In der Gerlinger Rathausgalerie sind seit vergangenem Samstag Werke des Mundmalers Paulus Ploier zu sehen. Ploier hat bei der Ausstellungseröffnung ein Bild gemalt, das für einen sozialen Zweck versteigert wird.
Zur Ausstellung des Mundmalers Paulus Ploier konnte Bürgermeister Dirk Oestringer zahlreiche Gäste im Sitzungssaal des Rathauses begrüßen. Unter den Gästen weilten neben dem Künstler und seinem Manager Klaus Wendling auch zahlreiche Gäste aus Gerlingens ungarischer Partnerstadt Tata, die Vorsitzende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen Ibolya Hock-Englender, der Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn, Erich Gscheidle, zahlreiche aktuelle und ehemalige Gemeinderäte und der Gerlinger Ehrenbürger Albrecht Sellner. Ploier hatte 1984 einen schweren Unfall, der sein Leben völlig verändert hat. Sein neues Leben mit einer Querschnittslähmung hat der damals 18-Jährige angenommen und nach schweren Monaten wieder zu sich selbst gefunden. Seine künstlerische Tätigkeit, bei der er von der Vereinigung der mund- und fußmalenden Künstler in aller Welt (VDMFK) unterstützt wird, habe er 1987 begonnen, so Oestringer in seiner Begrüßung. „Heute ist die Mundmalerei sein Medium, sich mitzuteilen.“ Zudem hat Ploier zusammen mit seiner Frau Monika das Chaos-Interventions-Zentrum ins Leben gerufen, um Menschen in Krisensituationen zu helfen. „Wir haben uns erstmals im Rahmen einer Reise nach Tata getroffen“, erzählt das Stadtoberhaupt. „Paulus Ploier musste uns da nicht lange überzeugen, eine Ausstellung mit seinen Werken im Rathaus zu machen.“ Es sei schön, die Ausstellung jetzt hier zu haben. Als die Arbeiten von Walter Sellner und dem Team vom Bauhof aufgehängt wurden, hätten viele Besucher und auch Mitarbeitende die Bilder bewundert und sie seien auch gleich Gesprächsthema gewesen. Die Ausstellungen im Rathaus seien immer eine Bereicherung, so das Stadtoberhaupt. „Herzlichen Dank, dass Sie die Ausstellung möglich gemacht haben und auch persönlich in die Ausstellung einführen“, schloss Oestringer seine Begrüßung und wünschte den Vernissage-Besuchern viel Freude beim anschließenden Rundgang.
Horst Arzt hielt in einem Grußwort fest, dass er die Eltern von Paulus Ploier sehr gut gekannt habe. Entstanden sei der Kontakt in Gerlingens Partnerstadt Tata im Hotel Oswald. „Als wir vom Unfall von Paulus gehört haben, hat uns das sehr umgetrieben“, so Arzt. Die heute enge Freundschaft zu Paulus Ploier sei nach dem Tod seines Vaters entstanden. „Es ist eine einmalige Freundschaft, die wir vielfach hier in Gerlingen, bei Paulus zuhause und in Ungarn pflegen durften“, so Arzt. Ploier fahre oft spontan mit seiner Frau Monika nach Ungarn und bei solchen Gelegenheiten treffe man sich auch immer wieder ganz zufällig. „Es ist schön, dass wir ein so familiäres Verhältnis pflegen.“ Arzt wünschte allen, dass sie einmal längere Zeit mit dem Künstler zusammen sein dürfen. Seine positive Kunde weise das Leben in die richtige Richtung. „Ich wünsche mir, dass unsere Freundschaft nie endet, auch über den Tod hinaus!“
Ploiers Manager Wendling berichtete in seiner Rede von dessen Unfall am 10. Juli 1984. Der sportliche junge Mann, der damals vor dem Beginn einer Karriere als Musiker gestanden sei, habe den Sommer am Mondsee als Surf- und Segellehrer überbrücken wollen, um dann als Musiker durchzustarten. Ein Studiovertrag sei bereits unterschrieben worden. Als er am Ende seines ersten Arbeitstages von einem Steg ins Wasser sprang, war das Wasser nicht tief genug. Ploier sei frontal mit dem Kopf aufgeschlagen und sein Leben von einem Moment auf den anderen ein anderes gewesen – Diagnose Querschnittslähmung. Danach lag Ploier sieben Wochen auf der Intensivstation, schwebte zeitweise in Lebensgefahr. Nach einigen Wochen kam er in Reha und Ende Juni 1985 erstmals wieder nach Hause. Seitdem sei er rund um die Uhr auf Pflege angewiesen, erklärt Wendling. Wut, Sehnsucht, Traurigkeit und körperliche Schmerzen, die nur mir Schmerzmitteln auszuhalten waren, bestimmten sein Leben – „alles mit unvorstellbaren Tiefen, aber auch mit wunderbaren Höhen.“ Ploier – von vielen Freunden getragen – habe dann mit dem Mundmalen begonnen und 1990 Monika kennengelernt. Die Mundmalerei sei wie ein therapeutischer Akt gewesen, das Leben alles andere als leicht. Monika hat ihn auf dem Weg begleitet. „Sie sagen, sie seien durch die Hölle gegangen“, so Wendling. Auf Grund seiner Eigentherapie habe sich sein Körber weiterentwickelt, die Kurzatmigkeit habe sich aufgelöst und auch die Musik sei wieder in ihm erwacht, erzählt der Manager. 2007 habe er begonnen, eigene Lieder zu schreiben, und habe mit der Paulus Painting Blues Band auch wieder seine eigene Band. Wendling berichtete auch von der Gründung des Chaos-Interventions-Zentrums 2012 und davon, dass Ploier Österreichs bekanntester Mundmaler und weltweit erfolgreich ist. 2011 sei er für seine außergewöhnlichen Leistungen im Bereich Kunst und Kultur mit dem Life Award ausgezeichnet worden.
