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Weinbau vor hundert Jahren von Karl Krauß

Arbeiten im Winter Jeder Weingärtner hatte ein Weideland, meistens einen größeren Teil mit starkwachsenden, gelbrindigen Bindeweiden und einen kleinen...

Arbeiten im Winter

Jeder Weingärtner hatte ein Weideland, meistens einen größeren Teil mit starkwachsenden, gelbrindigen Bindeweiden und einen kleinen Teil mit dünnen, nicht verzweigenden Zwergweiden. Diese wurden meist schon im Vorwinter geerntet, an der Basis abgeschnitten, zu Büscheln zusammengebunden und an einem geschützten und schattigen Ort gelagert. An kalten Wintertagen wurden die Büschel zum Auftauen in den Viehstall geholt. Das Putzen fand dann auch im Stall oder in der Küche statt. Mit einem scharfen Taschenmesser wurden die kleinen Seitentriebe abgeschnitten und gesammelt. Sie wurden zum Biegen der Weinruten verwendet. Die geputzten Weiden wurden wieder zu Büscheln zusammengebunden und später zum Binden von Reben, Baumreisig oder im Wald auch beim Aufarbeiten eines Loses zum Binden der Reisigbüschel verwendet. Einige Weingärtner kannten auch das Korbflechten und flochten Korbe für Haushalt, Stall, Scheune und Feld. In fast jedem Ort war auch ein Korbmacher, der in Lohnarbeit für alle Zwecke Körbe herstellte. Es gab auch Wanderkorbmacher, die oft von Haus zu Haus gingen und nach Angaben Körbe herstellten. Landstreicher, die keinen festen Wohnsitz hatten, waren im Winter froh, wenn sie in einen warmen Viehstall schlupfen konnten. Sie waren auch bereit, kleine Tätigkeiten zu erledigen, wie Weidenputzen oder Holz klein machen. Dafür bekamen sie Essen und Trinken. Die Winter früher waren meist hart und lang und diese Wohnsitzlosen bekamen keinerlei Unterstützung. Sie waren ganz auf die Unterstützung der Mitmenschen angewiesen).

Auch Flächen für Neuanlagen für Reben wurden, wenn es die Witterung zuließ, gemacht. Man bezeichnete es als „Reiten mit Bickel“: schwere schmaler Haue, Reithaue genannt, und einem stabilen Spaten. Bei Hanglagen unten beginnend wurde ein breiter Graben ausgehoben, mindestens drei Spatenstiche tief, der Boden noch gut aufgehackt. Mit diesem ersten Aushub musste am Schluss oben der letzte Graben wieder befüllt werden. Nun wurde vom anschließenden Graben die obere Schicht, erster Spatenstich nach unten, in den Graben geworfen und das folgende alles drauf. Graben für Graben war es eine Knochenarbeit und wurde meist in Gemeinschaft ausgeführt.

Die niedergelegten Reben konnten meist Ende Februar/März mit den draufgelegten Pfählen zu Pfahlschaften (vier kurze Pfähle im Abstand von 50 cm eingschlagen) getragen werden. Die Pfahlschaften wurden überprüft und die noch genügend langen Pfähle, die abgebrochen waren, mit der Holzhippe auf einem kleinen beweglichen Holzklotz gespitzt. Die zu kurzen wurden ausgesondert, als Brennholz verwertet und beim Pfählen durch neue ersetzt.

Erst jetzt konnte der Rebschnitt beginnen. Mit einer kleinen schmalen Haue legte man die Rebenköpfe frei (genannt vertramen). Die Rebenköpfe waren geschützt dicht am Boden, die alten Ruten wurden am Kopf abgeschnitten und etwas zerkleinert. In der Regel wurden drei neue Ruten, die auf 2-jährigem Holz standen, gelassen und hochgeputzt. Zudem wurden drei kleine Zäpfchen für die nächstjährigen Ruten angeschnitten. Ruten direkt aus dem Kopf nannte man Sommerlatten, diese waren nicht oder nicht sehr fruchtbar.

Nach dem Schneiden musste das geschnittene Rebholz zusammengelesen und sauber zu Büscheln zusammengelegt werden. Dies wurde meist von Frauen und Kindern gemacht. Diese Büschel wurden mit „geklengten“ Weiden gebunden. Diese Weiden waren oben gedreht und als Lasche gemacht, so wurden sie beim Binden unter die Büscheln geschoben. Das untere Ende der Weide wurde durch die Lasche gezogen. Es wurde auf die Büschel getreten, fest angezogen und mit einem geschickten Dreh der Knoten gemacht. Der Rest wurde in die Büschel gesteckt und somit war sie fest verschnürt. Die Rebenbüschel mussten zu einem bestimmten Zeitpunkt aus dem Weinberg entfernt sein, wegen der Pilzübertragung. Sie wurden zu Hause auf einen Haufen zum Trocknen aufgesetzt und später als wertvolles Holz zum Brotbacken verwendet.

Nun mussten die Weinberge von Hand mit einem Karst (das war ein Gerät wie eine Haue, aber mit zwei parallel verlaufenden, etwa zwei Zentimeter breiten Zinken) gehackt werden. Unten am Weinberg angefangen wurde Scholle um Scholle umgedreht. Bei feuchtem Boden ging es ganz gut, allerdings wurde es bei trockenem und steinhartem Boden zu schwerer Arbeit.

Das Pfählen geschah mit einem Pfahleisen, das am Schuh angeschnürt und der Pfahl mit dem eigenen Körpergewicht in den Boden gedrückt wurde. Dies war Männersache – Frauen oder Kinder mussten „Pfahltupfen“. Dies bedeutete, dass eine kleine Anzahl Pfähle im Arm lagen und vorgesteckt oder in die Hand gegeben wurden. Die Pfähle wurden etwas hinter den Rebstöcken reingedrückt und die beiden anderen etwas vorgezogen. Der Abstand in der Zeile betrug von Pfahl zu Pfahl etwa vierzig bis fünfzig Zentimeter. Der Abstand von Zeile zu Zeile war etwa bei 130 Zentimeter.

Bei feuchtem, regnerischem Wetter, oder wenn der Saft in die Ruten strömte, wurde gebogen. Mit Geschick wurde die Rute rund geformt und weiter unten an derselben mit einer kleinen Weide festgemacht. Es folgte das Anhängen, dabei wurde der Rebenbogen wieder mit einer etwas stabileren Weide am Pfahl in Zeilenrichtung festgebunden.

Jetzt begann das Bangen, ob die Eisheiligen oder kalte Nächte kommen. Ein alter Spruch lautete: „Erfrierts in der Wolle, dann gibts noch Bolle.“

Bei der Rebenblüte sollte es gutes Wetter sein, um eine Bestäubung der Blüte zu gewährleisten. Bei anhaltendem Regenwetter kann ein Ausreihern stattfinden, damit haben die Trauben nur einzelne Beeren.

-Fortsetzung folgt -

Erscheinung
Abstatt im Schozachtal – Ortsnachrichten der Gemeinde Abstatt
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Ausgabe 04/2025

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