahren vier Meister, die selbständig und ohne Aushilfen arbeiteten.
Der Johannes Bär, auch Bären-Wänger genannt, wohnte in der Schmalzgass. Otto Brodmann arbeitete in dem schönen Fachwerkhaus Ecke Flachter-/Gebersheimer Straße. Wilhelm Eisenhardt wohnte in der Flachter Straße, seine Frau war das „Vogel-Bäbele“. Gottlieb Kaufmann arbeitete in der Schulstraße und später in der Blumenstraße.
Sie alle hatten keine Fertigungshallen oder große Werkstätten, man arbeitete damals in sehr beengten Räumlichkeiten im Haus, in der Scheune oder im Hofraum. Auch die meist hölzernen Geräte ihrer überwiegenden bäuerlichen Kunden entstanden unter ihren Händen. Schaltkarren, Gabeln, Rechen, Pflüge, Eggen, Leitern, viele Stiele, Haken zum Schütteln, Schlitten, Pferdeschlitten. Andere Abnehmer benötigen Mostwägele, Schubkarren, Handkarren, vereinzelt sogar Schäferkarren.
Maschinen gab es wenige. Eine Bandsäge und Bohrmaschine waren wohl die einzigen maschinellen Hilfsmittel. Auffallend bei den Wängern war ihr Arbeitsplatz, der Schneidbock genannt. Auf diesem sitzend konnte er die mit einem Fußhebel eingeklemmten beliebig langen Hölzer in Handarbeit mit Säge, Hobel, Zieheisen und sonstigen Werkzeugen bearbeiten und in Form bringen.
Viele dieser Erzeugnisse waren oft über Generationen im Einsatz, da waren dann auch Reparaturen zu bewerkstelligen – dank Wänger kein Problem.
Empfehlung – besuchen Sie das Heimatmuseum Rankbachtal in Malmsheim (bei der Kirche). Dort ist neben vielem interessanten Museumsgut auch der alte Wänger-Beruf dargestellt und in einer Vitrine sind sehr schöne Wänger-Erzeugnisse als Modelle zu bestaunen.
Martin Schaber