Ploier selbst freute sich, dass seine Ausstellung in Gerlingen stattfinden kann, und bedankte sich bei allen, die dazu beigetragen haben. Seine Frau Monika – „Sie ist meine Direktorin“ – könne aus familiären Gründen leider nicht da sein. Den Ausstellungstitel „Was Gott verbunden hat ....“ vervollständigte er mit „soll der Mensch nicht trennen“. Er sei überzeugt, dass der Mensch das, was Gott geschaffen hat, nicht trennen könne. Horst Arzt habe das in seiner Rede auch sehr treffend beschrieben. In seiner Einführung in die Ausstellung ging der Künstler dann auf verschiedene Werke ein. Mit dem Bild „Selbstliebe“ etwa wolle er zeigen, wie wichtig es ist, sich selbst zu finden und die eigene Wertigkeit zu entdecken. Wichtig sei, dass Eltern diese Art Selbstliebe weitergeben, denn der Mensch sei bei der Geburt nicht fertig. Jeder müsse seinen Raum und seine Achtung haben und einen Ort, an dem er zuhause ist. Das Ergebnis sei ein Umgang miteinander mit Würde und Achtung. Ein weiteres Thema seiner Bilder sei das Licht – das Licht am Ende des Tunnels, das es immer gebe. Um dieses Licht am Ende des Tunnels zu finden, sei es wichtig, seine Ängste zu artikulieren und sie nicht für sich zu behalten. Und auch das Thema Inklusion spielt in Ploiers Werken eine Rolle. Inklusion will er dabei nicht als Teilhabe von Menschen mit Behinderung verstanden wissen. „Jeder hat einen Rucksack“, so Ploier. Das müsse man sich bewusst machen. Inklusion bedeute für ihn, sich klarzumachen, dass alle Menschen eins sind – jeder in seiner Einzigartigkeit. „Jedem mit Würde und Achtung zu begegnen, ist meine Message.“
Nach dieser sehr ergreifenden und für viele auch sichtlich nachdenklich machenden Einführung ging Ploier an die Staffelei, um zu malen. Bürgermeister Oestringer erklärte dazu, dass sich der Künstler bereit erklärt habe, hier und heute ein Bild zu malen, das versteigert werden soll. Der Erlös der Versteigerung solle auf Wunsch Ploiers einem sozialen Zweck zugutekommen. Verwenden werde man das Geld für den geplanten Bau eines Bühnenlifts in der Stadthalle, der es Künstlern mit Behinderung ermöglichen soll, barrierefrei auf die Bühne zu kommen. „Das Bild soll Trost heißen“, erklärte Ploier nach dessen Fertigstellung und erläuterte weiter, dass er beim Malen nicht denke. Das sei wichtig beim therapeutischen Malen.
Die Versteigerung für das Kunstwerk läuft noch bis kommenden Montag, 14. April. Gebote können telefonisch unter (0 71 56) 2 05-71 05 abgegeben werden oder per E-Mail an d.oestringer@gerlingen.de oder u.hoffmann-heer@gerlingen.de.
Die Ausstellung in der Rathausgalerie ist noch bis 14. September zu den Öffnungszeiten des Rathauses, Montag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 8 bis 12 Uhr, sowie Dienstag von 8 bis 12 und 14 bis 18.30 Uhr zu sehen. Weitere Informationen zu Paulus Ploier finden Interessierte auch unter www.paulus-art.at.
Text/Fotos: Tommasi