
Mit einer ausverkauften Premiere und zwei weiteren gut besuchten Vorstellungen stand beim Amateurtheater Scheinwerfer 87 aus St. Leon-Rot am vergangenen Wochenende das nächste Stück auf dem Spielplan: Albert Ramsdall Gurneys Briefdrama „Love Letters“, das mit seiner Mischung aus leiser Melancholie und feinem Humor das Publikum im vereinseigenen Theaterzimmer in der Kastanienschule sichtlich bewegte.
Erika Ebel führte dabei nicht nur Regie, sondern übernahm auch die Rolle der Melissa Gardner. An ihrer Seite spielte Walter Luksch den Andrew M. Ladd III. Gemeinsam lasen die beiden sich durch Jahrzehnte einer (Brief)freundschaft – von kindlichen Notizen über jugendliche Sehnsucht bis zu den ernüchternden, doch auch zärtlichen Rückblicken zweier Erwachsener, die ihr Leben lang verbunden bleiben, ohne je wirklich zueinanderzufinden.
„Willst du am Valentinstag meine Braut sein?“, fragt der kleine Andy seine Mitschülerin Melissa in einem heimlich zugesteckten Zettelbrief im Schulunterricht anno 1937. „Ich will. Aber nur wenn ich dich nicht küssen muss“, lautet die Antwort und der Beginn einer lebenslangen Freundschaft.
Zwei Charaktere, die unterschiedlicher eigentlich nicht sein könnten – die forsche, freche Melissa aus reichem Elternhaus, und der ruhige, manchmal etwas spießig wirkende Andy aus einfachen Verhältnissen. Gespiegelt durch die Briefe der beiden machte sich das Publikum auf eine Reise durch 50 Jahre amerikanischer Gesellschaftsgeschichte und begleitet die Schreibenden durch ein Leben voller Höhe- aber auch Tiefpunkte: Den ersten Schmierzettelchen, die vom Verliebtsein, von Eifersucht oder Freundschaft erzählen, folgen Briefe, die die verschiedenen Lebenswege der beiden aufzeigen, erste Liebesabenteuer, Glück und Tragödien, Fallen und Wiederaufstehen. Und zwischen den Zeilen steht die Sehnsucht nacheinander – immer versteckt hinter ein wenig Ironie.
Er macht Karriere als Jurist und Senator, sie, die Künstlerin, kämpft immer wieder gegen ihre Dämonen, bis zum, so viel sei gesagt, traurigen Ende. So bleibt am Ende eine zartbittere Note – und viel Raum für Gedanken.
Die Inszenierung setzte bewusst auf Reduktion: Zwei Schreibtische, dezente Beleuchtung und ein einfacher, aber passender Soundtrack genügten, um die wechselnden Lebensphasen der Figuren spürbar zu machen. Der Fokus lag auf Sprache, Mimik und Stimme – und genau darin lag die Stärke. Ebel und Luksch zeichneten ihre Figuren mit präziser Zurückhaltung und feinem Gespür für emotionale Nuancen. Wo andere auf Effekte und Klamauk setzen, vertraute diese Inszenierung ganz auf das Wort und auf das Hinhören.
Dass diese Konzentration auf das Wesentliche beim Publikum ankam, zeigte der lang anhaltende Applaus nach knapp zwei Stunden intensiven Theaters. Viele der Gäste blieben anschließend noch sitzen, um über den Abend zu sprechen – ein Zeichen, dass die Aufführung nachhallte.




