Probieren geht über Studieren
Beim Berufswahlkompass Metall haben sich Schüler nicht nur theoretisch über Ausbildungsmöglichkeiten informiert, sondern in den Betrieben selbst angepackt.
Sie haben gelötet, gefeilt und gesägt, die CNC-Maschine bedient und Gewinde geschnitten, Kugelschreiber, Uhren und beleuchtete Bilderrahmen hergestellt. Fragt man die Schüler nach ihrer Meinung zum „Berufswahlkompass Metall“, dann hört man nur Positives, dann berichten sie von vielen wichtigen Erfahrungen und wertvollen Begegnungen. Ausgerichtet vom Bildungsträger BBQ im Auftrag der Arbeitsagentur und des Branchenverbands Südwestmetall, hat er jungen Leuten ermöglicht, aus erster Hand ungefilterte Einblicke in 13 metallverarbeitende Betriebe in der Region zu bekommen, vor Ort selbst mit anzupacken, die Ausbilder und ihre Lehrlinge kennenzulernen. 65 Jugendliche der Remchinger Carl-Dittler-Realschule, der Königsbacher Willy-Brandt-Realschule und der Pforzheimer Konrad-Adenauer-Realschule haben an der 13. Ausgabe des Projekts teilgenommen. Alle waren freiwillig dabei, aus eigenem Antrieb und ihrer Freizeit. Als das Projekt im Frühsommer anfing, gingen sie in die achte Klasse, beim Ende vor wenigen Tagen waren sie bereits Neuntklässler.
BBQ-Projektleiterin Andrea Rudolph berichtet von großer Motivation und viel Tatendrang. Als sie in feierlichem Rahmen die Abschlusszertifikate überreicht, betont sie nicht nur einmal, dass das Projekt ohne den großen Einsatz sowohl der beteiligten Firmen als auch der Auftraggeber nicht möglich wäre. Wie wichtig es ist, weiß auch Arge-Berufsberater Christian Bürkle, der darin einen wertvollen Beitrag zur Gewinnung von Fachkräften sieht. Wenn er an die Schulen kommt, dann merkt er oft, welche Schüler den Berufswahlkompass Metall absolviert haben. Bürkle hat festgestellt, dass sie Berufsbilder erklären können, Betriebe in der Region kennen und wissen, wo sie ihr Berufsorientierungspraktikum (BORS) machen wollen. Kein Wunder, dass das Projekt an der Königsbacher Realschule inzwischen seit zwölf Jahren ein wesentlicher Bestandteil der Berufsorientierung und neben dem Sozialpraktikum der erste Schritt in Richtung Arbeitsleben ist. Die Lehrer dort können von vielen Erfolgsgeschichten ihrer Schüler berichten und betonen, dass das Projekt „eine absolute Sonderstellung“ habe.
Maßgeblich an dessen Entwicklung beteiligt war die Firma Witzenmann, die bis heute aus Überzeugung dabei ist. Die für Ausbildung zuständige Personalreferentin Bettina Vogler sieht im Berufswahlkompass eine gute Möglichkeit, einen persönlichen Kontakt zu den jungen Menschen aufzubauen. Für sie ist es „ein schönes Gefühl“, wenn daraus später tatsächlich Ausbildungsverhältnisse entstehen. Daniel Rudisile ist bei Dentaurum für die technische Ausbildung zuständig und sieht einen großen Mehrwert darin, dass die Schüler direkt mit den Auszubildenden in Kontakt kommen, dass sie ihnen offen und auf Augenhöhe ihre Fragen stellen können. Fragt man die Teilnehmer, erzählen sie auch dann nur Positives, wenn sie später nicht im metallverarbeitenden Bereich arbeiten wollen. So war es bei einer Königsbacher Schülerin, die allerdings trotzdem überzeugt ist, gute Erfahrungen gesammelt und ihre Freizeit sinnvoll investiert zu haben. Ein anderer Schüler dagegen weiß schon jetzt, dass er in diesem Bereich später Fuß fassen will. Durch den Berufswahlkompass wurde er auf den Beruf des Mechatronikers aufmerksam, der bei ihm inzwischen in der engeren Wahl für eine Ausbildung ist. Schon oft hat das Projekt zu Ausbildungsverhältnissen geführt. Etwa bei einem jungen Mann, der 2022 daran teilgenommen hat und inzwischen bei Zecha eine Lehre zum Präzisionswerkzeugmechaniker absolviert: „Für mich war sofort klar, dass ich in diesen Beruf will.“
Insgesamt hat jeder teilnehmende Schüler acht Praxisnachmittage bei den Firmen absolviert, zudem ein Beratungsgespräch zum Abschluss und mehrere Seminare, etwa zum Verhalten am Arbeitsplatz, zur Sozialversicherung, zum Gestalten einer Bewerbung und zum Umgang mit Geld. Bei Eugen Geyer haben die Jugendlichen einen Minigolfschläger hergestellt, bei Eberle Medizintechnik ein Geschicklichkeitsspiel, bei Kappler CNC eine Duftlampe, bei Hapema einen 3D-Würfel, bei den Stadtwerken SWP einen beleuchteten Bilderrahmen, bei Zecha einen Messerschärfer, bei Dentaurum einen Kugelschreiber, bei Stöber einen Klebeband-Abroller, bei Witzenmann einen Garderobenhaken und Stiftehalter. Bei Kramski, Schneider, Doduco, Kunzmann und Mapal entstanden nicht nur Tischuhren, sondern auch die Einzelteile eines großen Schachbretts, die anschließend bei der Firma IMO professionell veredelt wurden. – Nico Roller